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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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Untersuchungshaft zur Erpressung von Geständnissen.«
    »Aha!« donnert Mühsam, »da habe ich Sie! Damit geben Sie also zu, daß Sie etwas zu gestehen haben.« Er schreibt in die Akten. »Übrigens scheinen Sie merkwürdig gut Bescheid zu wissen. Sind Sie vorbestraft?«
    »Nein.«
    »Aha! Also immer so durchgewischt! Gerissener Bursche, was? – Kein Wunder, daß der gute Sedan da nicht mitkam.« Er zerdrückt eine heimliche Träne. »Sie bleiben natürlich hier!«
    »Wie hier? Wieso hier?« Rabanus hat längst begriffen, aber es will ihm doch nicht in den Kopf. Und was ist mit Trude? Er sieht sich um. Da stehen seine Freunde, hilflos und verdattert; keiner traut sich zu rühren oder einen Ton zu reden; vielleicht ist jeder froh, daß es ihn nicht trifft. Und dahinten stehen auch die lustigen Mädels, frierend und verschüchtert wie arme Hühnchen, und hinter ihnen Trude, deren Gesicht er unter dem Schleier nicht sehen kann.
    Rabanus wird abgeführt. Die andern dürfen gehen.
    Nein, die Frauenpersonen noch nicht. Mühsam will wenigstens die Personalien feststellen.
    »Sie dahinten, kommen Sie doch mal her! Tun Sie zunächst mal den Schleier vom Gesicht. Und die Hände runter! Verstehen Sie kein Deutsch? Sie sollen die Fahne vom Gesicht – oh, pardon!!«
    ***
    Der letzte Gast bei Tigges am Treppchen?
    Staatsanwalt von Treskow hätte das durch einen Beamten bei Frau Tigges feststellen können. Dann würde man den Betreffenden vernehmen und ihn, falls er leugnen sollte, der Frau Tigges und den anderen Gästen gegenüberstellen und allmählich einkreisen und überführen. Das würde etliche Tage in Anspruch nehmen, der Täter hätte vielleicht Gelegenheit zur Flucht; außerdem würde man nachher nicht mehr wissen, wem der Erfolg zuzuschreiben ist.
    Treskow macht das anders. Er will die Sache durch einen schneidigen Generalangriff schmeißen, mit einem dramatischen Schlusseffekt, wie es seinem Temperament entspricht: Er hat die sämtlichen Zecher des denkwürdigen Abends vorgeladen und wird sie persönlich vernehmen. Nur auf diese Weise, belehrt er seinen Referendar, erhält man ein klares Bild und den unmittelbaren starken Eindruck.
    Obgleich diese Vernehmung ihm persönlich etwas peinlich ist. Es sind immerhin Leute, die er kennt oder mit denen er jedenfalls am gleichen Tisch gesessen hat. Aber das darf ihn nicht abhalten. Einer von ihnen muß als Letzter gegangen sein; das wird sich jetzt herausstellen, und diesen Letzten wird er zur Strecke bringen, unerbittlich und ohne Ansehen der Person. Wahrscheinlich sogar vom Fleck weg verhaften. Draußen warten bereits zwei Polizeibeamte mit den nötigen Instruktionen und Vorkehrungen.
    Referendar Thürnagel soll Protokoll führen. Er ist nicht sonderlich erbaut davon und macht ein merkwürdig verdutztes Gesicht; tut, als wenn er etwas sagen wollte, und würgt es wieder hinunter.
    Inzwischen erscheint Mühsam, rot und strahlend und berichtet über seinen nächtlichen Fang. Er erwartet, daß Treskow ihm um den Hals fällt oder wenigstens wohlwollend auf die Schulter klopft; statt dessen sagt Treskow: »Ganz nett soweit.« Er hat nur mit einem Zehntel Ohr hingehört und außerdem prinzipielles Misstrauen gegen alles, was von Mühsam kommt.
    Der letzte Gast.
    Zehn Uhr.
    Die Herren von Tigges sind vollzählig da.
    Es sind sogar zwei zuviel. Obgleich diese beiden eigentlich keine Herren sind und auch nicht nach Tigges aussehen. Übrigens warten sie bereits seit neun Uhr und haben sich für diesen Gang offenbar fein gemacht. Der große Hagere trägt einen hellen Sommermantel, der bis auf die Mitte des Oberschenkels reicht, mit eingerissenen Knopflöchern und ausgefransten Kanten. Der kleine Dicke hat sich in einen vielfach vererbten Schützenfestgehrock geklemmt, der vorn nicht gut zugeht und hinten im Schlitz auseinanderklafft.
    Nein, geladen wären sie nicht. Aber sie hätten etwas sehr Wichtiges, und ob sie vielleicht den Herrn Staatsanwalt –?
    Warten! Der Herr Staatsanwalt ist besetzt.
    Und wie lange die Gerichtskasse offen wäre?
    Man beachtet sie nicht. Man hat Besseres zu tun.
    Treskow beginnt mit der Vernehmung der Zecher. Sie sind erstaunt, sich hier zu finden, und verdecken ihre Befangenheit durch verkrampfte Jovialität. Dafür ist Treskow um so eisiger; er nimmt die Personalien auf, fragt, was er längst weiß, und ist ganz Amtsperson. Er tut, als kenne er keinen; sie tun mit und verstehen den Unterschied zwischen Schenke und Amtszimmer. Es fängt ganz harmlos an.

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