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Heinrich Mueller 05 - Mordswein

Heinrich Mueller 05 - Mordswein

Titel: Heinrich Mueller 05 - Mordswein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
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Haltung erregter Katzen; die Polinnen ließen ihre Metallabsätze klackern; die Österreicherinnen schwankten wie die zärtliche Berührung von Weizen; die Deutschen wiederholten: »Vergessen Sie mich nicht!« in jedermanns Ohren; die Italienerinnen mit ihrer stumpfen Haut und den extravaganten Augen trugen Dolche an ihren Strumpfbändern und fürchteten sich nicht davor, sie zu zeigen; die verträumten Engländerinnen, wie aus Schnee modelliert, verlangten leidenschaftlich zu flirten, immer eingedenk der Zurückhaltung, die ihnen die biblische Erziehung auferlegte; aber warum sollte ich es verbergen? Im Augenblick, als ich im Taumel, verursacht von den Parfums und der Trunkenheit des weiblichen Elements, meinen Kopf verlor, fühlte ich mein Herz schlagen und erwachen: ein Mädchen, das verführerischste von allen, hatte sich in meinen Armen eingehängt wie Efeu an der Ulme: – Ich komme aus Batignolles {9} , sagte sie, möchtest du mich lieben?
    *
    Wir wurden im ›Galanten Bären‹ von einer Abordnung von 13 Schweizerinnen empfangen, von vollbusiger Schönheit und gebirgiger Eleganz. Sie präsentierten sich mit den Tönen des Alphorns, in der Nationaltracht, mit bunten Bändern geschmückt, beflügelt von flatternden Gazeschleiern. Ihre Beine waren schön geformt, sie boten uns den Ehrenwein an. Wir richteten einen Toast auf das alte Helvetien aus.
    Sie taten es uns gleich, indem sie aus ihren Stiefelchen tranken, eine köstliche Art, uns daran zu erinnern, dass unser alter Bassompierre {10} aus seinem Stiefel auf die Gesundheit der 13 Kantone {11} getrunken hatte.
    Mein Englisch französisierte genügend, um mich bei diesen Damen zu bedanken und sie um die Erlaubnis zu bitten, ihnen die Fußbekleidung wieder anziehen zu dürfen.
    Erst nach mehreren Stunden lockeren Gesprächs und Spaziergängen nahm man um einen langen Tisch Platz, wo Lord Algerton und ich die Ehrenplätze einnehmen mussten. Man hatte nur wenige Geschlechtsgenossen an die Tafel zugelassen: sie verschwanden zwischen den verschiedenfarbigen Frauen wie Kellerasseln in einem Berg von Blumen. Das Gedeck war überwältigend. Man muss anerkennen, dass die Akademie, um diesem festlichen Anlass einen wahrhaft speziellen Charakter zu verleihen, alles eingeladen hatte, was Europa im Goldenen Buch der Galanterie Hervorragendes zu bieten hatte. Die Vorsitzende der Akademie, eine kräftige, schöne Dame von vierzig Jahren (die ich jedoch nicht mit den römischen Matronen vergleiche), hatte uns gegenüber Platz genommen; sie schien mir sehr beunruhigt. Man tischte auf.
    Es ist unmöglich, im Detail aufzuführen, was man auftischte, was man verschleuderte, was man vergoss, was man verprasste an dieser Danaidentafel {12} , weil ich diese Geschichte nicht bis morgen fortführen will. Diese weltzugewandten Engel besaßen die Schlünde von Harpyien und tranken wie die Löcher. Der erste Gang verschwand wie der Blitz; der zweite wie ein Gewittergrollen; der dritte brach das Eis, und man begann, die Spiegel des Saals zu zerschmettern. Das Dessert kündigte sich wie ein Gewitter an; ich weiß nicht, welche Flammen in der Luft zirkulierten; wir keuchten in einer von tausend verfänglichen Gerüchen überhitzten Atmosphäre, erzeugt von den reifen Früchten, die man zermantschte, von den Likören, die man vergoss, und mehr noch von den göttlichen Erscheinungen, die sich verschmachtend streckten, die die nervöse Erregung ihrer Einsamkeit leuchten ließen. Es waren Spiegelungen von seidigen und parfümierten Schultern, ausladende Gesten aufgelöster Haare, flammende Blicke, die sich kreuzten, und gleichzeitig ein immenses Durcheinander von silbernen, vibrierenden, entkräfteten, gebieterischen Stimmen, von spitzen Schreien. Man rief sich zu, man nannte sich beim Namen, man verlor die Besinnung, als ich mich plötzlich daran erinnerte, dass wir eine Mission zu erfüllen hatten.
    Ein paar Worte, die ich ins Ohr des Lords flüsterte, weckten ihn aus der Verzückung, in die er gesunken war. Er sammelte seine Sinne, erhob sich wankend, und er trank, indem er seine Hand wie der alte Neptun über den Fluten ausstreckte, auf die Frauen! Man hörte ihn an. Nach einem Toast auf Venus Aphrodite, unsere Mutter und unsere Geliebte, erklärte er, dass er diese noble Berner Akademie grüße, Königin unter allen, heilig unter allen, nützlich und angenehm unter uns, und dass alle zum Teufel gehen mögen, die nicht einverstanden seien! Er verglich sich mit Cäsar und Alexander, die

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