Heinz Strunk in Afrika
die bleiernen Enten haben inzwischen Gefallen an der Bierschlacht gefunden. Ohne Rücksicht auf Verluste oder andere Gäste spritzen und machen sie sich gegenseitig nass, die Leute um sie herum weichen genervt zurück. Trick, total in Rage, zielt erneut auf Track, doch der hat seine Lektion gelernt. Blitzartig zieht er seinen Kopf ein, und der Bierschwall landet volles Rohr in der Visage von Meister Proper. Oje. Das ist zu viel. Betrunken, notgeil, übernächtigt, verzweifelt, gedemütigt und jetzt auch noch von einer Comicfigur besudelt. Ohne Vorwarnung und mit voller Wucht schlägt er Track die geballte Faust ins Gesicht. Jeder andere wäre sofort k.o. gegangen, doch Track sackt nur für einen kurzen Moment weg, dann schüttelt er sich und macht kurzen Prozess. Zwei ansatzlose Gerade, gefolgt von einem Uppercut in den Solarplexus. Meister Proper geht kampfunfähig in die Knie, doch Track zieht voll durch, mit dem Knie in die Fresse, eine Aktion von so roher, viehischer Brutalität sieht man selten. Das Ganze dauert keine fünf Sekunden. Trick reicht ihm das Bierglas. Track leert es mit großen hastigen Zügen, seine Hände zittern.
Meister Proper ist Matsch. Der halb offenstehende Mund gibt den Blick frei auf die auseinanderstehenden, gelben Vorderzähne, aus der Nase läuft rötlicher Schleim, die Augen sind nur noch blutige, geschwollene Beutelchen. Die übrigen Gäste sind auf Abstand gegangen, von der Security keine Spur. Warum auch? Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Endlich kommen seine Freunde zu Hilfe. Aber was sollen sie machen? Sie diskutieren aufgeregt. Sich mit den Brüdern anzulegen ist eine schlechte Idee, eine ganz schlechte Idee. Am besten schaffen sie ihn in eine Ecke und lassen ihn einfach liegen. Irgendwann am nächsten Vormittag kann er sich den anderen krummen, liegengelassenen Menschenresten anschließen, die durch den Müll in ihre Hotels zurückkriechen.
Zeit, die Location zu wechseln.
Bereits am Eingang des
Lolipop
werden wir von zwei Mädchen in extrasexy Weihnachtsoutfits abgefangen, die eine, klein wie eine Elfjährige, spindeldürr, aufgepumpte Brüste, schmiegt sich sofort an C., die andere baut sich so dicht vor mir auf, dass ich die Äderchen auf dem Grund ihrer Iris sehen kann. Blindes, weißes Flattern in den Tiefen der Augäpfel. Sie schwankt, ein dünnes Rinnsal Sabber läuft ihr aus dem Mundwinkel. Ich schreie C. ins Ohr, dass ich sofort wieder wegwill, doch der wird schon von der Kleinen hinter sich hergezogen. Meine starrt mich unvermindert an. Ich werfe über ihre Schulter hinweg einen Blick in den Club. Auf einem verspiegelten Podest müht sich eine Gogotänzerin. Mit echsenhafter Lethargie wickelt sie ihren Körper um die Stange und versucht, sich nach oben zu ziehen, doch plötzlich, als hätte sie der Schlag getroffen, rutscht sie ab und bleibt regungslos liegen. Weder Gäste noch Personal nehmen Notiz von ihr. Kurz bin ich davon überzeugt, dass sie tot ist. Falsch. Sie schüttelt sich und nimmt, noch völlig benommen, ihre Show wieder auf. Meine starrt und starrt und will gar nicht aufhören mit Starren. Ich brülle ihr
Merry Christmas
ins Gesicht. Sie legt den Kopf schief, ihr Mund zerreißt, girrende, hohle, behinderte Laute, als müsste sie erst den ganzen Dreck rauspumpen, dann:
«Candy.»
«Heinz.»
Sie führt mich zu einem Sofa im hinteren Teil der Bar. Die Kleine sitzt bereits auf C.s Schoß. Die Girls fordern uns auf, ihnen 1000 Schilling in den Slip zu stecken. Wir gehorchen. Candy setzt sich rücklings auf mich und bewegt aufreizend ihren Arsch. Ich sehe wohl nicht besonders glücklich aus, denn ein Kellner packt sie unversehens wie eine Katze am Nacken und zerrt sie von mir runter. Was wir trinken wollten. Wir fragen die Frauen. Wodka Red Bull. Der Kellner verschwindet, Candy sinkt zurück in ihre Starre, verbraucht, verwüstet, erloschen, die Kleine torkelt in ein Séparée.
«Was ist hier los, Bursche?»
«Alle esoffen.»
«Da sind noch andere Sachen im Spiel.»
Die Kleine taucht wieder auf. Mit einem Absatz ihrer Pumps hat sie einen Streifen Klopapier aufgespießt; sie zieht ihn, ohne es zu merken, hinter sich her. Sie setzt sich wieder auf C.s Schoß, nimmt seine Hände und presst sie gegen ihre Brüste. In der nächsten Sekunde, mitten in der Aktion, sackt ihr Kopf auf die Brust, als hätte sie das Bewusstsein verloren. Candy streichelt mechanisch meine Hand. Ich schaue sie an, ihr Mund bebt. Es bereitet ihr sichtlich Mühe, die Worte
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