Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heinrich Mueller 05 - Mordswein

Heinrich Mueller 05 - Mordswein

Titel: Heinrich Mueller 05 - Mordswein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
Vom Netzwerk:
Literatur des 19. Jahrhunderts gelesen habe. Es spielt teilweise in Bern. Diese Abschnitte habe ich übersetzt, entschuldigen Sie also die Fehler. Es ist eine verrückte Geschichte: In Paris sucht zur Zeit von Louis-Philippe {6} ein Lord Algerton sein Vergnügen am Place du Carrousel. In der heruntergekommenen Gegend trifft er eine Straßendirne, die er von sich weist, die ihm aber für 100 Francs die ›Diligence de Lyon‹ {7} offeriert. Er stürzt davon, aber dieses mysteriöse Angebot lässt ihm keine Ruhe und verleitet ihn, danach zu suchen, was sich mehr und mehr zu einer Obsession auswächst. Auf dieser Mission schickt man ihn zuerst ausgerechnet nach Bern. Richard Lesclide, der von 1825 bis 1892 lebte, schildert in seiner gleichnamigen Erzählung von 1882 die Begebenheiten. Nehmen Sie es mit nach Bern, lesen Sie den Text, vielleicht ergibt sich ein Zusammenhang.«
    Spring drückte Müller das Papier in die Hand.
    »Ich entlasse Sie mit einer zweiten Geschichte von Groucho Marx«, sagte der Lehrer und bedankte sich mit einem spitzbübischen Lächeln für den Besuch. »Sie wissen bestimmt, wie man sich nach einer fünftägigen Schiffsreise über den Atlantik fühlt, auf der man außer drei maulfaulen Einkäufern und vier seekranken Lehrerinnen niemanden kennengelernt hat, also werden Sie nachvollziehen können, wie sich die Matrosen fühlten, als sie von ihrer schmuddligen Schute strömten. Historischen Aufzeichnungen zufolge waren nicht mal die Meerjungfrauen vor ihnen sicher. Und es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass die Indianermädchen … gut, dann erwähne ich es eben nicht.«
     
    Gemeinsam fand man sich im ›Bauch & Kopf‹ wieder, Leonie freute sich über den Besuch. Nicole Himmel stieg aus ihrer Wohnung hinunter, und Spring hatte von unterwegs Pascale Meyer zu einem Dienstgespräch zur Apéro-Zeit bestellt. So schoben sie sich bald dünn geschnittene Scheiben einer geräucherten Rindstrockenwurst vom Sigriswiler Biobauernhof Zelg in den Mund, zerrten ein faustgroßes Stück Chnebubrot vom gezwirbelten länglichen Laib und spülten es mit einem 2006er Tinto Pesquera Ribera del Duero aus den Bodegas Alejandro Fernández herunter, einem fülligen Wein mit Dörrfrüchtearomen und einer ganzen Liste von Eigenschaften, die Leonie aus dem Mövenpick-Prospekt vorlas und die sie eine nach der andern rausschmecken wollten: ›leuchtendes Rubin mit brillanter Mitte. Pflaumen und Dörrbirnen in der typischen Nase, Kirschkompott, Früchtebrot und feine Nussmischung dahinter. Fülliger Gaumen mit samtigen Tanninen und zartpelzigem Extrakt, wieder viel blaue und schwarze Frucht, auch Baumnüsse und Roibusch, portweinartige Pflaumenlikörwärme und Korinthenschokolade bis ins lange Finale.‹ Darüber ging natürlich mehr als eine Flasche ihren gerechten Weg, und es stellte sich heraus, dass Leonie mit mehreren Schachteln vorgesorgt hatte.
    Baron Biber schmollte in der Ecke, weil ob all dem Schmatzen und Schmecken und So-tun-als-ob jedermann vergessen hatte, seinen Napf mit irgendeiner Köstlichkeit des Hauses zu füllen. Es fiel dann doch ein teilweise abgenagter Maiskolben für ihn ab, was ihn fast so begeisterte – aber wirklich nur fast so – wie ein Kotelettknochen, denn er konnte das rollende Ding mit seiner Pfote zum Stopp bringen und an den süßlichen Körnern knabbern. Eine Wohltat, während diese unbehaarten Affen langsam auf ihren Stühlen nach hinten kippten, wohlig die Bäuche tätschelten und bereits anfingen, vom Schlafen zu reden. Dabei hatte die Nacht doch gerade erst begonnen, gerade eben Vollmond vorbei. Und dann noch das, was die Menschen unter Musik verstanden, diese quäkende Björk, er hörte das Quieken der Mäuse nicht mehr, die Lockrufe der Kater und das Jammern der wenigen Katzen im Quartier. Das würde er ihnen heimzahlen … später … wenn sie zu schlafen glaubten.

Mittwoch, 28.7.2010
    Heinrich Müller hatte das Typoskript des Twanner Lehrers gestern Abend an der Bar vergessen. Nach dem Frühstück würde er einen Blick darein werfen, aber erst brauchte er eine kühle Dusche. Denn ein Ribera del Duero mochte noch so gut sein, zwei waren bestimmt noch schmackhafter, aber nach einem guten Dutzend litt auch das kräftigste Gehirn.
    Eine Handvoll eiskalte Wasserstrahlen, eine Tasse Kaffee und ein kross gebratenes Spiegelei. Später verließ der Detektiv die Bar mit dem Papier, machte es sich auf seiner Chaiselongue bequem und vertiefte sich in die Lektüre.
     
    »Es scheint, dass

Weitere Kostenlose Bücher