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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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trüben. Jetzt muß etwas geschehen.
    Knittel überlegt und stellt zunächst das Problem: Wie kommt man schnell an hundert Mark.
    Knittel weiß, hundert Mark sind ein begehrter Artikel und wenn das so einfach wäre, dann täte es jedermann, und die soziale Frage wäre im Handumdrehen gelöst. In dieser allgemeinen Fassung ist das Problem hoffnungslos.
    Knittel überlegt weiter. Er hat den vielen andern etwas voraus. Er ist kein Beliebiger, er hat Höhere Schule, bis Quarta einschließlich, dann ist er ins praktische Leben getreten. Außerdem hat er Betriebskapital. Er könnte, selbstverständlich nur vorübergehend und leihweise, von dem Geld noch einmal fünfzig Mark nehmen und sie in den Dienst der Aktion stellen. Knittel präzisiert die Frage genauer: Wie kann man mit fünfzig Mark schnellstens hundert Mark gewinnen?
    Mit fünfzig Mark könnte man in ein Wettbüro gehen. Er weiß Kollegen, die schwören darauf. Aber es ist nicht seine Stärke, auf das richtige Pferd zu setzen. So hat er bei der SPD jahrelang geklebt und Beiträge bezahlt, ohne daß er jetzt für sein Fortkommen den geringsten Nutzen davon hat. Und wie soll man wissen, welches von den zehn oder vierzehn Pferden am besten läuft? Immerhin bringt ihn das auf einen Gedanken: Mit seinen fünfzig Mark könnte er auf alle vierzehn setzen, eines davon muß dann gewinnen. Aber so schlau wie er werden viele sein. Er kommt im Augenblick nicht dahinter, aber es hat gewiß einen Haken.
    Er denkt noch heftiger nach und rollt sich auf die andere Seite. Neben ihm schläft Erika. Sie liegt mit geöffneten Lippen und sieht aus wie ein Kind. Die hat gut schlafen, denkt Knittel und ist ein bisschen neidisch, die hat ja auch kein Geld und keine Sorgen.
    Damit gerät er auf eine andere Überlegung. Es ist gar nicht wahr, er hat keine fünfzig Mark Betriebskapital, sondern, wenn er will, neuntausendneunhundert. Dadurch unterscheidet er sich wesentlich von den anderen Leuten, die arm sind und klein anfangen. Er formuliert nunmehr das Problem endgültig dahin: Wie kann man mit neuntausendneunhundert Mark weitere hundert erringen?
    Das dürfte kein Problem sein. Geld wirft Junge, das weiß jedes Kind, und die Kapitalisten leben davon. Es ist zwar unanständig und keineswegs sozialistisch und zeitgemäß; aber wenn man in der glücklichen Lage ist, macht man gern Gebrauch davon. Knittel ist zum äußersten entschlossen.
    Er könnte an der Börse spekulieren. Aber er weiß nicht, wie man das macht, er weiß nur von dicken Herren mit Zylindern, die da herumlaufen, und in den Zeitungen liest er geheimnisvolle Zahlen und Worte: meist gedrückt-freundliche Haltung – bröckeln ab. Er ist überzeugt, daß man ihn übers Ohr haut. Oder es kommt wieder ein schwarzer Freitag.
    Er könnte auch sein Geld nach Art ordentlicher Familienväter auf die Sparkasse tun und auf die Zinsen warten. Aber das würde einige Monate dauern, und dann kann er nicht mehr zur Polizei gehen.
    Muß er überhaupt zur Polizei? Eigentlich will er nichts von ihr und wenn sie etwas von ihm will, so mag sie zu ihm kommen. Er hat keine Eile und, wenn er es sich richtig zurechtlegt, auch ein verhältnismäßig gutes Gewissen.
    Wie wäre es, wenn er sich ein Los kaufte? Das größte Vertrauen hat er natürlich zur Winterhilfslotterie, man hört und liest so viel von Gewinnen. Aber gerade für ihn ist es nicht das Richtige, da fällt sofort die Entscheidung. Er will warten müssen, nicht allzu lange natürlich, aber ein bisschen, denn diese Zeit über kann er das Geld noch behalten und hat das erhebende Gefühl, mit einem kleinen knisternden Vermögen durch die Weltgeschichte zu laufen. Und wenn das Los schließlich herauskommt, wird er damit die fehlenden hundert Mark decken und auch dasjenige, was inzwischen weiter fehlen wird; man ist ja Mensch. Und wenn das Los nicht herauskommen sollte, man muß auch daran denken, so hat er wenigstens den guten Willen bewiesen, dann hat das Schicksal eben anders gesprochen und gegen ihn entschieden, für diesen Fall müßte man – oder besser schon von vornherein – man darf nach keiner Seite herunterfallen – das Geld bleibt auf dem Wasser – wenn die Laterne nicht stimmt – er merkt kaum, daß seine Gedanken allmählich zerfließen und in einen sanften Halbschlaf hinübergleiten. Und in diesem begnadeten Zustand kommt ihm ein wunderbarer Einfall, eine Lösung, die ihm alle Sorge nimmt und alle Freude läßt, und so genial, daß er sich selbst um den Hals fallen

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