Heinrich Spoerl
dem Geld. Knittel möchte noch etwas sagen, erläutern, beweisen. Die Beamten machen eiserne Gesichter und lassen sich auf nichts mehr ein. »Machen Sie sich fertig.«
»Fertig? Wofür? Wieso?«
Erika hat schneller begriffen: »Hermann, wenn sie dich holen, ich gehe mit!« und klammert sich an seinen Arm. »Die müssen dich überhaupt erst Kaffee trinken lassen.«
Die Herren sind beiseite getreten und haben eine kleine Beratung. Sie flüstern und gestikulieren und zeigen abwechselnd auf ihre Notizen und auf ihre Dienstanweisung und mit dem Finger auf die Stirn. Man kann nicht verstehen, was sie sagen, sie scheinen sich nicht einig zu sein.
Knittel wartet mit klopfendem Herzen. Tausend Gedanken schießen ihm durch den Kopf: Haussuchung, Beschlagnahme, Verhaftung. Was können sie sonst noch wollen?
Inzwischen haben die Beamten ihren Beschluss gefaßt. Sie knöpfen sich ärgerlich die Mäntel zu und setzen ihre Jägerhüte auf, klemmen ihre Aktentaschen unter den Arm und verabschieden sich.
Knittel weiß nicht, was er davon halten soll. Er läuft hinter ihnen drein. Was ist denn nun, muß er mit, oder ist die Sache erledigt, und was wird mit dem Geld? – Er bekommt keine Antwort. Die Polizei lächelt flach und undurchsichtig und zieht ab. Nicht einmal die Tür macht sie hinter sich zu.
***
Mit dem Hauswart fängt es an. Er ist nicht Knittels Freund. Ein ordentlicher Hauswart ist niemandes Freund. Jetzt soll er der Polizei über Knittel ein Leumundszeugnis geben, über Ruf, Lebenswandel und Umgang. Streng vertraulich!
Für einen Hauswart ist das ein Fressen. Er sieht und hört und weiß und riecht alles, was im Hause vorgeht, und noch ein bisschen mehr. Und was ihm dann noch fehlt, holt er sich von den Mietern und den anderen Leuten, die an seinem Fensterchen vorbeigehen. Streng vertraulich!
Schon nach wenigen Tagen fühlt Knittel, wie sich eine Mauer um ihn legt. Die Hausbewohner sehen schief an ihm vorbei und vermeiden die üblichen Treppengespräche. Die entfernten Verwandten entfernen sich wieder, die zahlreichen Schulkameraden können sich nicht mehr entsinnen, und auch Onkel Alfred hat geschäftliche Rücksichten und kommt nur noch bei Dunkelheit. Inzwischen hat der Hauswart auch bei Knittel Andeutungen gemacht über den verantwortungsvollen Auftrag, und das sei viel Arbeit und Schreibwerk, und wer ihm das überhaupt bezahle? Knittel ist nicht knickerig und tut das Seine, auf daß der Leumund gut gerät.
Aber nun weiß er, was sich um ihn spinnt. Die Kerle haben ihm nichts nachweisen können, jetzt sind sie böse auf ihn und liegen auf der Lauer. Aus Bübchens Kritzeleien hat er erfahren: steht man erst einmal in Verdacht, dann wird auch das Harmloseste übel gedeutet. Also muß er dafür sorgen, daß auch nichts Harmloses geschieht. Das ist schwer.
Knittel vergrübelt sich immer tiefer in das Problem und fängt an, Gespenster zu sehen. Es fällt ihm auf, wenn jemand auffällig langsam durch seine Straße geht oder hinter ihm in den Autobus steigt; das ist natürlich ein Geheimer. Mehr noch fallen ihm die Männer auf, die unauffällig sind und schnell über die Straße gehen und nicht hinter ihm einsteigen; das sind wahrscheinlich die ganz Geheimen. Die einzigen, bei denen er sicher ist, sind die Polizisten in Uniform. – Knittel hat den Geheimen Polizeikomplex.
Selbstverständlich wird auch seine Post kontrolliert. Er kann zwar keine Spuren der Verspätungen feststellen, aber das ist gerade das Raffinierte. Noch klarer ist ihm, daß man sein Telephon überwacht und seine Gespräche abhört. Manchmal vernimmt er Nebengeräusche, das ist der beste Beweis, und wenn er keine Geräusche hört, ist es erst recht verdächtig.
Und eines Abends, als er auf seinem Wachstuchsofa brütet und sein Telephon feindselig anstarrt, kommt ihm ein entsetzlicher Verdacht. Ob die nicht durch eine verruchte Schaltung mithören können, was im Zimmer gesprochen wird, auch wenn der Hörer nicht abgehoben ist? Er hat einmal davon munkeln hören. Er weiß genau, es ist ein dummes Gräuelmärchen, aber unheimlich ist es doch, und man kann nie wissen. – Knittel bekommt den unheimlichen Telephonkomplex.
Er verständigt Frau und Kinder. Das Telephon ist in der Küche angebracht, wo das Familienleben stattfindet. Es wird von nun an im Flüsterton betrieben und mit verängstigtem Seitenblick auf den verdächtigen Apparat, der wie ein Stück Polizei mitten in das Knittelsche Privatleben gepflanzt ist. Knittel ist fest davon
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