Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Titel: Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
Vom Netzwerk:
weitervermietet. Aber gut, möglicherweise lässt sich aus der Atmosphäre an Ort und Stelle ein Hinweis auf die Motivation des Täters finden, wenn wir einen Mord voraussetzen«, sagte Müller.
    »Ich interessiere mich mehr dafür, wie die Welt für den Täter aussieht. Unser Selbstverständnis hängt davon ab, was wir über unsere Umgebung gelernt haben, welches Verhalten wir in einer bestimmten Situation erwarten, wo wir uns wohl fühlen, wo und wie wir unseren alltäglichen Beschäftigungen nachgehen. Dieses Wissen können wir später wie eine Brille aufsetzen und die Umgebung mit den Augen des Mörders betrachten.«
     
    Es war allerdings nicht der Mörder, der ihnen in den mittelalterlichen Gassen von Murten begegnete, sondern der Filmregisseur Thierry Coudray, der die Rathausgasse hinaufhastete, als sie vom Polizeiposten im Schloss zurückgekehrt waren. Sie trafen ihn beim Rathaus, wie er eben im schmalen Durchgang, der zur Treppe Richtung See führte, verschwinden wollte, und schnitten ihm den Weg ab.
    Während Bernhard Spring den Wutentbrannten beruhigte, las Heinrich Müller das alte eiserne Schild, das an der Brunnensäule auf der andern Straßenseite angebracht war und auf Deutsch und Französisch deklarierte: ›Verbot. Verboten b. 10 Franken Buße den Brunnen zu verunreinigen. Die Meisterleute sind für ihre Dienstboten und die Eltern für ihre Kinder verantwortlich.‹
    »Ich habe mich eben mit meinen Geldgebern getroffen«, schrie Coudray beinahe, »oder mit dem Pack, das ich für meine Geldgeber gehalten habe. Furchtbare Bagage!«
    »Was ist passiert?«, wollte Spring wissen.
    »Na ja, das Geld für das Projekt war von Anfang an knapp, denken Sie nur mal an die exorbitanten Kosten für Kostüme und Kulissen. Aber in der Schweiz kommst du nirgends hin mit den Fördergeldern. Die eine Kommission wartet auf den Entscheid der andern, die dritte will neue Unterlagen sehen, die vierte ein anderes Budget, weil sie die Vorgaben nicht lesen kann. Wenn du zudem mit dem Start des Projekts wartest oder nur zögerst, bis alle Gesuche bearbeitet sind, verfallen die ersten Zusagen. Oder der nächste Burgunderkrieg findet bereits statt.«
    »Das bedeutet, Sie haben nicht so viel Geld gekriegt, wie nötig?«, fragte Heinrich.
    »Nein. Das Budget war in Ordnung, die Gesuche habe ich schön auf die verschiedenen Geldgeber aufgeteilt, allerdings hat sich plötzlich jeder entschieden, 30 Prozent weniger zu genehmigen. Und jetzt ist die Schlichtungskonferenz gescheitert.«
    »Warum?«, wollte Bernhard Spring wissen.
    »Die regionalen Förderstellen zögern, weil sie das Murtener Schlachtenpanorama in die Gegend zurückholen und nicht dem Bernischen Historischen Museum überlassen wollen. Und die Filmstiftung sagt, sie investiere nur in Filmprojekte und nicht in Umfinanzierungen oder Sanierungen.«
    »Um wie viel Geld geht es denn?«, fragte der Detektiv.
    »Eine Million mindestens, besser zwei«, antwortete Coudray.
    »Davon haben Sie uns aber beim letzten Gespräch nichts gesagt«, meinte der Störfahnder.
    »Klar, damals hat ja auch Delia Zimmermann noch gelebt.«
    »Was macht das für einen Unterschied?«, fragte Müller.
    »Sie hat mir das fehlende Kapital versprochen, sobald ein ausstehender Betrag eingehen würde.«
    »Eine bis zwei Millionen?«, hakte Spring nach, und der Zweifel war unüberhörbar. »Woher sollte sie die nehmen?«
    »Keine Ahnung«, sagte Thierry Coudray und zuckte die Schultern. »Sie hat von einer Versicherungssumme gesprochen, die sie bei Warentermingeschäften investiert habe und mit Gewinn zurückerwarte.«
    »Sie haben das geglaubt?«, fragte der Polizist.
    »Ich glaube in dieser Situation jedem, der mir Geld verspricht.«
     
    Murten strotzte vor Lebensfreude. Die Touristen tranken auf der Terrasse des Café Monnier ihren Tee, die Kinder gingen zur Schule, die Waldarbeiter probierten preisreduzierte Faserpelzjacken, die Jungen saßen neben dem Pestalozzi-Denkmal vor der Deutschen Kirche und rebellierten leise vor sich hin.
    Bernhard Spring bat Thierry Coudray, auf sie zu warten, sie würden ihn nach den hiesigen Besichtigungen im Polizeiwagen nach Hause bringen und gerne eine »Ortsinspektion« vornehmen.
    Der Regisseur erwiderte: »Für eine Haussuchung brauchen Sie einen Befehl des Untersuchungsrichters. Aber von mir aus. Ich habe nichts zu verbergen. Ich wohne in Fribourg.«
    »Sie dürfen gerne auch mit uns kommen. Wir schauen uns das Haus an, in dem Maxine Bolley gewohnt hat.«
    »Sagt

Weitere Kostenlose Bücher