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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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plötzlich verschwunden, und die Uhr läge unten im Kleiderschrank. Beim Fischhändler de Potter gibt es Krawall; Worte und Fische fliegen den Beamten um die Ohren. All dies kann dem tapferen Staatsanwalt nicht imponieren. Er geht seinen Weg.
    Leider ist der Erfolg nicht auf der Höhe des Kraftaufwandes. Sie haben alle ihren Maulkorb, nirgends fehlt der gefundene Knopf, und auch das Alibi ist überall in Ordnung. Nicht immer ohne Zwischenfall und peinliche Explikationen. Es gibt Leute, die ihren nächtlichen Aufenthalt als Privatsache betrachten und es versäumen, darüber Buch und Quittung zu führen. Sie wurden belehrt. Die Liste ist heruntergearbeitet. Treskows Hoffnung ist mit jedem Namen ein Treppchen tiefer gerutscht und auf Null angelangt. Nur noch ein einziger Name steht offen: sein eigener.
    Treskow macht einen faulen Witz: Eigentlich müßte man jetzt zu ihm gehen.
    Man soll keine faulen Witze machen. Die Beamten lächeln verlegen, aber der Assistent Schibulski nimmt es für bare Münze oder tut wenigstens so. Und wenn man es richtig überlegt: Man ist überall gewesen und hat keine Ausnahme gemacht, nicht einmal beim Herrn Regierungspräsidenten. Vielleicht hätte Treskow besser getan, von vornherein die Namen zu streichen, die außerhalb jeden Verdachtes standen. Da es nicht geschehen ist – und es ist sicher gut so und wird auf die Bevölkerung einen vorzüglichen Eindruck machen –, man muß konsequent sein und darf sich selbst nicht ausschließen. Es würde auch in den Akten dumm aussehen.
    Lächelnd zieht Treskow mit dem Troß in sein Haus. Im Grunde genommen ein Ulk: Ein Staatsanwalt, der bei sich selbst haussucht.
    Es soll kein Ulk sein, sondern die Erfüllung einer Form. Treskow ist ein guter Jurist, ihm kommen Zweifel, ob ein Staatsanwalt gegen sich selbst eine Untersuchungshandlung vornehmen kann. Vorsorglich überträgt er das Kommando dem rangältesten Kriminalbeamten; er selbst ist nur noch Hausherr und Hundebesitzer.
    »Meine Herren, ich kenne den Zweck Ihres Kommens. Bitte, treten Sie näher. Also hier – Maul halten, August! – hier ist mein Hund, und hier- und hier – und hier –« Er greift an den gewohnten Haken und faßt ins Leere.
    »Sybilla, wo ist der Maulkorb?«
    Billa, von so viel Uniform begeistert, tänzelt herbei. »Der muß am Haken sein.«
    »Was heißt ›muß‹? Er tut es nicht. – Trude, hast du vielleicht unseren Maulkorb verschmissen?«
    Trude zieht ein Fischmäulchen. »Der hat gestern noch da gehangen.«
    »Ich will nicht wissen, was er hat, sondern wo er ist. – Elisabeth, erinnerst du dich vielleicht, wer zuletzt den Maulkorb hatte?«
    Frau von Treskow sieht ihren Mann erstaunt an. Billa will etwas sagen, Trude will etwas sagen, aber Frau von Treskow kommt ihnen zuvor: »Herbert, willst du nicht erklären, was das bedeutet? Vielleicht nehmen die Herren solange Platz.«
    Dazu hat man keine Zeit. Dazu ist man nicht gekommen. Der Maulkorb muß zur Stelle. Man sucht überall, wo er sein könnte: am Mantelhaken, im Schirmständer, auf dem Garderobetisch, und wo er nicht sein könnte: im Nähkörbchen, in der Besteckschublade, im Eisschrank. Alle helfen suchen und geben sich rührende Mühe, der Staatsanwalt, die Beamten, Trude und Billa. Sogar August, durch das Umherlaufen angeregt, trottet wichtig hinterdrein und schnuppert mit.
    Der Maulkorb muß doch irgendwo sein!
    Die Logik ist unanfechtbar. Aber der Maulkorb ist anderer Ansicht. Er ist nicht da.
    Die Billa hat einen roten Kopf bekommen, Trude beteuert ihre Unschuld, Frau von Treskow bewahrt Haltung; aber es hilft alles nichts.
    Die Beamten tauschen heimliche Blicke. Schibulski hat die Unverschämtheit, mit einem Mundwinkel zu grinsen. Treskow fühlt, hier ist eine Situation, die nur mit Schwung und Humor zu retten ist. »Meine Herren«, sagt er mit künstlich heller Tenorstimme, »meine Herren, ich muß zugeben, mein Maulkorb ist im Augenblick nicht ganz greifbar. Jetzt fehlt nur noch, daß an meinem Mantel der gefundene Knopf fehlt –«, er lacht gezwungen – »dann bleibt mir nichts anderes übrig. als mich selbst zu verhaften und abzuführen. – Elisabeth, du hast wohl die Freundlichkeit und zeigst den Herren meinen Paletot.«
    Frau von Treskow rührt sich nicht.
    »Wenn du nicht willst, dann muß ich schon selber –«
    Elisabeth ist ihm zuvorgekommen, hat den Mantel vom Haken genommen und zusammengeknautscht und tritt vor die Beamten. »Meine Herren, ich glaube, es ist nun genug. Wenn Sie

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