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Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Titel: Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
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Störfahnder.
    »Nein«, erwiderte der Mann und zögerte. »Weshalb fragen Sie? Sie war halt schon alt. Gesund zwar, aber gegen 80. Da kommt es schon mal vor, dass man stirbt.«
    »Sie haben nicht sofort geantwortet«, sagte Müller.
    »Ja. Nein. Ich will keine Gerüchte in die Welt setzen«, entgegnete der Alte. »Es ist nur so, dass wir abgemacht hatten, am See unten einen Teller Egli-Filets zu essen. Sie ist nicht mehr gekommen. Und allein macht es keinen Spaß. Weshalb interessiert sich die Polizei für Maxine? Es ist doch alles mit rechten Dingen zugegangen?«
    »Davon gehen wir aus«, erklärte Spring. »Die Kollegen aus Murten haben den Todesfall untersucht. Es ist nur so, dass diese Nichte, von der Sie gesprochen haben, vor einigen Tagen in Bern umgebracht worden ist.«
    »Hat das was mit Maxine zu tun?«
    »Es gibt einen Zusammenhang«, führte Müller aus. »Sie hat aus Maxine Bolleys Wohnung einen zusammengerollten Teppich mitgenommen.«
    »Davon weiß ich nichts«, wehrte der Alte ab, »als ich die Wohnung geräumt habe, lagen alle Teppiche noch da.«
    »Sie bewahrte ihn auch eher in einem Schrank oder auf einem Speicher auf.«
    »Die arme Maxine«, sagte der Alte, das Schicksal von Delia Zimmermann völlig ignorierend. »Sehen Sie die Puppe dort auf der Empore? ›Die Hexe auf dem Teufelsbesen‹, hat sie sie genannt.« Er zeigte auf einen lieblichen Frauenkopf, mit schwarzen Zöpfen und einem Rock im Grau seiner Filzpantoffeln, der mit seinem Puppenkörper staksige Bewegungen wie Spalanzanis Olimpia zu machen schien.
    »Geschichten aus dem Mittelalter«, schloss der Mann das Gespräch.
     
    In der Fribourger Unterstadt, in der sie nach 20 Minuten Fahrt angekommen waren, besaß Thierry Coudray ein Appartement, das in ein altes Sandsteinhaus hineingebaut worden war. Man sah auf das etwas heruntergekommene Café de l’Ange und die Steinbrücke über die Saane.
    »Schöne Aussicht«, sagte Heinrich Müller.
    »Na ja«, murrte der Regisseur, »einmal, zweimal, dann kennt man’s. Hinter der Brücke drückt die Felswand, in der Nacht lärmen die Jugendlichen, vom Herbst bis ins Frühjahr deckt der Nebel alles zu.«
    »Trotzdem nicht billig«, konstatierte der Störfahnder.
    Coudray brummte zur Bestätigung.
    »Wie finanzieren Sie dieses Leben bei dem Defizit, das Sie einfahren?«, wollte Müller wissen.
    »Wie jeder am Film Beteiligte habe ich ein Honorar. Davon lässt sich leben.«
    »Wer bekommt einen allfälligen Gewinn?«, fragte Spring.
    »Falls ein Schweizer Film überhaupt Gewinn abwirft«, sagte Coudray, »geht das alles zuerst an die Geldgeber.«
    »Also sollte sich ein Regisseur, der an sein Produkt glaubt, finanziell an seinem Film beteiligen«, stellte Müller fest.
    »In Hollywood wird das häufig so gemacht. Aber da reden wir von anderen Summen. Auch diese Regisseure müssen erst einen Kassenfüller abdrehen, bis sie am Erfolg beteiligt werden. Woher sollte ich die Millionen nehmen?« Coudray verwarf die Arme. »Auf der anderen Seite habe ich auch keinen finanziellen Verlust.«
    »Es fehlen doch ein bis zwei Millionen Franken.« Müller brachte das Thema wieder aufs Tapet. »Was passiert nun?«
    »Wenn wir, das heißt die Produktionsfirma unter der Leitung Sabina Schneiters und mir, die Mittel nicht auftreiben können, geht entweder Black Box Pleite, weil sie bereits zu viel Geld ausgegeben haben und von Krediten leben. Oder der Film kann gar nicht fertig gestellt werden.«
    »Was aufs Gleiche hinausläuft«, sagte Spring. »Wie schätzen Sie die Erfolgschancen ein?«
    »Beginnen wir von vorne«, meinte Coudray. »Der typische deutsche Actionfilm geht so: Auf der Suche nach einem Geheimnis, das die Welt vor dem drohenden Untergang retten soll, rennen je ein Männlein und ein Weiblein, die sich während des gefahrenreichen Rennens unweigerlich ineinander verlieben, auf der ständigen Flucht vor ausschließlich männlichen Erzbösewichten quer durch Europa. Wenn sie nicht gerade durch idyllische Dörfer sprinten oder wertvolle Bibliotheken abfackeln, werden sie mit dem Auto durch malerische Landschaften gefahren. Mir schwebte etwas anderes vor. Geschichte geht ja schon mal ganz gut heutzutage. Mittelalter auch. Kriegsgetümmel sowieso. Wenn man das geschickt mit einem Liebesdrama mischt …«
    »Ihnen fehlen allerdings die Hauptdarsteller, die allein mit ihren Namen das Publikum in die Kinos bringen«, bemerkte Müller. »Sie haben keine Keira Knightley.«
    »Nein. Aber ich wollte auch eine

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