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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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Glück. Ich warne Sie nachdrücklich vor den Folgen des Meineides. Machen Sie sich nicht unglücklich, sagen Sie die reine Wahrheit. Also, was haben Sie gesehen?«
    »Wenn mer et richtig nimmt: Nix.«
    »Sie standen doch dabei.«
    »Nit so richtig.«
    »Oder jedenfalls in der Nähe.«
    »Och, so arg nah war dat nit.«
    »Wo waren Sie denn?«
    »Wenn ich partuh de Wahrheit sage soll: Im Bett.«
    »Da können Sie doch nichts gesehen haben.«
    »Jrad, wat ich sag, Herr Präsedent.«
    »Herr Wachtmeister, Sie sorgen dafür, daß der Zeuge den Saal vorläufig nicht verläßt.«
    »Jawoll, Herr Landgerichtsdirektor.«
    Treskow ist nervös geworden. Nein, so darf man den Zeugen nicht behandeln. Er kann es besser: »Herr Donnerstag, kommen Sie mal näher. Wir kennen uns doch, nicht wahr? Ich weiß auch genau, daß Sie die Anzeige nicht ohne Grund gemacht haben. Sie wollen offenbar nur sagen, daß Sie aus eigner Wissenschaft nichts wissen. Aber der Angeklagte hat Ihnen doch davon erzählt?«
    »Wie soll ich dat verstehe?«
    »Ich meine, er hat Ihnen gestanden, daß er das gemacht hat?«
    »Dat kann man jrad nit sage.«
    »Immerhin hat er Ihnen Andeutungen gemacht?«
    »Dat war eijentlich zu viel jesagt.«
    »Jedenfalls hat er mit Ihnen über die Sache gesprochen? Überlegen Sie gut, es geht auf Ihren Eid.«
    »Jesproche? Dat is möglich.«
    »Was hat er mit Ihnen darüber gesprochen?«
    »So allerhand, wat mer so spricht.«
    »Hat er nicht gesagt, Sie sollen ihn nicht hereinreißen?«
    »Enää, Herr Staatsanwalt, dat bestimmt nit, dat nehm ich auf den Eid, dat hätt hä nit jesag.« Wimm ist lebhaft geworden, es klingt durchaus glaubhaft.
    »Woher wissen Sie denn, daß er der Täter ist?«
    »Wissen is nit der richtije Ausdruck. Der Bätes muß es doch am besten selber wissen. Tun Se ihm doch mal frage.«
    Schweigen rundum.
    »Oder soll ich ihm selber frage?« Wimm wartet keine Antwort ab und wendet sich an Bätes: »Wie is dat, Bätes, du häs et doch jedonn. Oder nit?«
    Bätes rührt sich nicht.
    »Du Bangezibbel, nu sag et doch.«
    Aller Augen sind auf Bätes gerichtet, Bätes sieht hilflos auf Wimm, und Wimm malt ihm heimlich eine Drei in die Luft, eine große runde Drei mit lauter Nullen dahinter.
    Das hilft. »Ja, wenn de meinst«, sagt Bätes.
    Der Prädikatsassessor fährt dazwischen. Er hat beobachtet, daß der Zeuge merkwürdige Handbewegungen zum Angeklagten gemacht hat; vielleicht versucht er ihn zu hypnotisieren. Außerdem sei es prozessual unzulässig, daß der Zeuge an den Angeklagten Fragen stellt. Der Assessor hat natürlich recht. Aber immerhin ist man froh, wenigstens ein Stückchen weitergekommen zu sein. Der Vorsitzende hilft liebevoll nach. »Angeklagter, wir meinen es gut mit Ihnen. Ein offenes Geständnis würde Ihre Lage verbessern. Sagen Sie uns die Wahrheit, dann kommen Sie mit einer milden Strafe davon.«
    Bätes möchte das genauer wissen: Was heißt milde Strafe? Was würde er beispielsweise kriegen?
    Auf diese Frage ist man nicht gefaßt. Man kann sich doch vorher nicht festlegen, das hat noch kein Mensch verlangt. Das wäre auch gesetzlich nicht zulässig. Der Prädikatsassessor wälzt Kommentare.
    Nun wird Bätes erst recht mißtrauisch. Wenn man milde Strafe sagt, muß man auch wissen, wie viel, sonst ist das eine Redensart, darauf fällt er nicht herein.
    Er ist nun wie eine Mauer und durch nichts mehr zu erschüttern. Wimm macht verzweifelte Zeichen, plinkt mit den Augen, der Vorsitzende redet auf ihm herum, sanft wie Äolsharfen und donnernd wie eine Schlacht. Bätes sagt keinen Ton und bleibt verstockt und störrisch wie ein Esel.
    Die Sache ist festgefahren.
    Der Vorsitzende blättert ärgerlich in den Akten. Die Beisitzer tuscheln. Der Zuschauerraum wird unruhig.
    Treskow bewahrt mühsam Haltung. Das ist ihm noch nicht passiert. Er geht mit einem rundherum geständigen Angeklagten und einem handfesten Augenzeugen in die Verhandlung, mehr kann man nicht verlangen, und nun kippt der Angeklagte und benimmt sich wie ein Halbidiot, und der Augenzeuge sagt unter Eid, daß er nicht das Geringste weiß. Es riecht nach Freispruch. Nach Fiasko.
    In höchster Seelennot kommt ihm ein Gedanke.
    »Da ist noch ein gewisser Rabanus, der angeblich den Täter gesehen hat und vielleicht wieder erkennen wird. Ich hätte ihn als Zeugen geladen, wenn ich diese Schwierigkeiten geahnt hätte. Ich beantrage, ihn hereinzuholen und die Sitzung so lange zu unterbrechen.«
    Die können zu Hause lange nach mir

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