Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
Vom Netzwerk:
immer umgekehrt wie er will und ihren Willen mit verbissenen Zähnen durchsetzt, dann tut er gut, schleunigst zu kentern und getrennt nach Hause zu schwimmen. Es gibt auch Hausmütterchen; sie schieben und legen und rücken und ordnen vor der Fahrt und während der Fahrt und nach der Fahrt, und putzen und reiben und waschen und wischen und sind für nichts zu sprechen; das werden die »putzsüchtigen« Frauen, die alle Tage Samstag haben und auch nicht jedermanns Geschmack sind. Was zwischen diesen drei Extremen liegt, ist ehetauglich.
    Paddelboote haben eine Nummer wegen der Strompolizei. Und einen Namen wegen der Romantik. Oft ist es der Name der jeweiligen Herzensdame; aber das ist unpraktisch; der Farbenverbrauch ist groß, und Einschiebebuchstaben haben sich nicht bewährt. Auf einem Zweier las ich ›Götz von Berlichingen‹; darinnen saß ein einsames Mädchen, das offenbar allein bleiben wollte.
    ***
    Wir können nicht alle Caracciola oder Schmeling sein. Aber irgendwo haben wir ein Gebiet oder Gebietchen, auf dem wir unseren Ehrgeiz austoben und Spitzenleistung sein wollen.
    Das Fräulein, das neben mir auf dem Sandhügel liegt, ist vielleicht nicht die Jüngste; das kann man nicht sagen. Sie ist auch nicht die Schönste, das kann man noch weniger behaupten. Aber sie ist bestimmt die Braunste. Unsere Großmütter flohen vor jedem Streifen Sonne; bleich war vornehm, braun galt als bäurisch. Heute bedeutet es Sport, Gesundheit – und große Mode. Das vor allem. Die nicht die Jüngste und nicht die Schönste ist, läßt sich braten, daß das kleine Gehirn zu Bimsstein verdorrt. Sie lebt und denkt nichts anderes. Haar und Augenbrauen sind verschossen und fahlgelb, die Natur ist nicht Indanthren genug für so viel Unverstand. Aber die Haut ist Schokolade geworden, soweit man sehen kann. Nur wenn sich das sparsame Brusttüchlein etwas verschiebt, leuchtet ein Finger breit Weiß. Wie lächerlich scheckig mag sie aussehen, wenn – aber das geht mich im Grunde genommen nichts an.
    ***
    Die Erfrischungsbude ist von kleinen Jungs umwimmelt. Sie drängen sich an das Brett und recken die dünnen Hälse. Es gibt Selterswasser und Bonbons. Selterswasser ist ein kurzer Genuss, Bonbons kann man in die Länge ziehen. »Zwei Himbeer, zwei Saure und drei Neger.« Neger ist der Fachausdruck für dicke schwarze Veilchenpastillen, besonders duftig und haltbar. So stellen sich die kleinen Pänse ein raffiniertes Menü zusammen und genießen für zehn Pfennig stundenlanges Glück.
    Im Strandcafe erholen sich die Erwachsenen von den Anstrengungen des Wassers und der Sonne. Ganz vorn an der Ecke, wo sie jeder sehen kann und soll, sitzen zwei niedliche Krabben. Sie wissen, was sich schickt, und lassen sich von ihren Begleitern ausgiebig verwöhnen; der ganze Tisch steht voll Kaffee, Kuchen, Eis, Limonade, und noch ist kein Ende abzusehen. Zwischendurch tun sie gschamig, kichern und halten die schmalen Händchen vor die Herzgegend.
    Im seichten Wasser ist buntes, lautes Getümmel. Das ruft, lacht, schreit, jauchzt, quietscht und prustet durcheinander, ein großer, brausender Akkord. Ich bin kein Freund von Geräuschen, aber zum Wasser gehört Lärm. Lautloses Baden wäre unheimlich.
    Neben mir liegt immer noch der Mann im Sand, ohne Decken, ohne Kissen. Er liegt hintenüber und rührt sich nicht. Die Sonne scheint auf seinen Leib.
    Nach zwei Stunden liegt er immer noch. Der Wind hat Sand über ihn geweht. Vielleicht ist er eine Leiche.
    Es wird kühler, die Schatten sind lang und blau, von der Lambertuskirche schwebt ein Geläut übers Wasser. Die Menschen sind fort. Die Leiche auch; ich bin beruhigt. Die Abendwolken hängen wie dicke Kissen; es wird still, man hört den Wind in Sand und Gräsern. Jetzt könnte es schön werden.
    Butterbrotpapiere liegen auf Wiesen und Strand gut verteilt, acht bis zehn auf den Quadratmeter. Sie geben Zeugnis von der Menge der Menschen, von ihrem Hunger und ihrer Gesittung.
Die Leute, die die Eide schwören
    Die Hauptperson im Prozess ist der Zeuge. Eigentlich hat er nichts damit zu tun, ihn geht der ganze Prozess nichts an. Und doch kann man ohne ihn nicht auskommen. Ohne den guten Zeugen. Der Richter ist immer gut; andernfalls geht man in die Berufung. Den guten Anwalt kann man sich aussuchen, unter Dutzenden, Hunderten. Aber den guten Zeugen muß man haben. Er ist ein Geschenk des Himmels. – Der Zeuge kommt meist im Plural vor und steht dann als schwatzende Gruppe in den Gerichtsgängen. Man

Weitere Kostenlose Bücher