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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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verbunden durch ein unsichtbares Gespinst, sie sind aufeinander abgestimmt, eine Frage kontrolliert die andere. Einen Fragebogen belügen ist Wissenschaft, verlangt Aufmerksamkeit und Fleiß, Lampenlicht und Vertiefung.
    Knittel macht den letzten Versuch: »Herr Steuerinspektor, was sollen wir lange reden und auch noch schreiben obendrein, Sie haben wenig Zeit, ich habe wenig Zeit, wir sind Beamte. Sagen Sie mir, was Sie kriegen, dann bezahle ich, was Sie verlangen, es soll mir nicht darauf ankommen.« Und greift in die knisternde Gesäßtasche.
    Das hätte er nicht tun sollen. Leute, die es mit dem Zahlen derart eilig haben, sind verdächtig.
    Und während Knittel tagelang mit dickem Gesicht zu Hause herumsitzt und die Wortmathematik des Steuerbogens studiert und sich fromme Lügen zurechtlegt, geht das Aktenstück vom Finanzamt an die Direktion der Städtischen Gaswerke: Ob dort über den Nebenverdienst des p.p. Knittel Näheres bekannt sei. Die Gasanstalt interessiert sich nicht dafür, ob das Finanzamt seine Steuern bekommt, und ist auch nicht darauf erpicht, für andere Behörden die Arbeit zu tun. Beachtenswert ist lediglich die Tatsache, daß einer ihrer Beamten einen Nebenerwerb betreibt ohne die erforderliche Genehmigung seiner Behörde. Knittel muß zum Vorsteher.
    Der Vorsteher hat einen runden Kopf mit einem Kneifer. Gegen Knittel hat er nichts. Aber wenn ein nachgeordneter Beamter sich den gleichen Füllfederhalter anschafft wie sein Vorgesetzter, so ist das zwar nirgendwo verboten, aber es beweist einen Mangel an Distanz. Vorgesetzte haben das nicht gern.
    Übrigens hat der Vorsteher taktische Begabung und fängt von hinten an: »Herr Knittel, es fällt uns auf, daß Sie in diesem Jahr noch kein Unterstützungsgesuch eingereicht haben.«
    Dem Knittel rollt ein Stein vom Herzen: »Ach so, daran habe ich noch gar nicht gedacht, aber wenn Sie meinen –«
    »Vielleicht liegt es daran, daß es Ihnen in diesem Jahr besser geht?«
    »O ja, danke.«
    »Sie können sich jetzt sogar einiges erlauben, was sich ein Beamter Ihrer Gehaltsstufe eigentlich nicht leisten kann?«
    Knittel bemerkt das aufgeschlagene Steueraktenstück mit einem eingeklebten Briefumschlag, aus dem ein Sektpfropfen herausrollt. Er weiß jetzt, worauf der Vorgesetzte hinaus will und kommt ihm zuvor. »Herr Vorsteher, ich wollte mit Ihnen schon immer darüber reden und eventuell um Genehmigung nachsuchen. Ich habe einen kleinen Nebenerwerb.«
    Der Vorsteher hat keinen Nebenerwerb, er muß von seinem Gehalt leben. »Sagen Sie, Herr Knittel, das scheint Ihnen aber allerhand Geld einzubringen. Nach dem, was man so hört.« Er blättert in den Akten.
    Knittel muß es zugeben, und der Vorsteher zieht die Folgerung. »Dann wird diese einträgliche Sache Ihnen aber sehr viel Zeit wegnehmen?«
    »Nein, nein, nicht der Rede wert«, beeilt sich Knittel.
    Damit erweckt er noch weniger Wohlwollen. »Scheint ja ein putziger Nebenerwerb zu sein«, meint der Vorsteher, »viel Geld und wenig Arbeit, so was hätte ich mir auch schon gewünscht. – Was ist denn das überhaupt?«
    Jetzt muß Knittel aufpassen. Er überlegt schnell und scharf, er muß hier dasselbe sagen wie auf dem Steuerbogen, aber er weiß nicht mehr genau, was er geschrieben hat, Häuserverwaltung, Adressenschreiben, Weinvertretung, Versicherung; er hat so vielerlei erfunden und wieder verworfen. Er zögert und stottert und wird merklich unsicher. Dann findet er den Ausweg. »Herr Vorsteher, ich werde wegen der Genehmigung ein schriftliches Gesuch einreichen.«
    Der Vorsteher hält nicht viel von Sachen, die im stillen Kämmerlein ausgebrütet und frisiert werden. »Herr Knittel, es handelt sich nicht um ein Gesuch, es handelt sich zunächst um eine Feststellung. Aber wenn Sie durchaus schreiben wollen, bitte!« Und reicht ihm einen Bogen und einen Federhalter.
    Es gibt Menschen, die können kaum ihren Namen schreiben, wenn jemand zusieht. So ist Knittel gerade nicht, aber dafür muß er nicht nur schreiben, sondern dichten. Lügen! Und dies unter den Augen des Vorgesetzten, die sich an seine Hand heften, die ihm jedes Wort und jeden Strich schon im Entstehen aus der Feder saugen.
    Es ist eine teuflische Methode. Knittel ist ihr nicht gewachsen. Nachdem er den dritten Bogen verkleckst hat und vor Zittern nicht mehr schreiben kann, legt er mit einem plötzlichen Entschluss die Feder hin. »Herr Vorsteher –«
    »Bitte?«
    »Ich muß Ihnen etwas eingestehen. Ich habe gar keinen

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