Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heinz Strunk in Afrika

Heinz Strunk in Afrika

Titel: Heinz Strunk in Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
Vom Netzwerk:
auf.
    «Dazwischen?»
    «Ja.»
    «Thomas!»
    Dünnes, glucksendes Lachen: «Hahahaha, hehehehe, hohohoho.»
    Ich dreh durch. Jemand anders würde einfach weghören, ein Buch zur Hand nehmen oder sich aufs Essen freuen. Ich nicht. Eines meiner vielen Probleme: Ich bin nicht
belastbar
.
    22 Uhr. Nichts. C. hätte es locker geschafft, er hätte sogar noch beim Enteisen helfen können, haha. Durchsage Kapitän: «Endlich haben wir es geschafft. Wenn der Trupp abgebaut hat, rollen wir auf Startbahn neun. Die Reisezeit nach Mombasa wurde heute mit acht Stunden und fünfzehn Minuten berechnet …»
    Während des Starts klatschen ein paar Trottel. Schon während des Starts, muss man sich mal vorstellen! Andrea schraubt sich mühsam aus ihrem Sitz und geht den Gang hinunter. Dann wieder rauf. Rauf und runter, runter, rauf. Achtung, Kontrolle. Ordnungshüter im Einsatz. Sie wirkt noch fetter als im Sitzen, nichts an ihr ist auch nur einen Hauch liebenswürdig. Ich krame in meiner Plastiktüte und berühre dabei versehentlich den Ellenbogen von Sabine, die mich anglotzt, als hätte ich sie unsittlich berührt. Ich murmele eine Entschuldigung, sie reagiert nicht, sondern stellt ihre Lehne zurück, zufrieden mit sich und ihrer Korpulenz. Als sie von der Flugbegleiterin gefragt wird, ob sie einen Kopfhörer benötigt, deutet sie stumm auf das ausgeklappte Tischchen. Soll wohl so viel heißen wie: «Ja bitte, herzlichen Dank, sehr aufmerksam.» Die Flugbegleiterin, an schlechtem Benehmen sicher einiges gewohnt, schüttelt stumm mit dem Kopf. Sabine setzt den Kopfhörer auf, lehnt sich zurück und starrt auf den Monitor. Eine amerikanische Komödie à la
Sex and the City
. In ihrem Gesicht zeigt sich keinerlei Regung. Naja, was hat so eine auch mit
Sex and the City
zu tun.
    Mit einem Schlag bekomme ich Hunger. Wahnsinnigen, brüllenden, bohrenden, nagenden Hunger, eine Hungerattacke, einen Hungeranfall. Dabei dauert es bestimmt noch eine Stunde, bis der Service beginnt. Hunger. Langeweile. Verzweiflung. Einsamkeit. Kofferverlust. Ich bin mir sicher, dass ich der Einzige im ganzen Flugzeug bin, der sich so fühlt, wie er sich fühlt.
     
    «Die Menschen stammen nämlich vom Affen ab.»
    «Das glaube ich nicht.»
    Ich schaue mich um. In der Reihe hinter mir sitzt ein kleines Mädchen mit ihrer Mutter.
    «Doch, das ist aber so. Das Leben begann im Wasser. Die Entwicklung ging dann weiter über den Affen bis zum Menschen. Unsere direkten Vorfahren sind Affen.»
    Wie kann man ein kleines Mädchen nur mit so einem Quatsch in Angst und Schrecken versetzen!
    «Nein, ich stamme nicht vom Affen ab.»
    «Doch, tust du.»
    «Nein.»
    «Doch.»
    «Nein. Und du auch nicht. Und deine Mutti auch nicht. Und die Mutti davon auch nicht. Ganz vielleicht die davor.»
    Haha, gut gegeben!
     
    Halb elf. Ich bin vor Hunger halb wahnsinnig. In der Ferne setzt sich der Servicewagen in Bewegung. Endlich. Endlich. Endlich. Ich kaufe Bifi, Erdnüsse und Pringles. Und, viel wichtiger, zwei 0,187-Liter-Flaschen Rotwein. Um den vor mir liegenden Parforceritt durchzustehen, müsste ich eigentlich einen klaren Kopf bewahren. Aber das ist zu viel verlangt, es geht nicht, es geht einfach nicht, ich kann mich keine Sekunde mehr länger zusammenreißen. Es kommt mir vor, als hätte mein gesamtes bisheriges Leben aus nichts als Sich-Zusammenreißen bestanden. Und als müsste ich immer wieder von vorn anfangen. Und als hätte ich überhaupt noch nichts geleistet. Also gar nichts. Außer vielleicht Konfirmation und Freischwimmer. Die erste Flasche ist in nicht mal zehn Minuten weggegluckert. Und das auch nur, weil ich mich so wahnsinnig beherrsche. Ich bin der Einzige, der Alkohol trinkt. Ehepaar Kallwass sind die Karten genug, die Sugarmummys freuen sich aufs Essen, und die anderen haben einfach kein Bedürfnis. Keinen
Jieper
. Die können auch ohne Alkohol abschalten. So einfach ist das. Huch, die nächste Flasche ist auch schon leer. Kann ich auch nichts dafür. Muss ich deshalb ein schlechtes Gewissen haben? Klares Nein! Wenn die Fluggesellschaft keine Gelegenheit auslässt, ihre Gäste mit 0,187-Liter-Spatzenpfützchen zu demütigen, anstatt ihnen ganz normal Erwachsenenportionen auszuschenken, läuft’s eben genau so und nicht anders. Ich verstaue die Fläschchen unauffällig unter dem Sitz. Als das Abendessen naht, beendet Andrea ihren Kontrollgang und setzt sich auf ihre vier Buchstaben oder vielmehr auf das, was davon noch übrig ist. Rigatoni Napoli, ein

Weitere Kostenlose Bücher