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Heinz Strunk in Afrika

Heinz Strunk in Afrika

Titel: Heinz Strunk in Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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Abmarsch.»
    Tembo
und
Lolipop
liegen stadtauswärts, ungefähr auf halber Strecke zum Hotel. Im brechend vollen
Tembo
herrscht eine Hitze wie in der Hölle, die Stimmung ist unangenehm aufgeladen, hysterisch, ungut. Scheint ein Tourischuppen zu sein, es dominieren Weiße und Mischlinge, Halbinder, Halbsüdländer, Halbirgendwas. Aus den Lautsprechern pumpt Idiotenmusik, exklusiv von Arschlöchern für Arschlöcher produziert.
Feel the Love Generation
, der WM -Song 2006. Die glückliche Verzauberung, die mich am Strand gerade eben noch umgeben hat, verschwindet. Wir setzen uns an einen Tisch am Rand der Tanzfläche.
    Eine Clique, Weiße Anfang dreißig, drängt ins Zentrum. Die Frauen, unansehnlich und plump, tanzen, als wären sie aus Blei gegossen. Ihre Männer sehen seltsam gleich aus, viereckige Gesichter, buschige, zusammengewachsene Augenbrauen, raspelkurze Bürstenfrisuren. Groß, schwer, massig, wie ehemalige Bodybuilder, die nicht richtig abtrainiert haben. Augenscheinlich Brüder: Tick, Trick und Track. Sie halten ihre Bierhumpen in der Hand und wanken von einem Bein aufs andere. Heavy Dancing. Grölen, zappeln, schubsen, plötzlich überkommt es Trick, und er leert den Inhalt seines Glases auf Tracks Würfelkopf. Genialer Witz. Riesengelächter, Tracks Gesichtszüge entgleisen für einen winzigen Moment, man sieht ihm an, dass er Trick am liebsten gehörig und anständig und gründlich die Fresse polieren würde, doch dann schüttelt er sich wie ein nasser Hund und tanzt weiter, als sei nichts gewesen.
    Aserejé ja de jé de jebe tu de jebere
    seibiunouva
    majabi an de bugui an de buididipí
    Aserejé ja de jé de jebe tu de jebere
    seibiunouva
    majabi an de bugui an de buididipí
    Der Ketchupsong. Eine Gruppe betrunkener junger Männer platzt herein. Holländer, Engländer, Finnen, so was, egal. Globaler Abfall, World White Trash. Das riecht nach Ärger. Wild mit Armen und Beinen rudernd, ahmen sie die bekannten Tanzschritte nach und blicken sich dabei beifallheischend um. Sie glauben, dass sie geil tanzen, sehen aber nur erbärmlich aus. Von Testosteron aufgepeitschte Schießbudenfiguren, die meinen, sie könnten hier am anderen Ende der Welt den Breiten schieben, dabei sind sie nur wie die anderen Scheißbudenfiguren immer schon betrunken, bevor es richtig losgeht. Sie haben nie eine Chance, nicht hier, nicht daheim und nirgendwo auf diesem Planeten, sie haben es bloß noch nicht begriffen. Immer noch nicht! Oder vielleicht doch? Wenn man
genau
hinschaut, merkt man, dass alles nur gespielt ist, selbst berauscht sind sie nicht zur Ekstase fähig. Adrenalin und Alkohol sind in die Lenden gesickert und dort zu idiotischem Begehren vergoren. Sexualtrieb – eine Krankheit, eine Ansammlung körperlicher Symptome. Ein pickliger Rotschopf löst sich aus der Gruppe und bewegt sich zappelnd auf ein Mädchentrio zu. Das Unterhemd hängt lapprig über den Leib, die Shorts verhüllen sackig den Unterkörper. Kein schöner Anblick. Er versucht, sie zum Mitmachen zu animieren, aber die Frauen haben nur verächtliche Blicke für ihn übrig, eine scheucht ihn tatsächlich mit einer Handbewegung weg, wie man einen Hund vertreibt. Für einen Moment gerät er aus der Fassung. Er gehorcht und torkelt zurück zu seiner Clique. Die Zeiten, in denen Typen wie er in den Armenhäusern dieser Welt nur mit dem Finger schnippen mussten, sind augenscheinlich vorbei. Die Kumpels reden auf ihn ein, drücken ihm einen Drink in die Hand. Seine kleinen, bleiernen Augen schweifen alkoholisch-ölig umher. So schnell gibt er nicht auf. Die magnetische Strömung, die Elektrizität zwischen den zuckenden Körpern um ihn herum machen ihn wahnsinnig, er will ficken, jetzt, sofort, unverzüglich.
    Sein Gesicht zu einer grotesken Idiotenfresse verzerrt, versucht er es bei den nächsten Girls und provoziert die gleichen Reaktionen: Sie drehen sich angewidert weg, aber so schnell lässt er sich diesmal nicht abschütteln, er tänzelt ihnen hinterher, eine dreht sich um, brüllt ihm was ins Gesicht, wieder trollt er sich zu seiner Gruppe. Er würde sterben, um zu ficken. Vielleicht stehen die Mädchen hier nicht auf Rothaarige, also versuchen es seine Freunde, ein nichtssagender Normalo und ein untersetztes Kraftpaket, Typ Meister Proper. Sie tanzen mal das eine, mal das andere Mädchen an. Nichts. Nichts. Nichts. Sie tanzen, singen, täuschen so was wie Schwung vor, sie wollen sich ihre Niederlage nicht eingestehen.
    Tick, Trick und Track und

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