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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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Derendorf befördert werden?«
    Der Referent des Herrn Innenministers fällt wieder ratlos auf seinen Sitz: »Öh!«
    Und mehr wissen die anderen auch nicht.
    Der Polizeipräsident hat eine beschlagene Stimme: »Vielleicht ins Dezernat Kriminalpolizei?«
    Der Kriminaldezernent wehrt ab: »Danke verbindlichst, wir haben bei uns schon genug zu tun.«
    »Oder zur Verkehrspolizei?«
    Der Verkehrsdezernent hebt die Hände: »Nee, nee, das gibt nur Zusammenstöße.«
    »Vielleicht in das Dezernat Sittlichkeitspolizei?«
    Der Sittlichkeitsdezernent schüttelt sein wissendes Haupt: »Wir brauchen keinen mehr. Die betreffenden Damen haben bereits ins Ausland geheiratet.«
    Eine anonyme Stimme: »Tun Sie ihn doch ins Justizministerium.«
    »Herrrü!« braust der Oberstaatsanwalt auf: »Was wollen Sie damit sagen?«
    Der Referent des Herrn Innenministers wedelt mit zitternden Händen: »Aber, meine Herren – bitte! Wir wollen doch nicht erleben, daß dieser – Dings – Derendorf – auch noch – in unseren eigenen Reihen – öh – Unfrieden stiftet!«
    »Ja, was soll denn nun geschehen?«
    »Ich – öh – gestatte – auch mal einen Vorschlag vorzuschlagen. Wir in der Regierung – haben auch manchmal Erfahrung – mit solchen – Dings – unangenehmen Idealisten – furchtbar! Und deshalb schlage ich vor – wir folgen unserer bewährten Dings – Tradition der Verwaltung: Wenn wir nicht wissen – öh – was wir in schwierigen Fällen tun sollen – dann tun wir eben gar nichts!«
    Einstimmiger Beifall.
    ***
    – Immer noch wartet Derendorf im Vorzimmer. Die gepolsterten Türen zum Sitzungssaal öffnen sich. Aus einem Schleier von Zigarrenrauch kommen die Beamten in Hüten und Mänteln.
    Derendorf nimmt Haltung an, und das Herz klopft gegen seinen Kragen: »Wachtmeister Derendorf.«
    Der Referent des Herrn Innenministers geht achtlos an ihm vorbei.
    »Wachtmeister Derendorf«, wiederholt Derendorf.
    Auch der Oberstaatsanwalt geht an ihm vorbei. Und dann kommt der Polizeipräsident.
    »Wachtmeister Derendorf meldet sich wie befohlen zur persönlichen Rücksprache –«
    Auch der Herr Polizeipräsident sieht ihn nicht.
    Alle gehen sie an ihm vorbei, der mit dem langsamen Gesicht und der Sittlichkeitsreferent, der mit den quellenden Nackenfalten und der Wirtschaftsreferent, der Verkehrsdezernent und selbst der kleine Protokollführer, und sehen ihn nicht.
    Der Vorzimmerbeamte hat hinter den Herren die Tür geschlossen. Und Derendorf steht, immer noch in Haltung, allein in dem kleinen Vorzimmer und kann es nicht begreifen. Man hat seinetwegen eine Sitzung abgehalten und ihn herbestellt. Und wenn die Herren ihm nichts zu sagen haben, könnten sie es ihm doch wenigstens sagen!
    Der Vorzimmerbeamte hat im Sitzungssaal die Notizzettel eingesammelt, auf denen Männchen und Muster gemalt sind, und macht sich fertig zum Nachhausegehen: »Da wären Sie wohl umsonst gekommen. Ja ja, so ist das manchmal.«
    Umsonst gekommen ist er nicht. Er hat in der Stadt noch etwas anderes zu tun. Eine Sache, die ihn eigentlich nichts angeht, die den Herren aber die Augen öffnen wird. Und Derendorf verläßt das Polizeipräsidium und ist mit einem Mal wieder aufgeräumt.
    ***
    – Elegante Automobile fahren in den Hinterhof des Hotels. Feine Leute entsteigen, tauchen in den noch nicht ganz wiederhergestellten Hintereingang und gelangen, über Treppenstufen und an den tief gelegenen Toiletten vorbei, an eine breite Glastür.
    »Bitte nach Ihnen!« verbeugt sich ein blonder, hochgewachsener Herr.
    Der kleine alte Herr mit welligem dunklem Haar verbeugt sich zurück: »Nun, gehen Se schon vor, Herr Ortsgruppenleiter!«
    Doch der Blonde bleibt bescheiden auf Seite: »Aber nein, die Zeiten haben sich doch geändert.«
    Der kleine alte Herr lächelt weise: »Das tun se immer, alle tausend Jahr! Und sind mer doch jetzt im gleichen Geschäft!«
    Unter gläsernen Lüstern, zwischen Spiegelwänden und Polstersesseln, stehen zu Gruppen Damen und Herren in Abendgarderobe und halten heimlich Börse: Tausend Liter französischen Wermut. Deutsche Kugellager aus Italien. Fünf Millionen türkische Zigaretten. Zweihundert Sack gewaschenen Rohkaffee. Ein BMW mit neuen Papieren und geändertem Typenschild.
    Auch geistige Güter werden verhandelt: Reifezeugnisse, Doktordiplome, Scheidungsurkunden. Blanko-Spruchkammerbescheide ›Nicht betroffen‹ sind nicht mehr gefragt. Leumundzeugnisse für öffentliche Ankläger, Tendenz steigend.
    Und

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