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Heirate keinen Arzt

Heirate keinen Arzt

Titel: Heirate keinen Arzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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Sergeant. Da ist irgendwo ein Heckenschütze - hat Sie am Arm erwischt.«
    Er hielt noch immer seinen Arm umfaßt. »Haben wir sie erwischt?«
    »Auf der Nase, Sergeant.«
    »Die Schweine, die dreckigen.«
    »Glauben Sie, daß Sie mit Ihrem Arm auf dem Bauch kriechen können?« fragte ich. »Es ist jetzt ganz still. Wir können ihn verbinden.«
    »Meinen Sie?« fragte er. Dann flüsterte er rauh: »Duckt eure verdammten Köpfe, bis ich zurückkomme. Korporal, Sie übernehmen den Befehl. Kein Reden, kein Rauchen und keinen von euren verfluchten Köpfen aus dem verfluchten Graben ’rausgestreckt!«
    Die Sache hatte einen Haken. Das Licht in der Diele brannte. Ich wußte nicht, was geschehen würde, wenn wir in die Helligkeit hinauskamen.
    »Lichter aus!« zischte ich durch den Spalt, und zum Glück hörte mich die junge Frau, die, auf jeden Laut begierig, dicht hinter der Tür stand. Es erfolgte ein ermutigendes >Klick<.
    Ganz leise öffnete ich und kroch in den dunklen Gang hinaus. Den Sergeanten hörte ich hinter mir herschleichen. Ich merkte, daß seine Frau ganz nahe stand, und flüsterte ihr zu, sie möchte vorangehen.
    »Wer ist da?« fragte hinter mir die Stimme in höchster Spannung.
    »Maul halten, Sergeant«, faßte ich Mut zu erwidern. »Es ist bloß der Sanitäter.«
    Mit einem grunzenden Laut wurde dies zur Kenntnis genommen.
    Zoll um Zoll durchmaßen wir drei - es mußte ein groteskes Bild sein - den kurzen Weg durch den Gang ins Schlafzimmer. Dort blieben wir einen Augenblick still auf dem Boden liegen. Es war mir nicht wohl bei der Vorstellung, daß wir jetzt, sobald wir Licht machten, geliefert sein würden. Nur eine Chance hatten wir.
    »Taschenlampe?« flüsterte ich der Frau vor mir zu.
    Ich wartete, während sie sich an eine Schublade heranschob, um mir gleich darauf eine in die Hand zu drücken.
    »Bleiben Sie liegen, Sergeant«, sagte ich leise. »Der Sanitäter schient jetzt den Arm.«
    Ich kroch an ihm vorbei, öffnete im Schein der Taschenlampe mein Köfferchen auf dem Treppenabsatz und füllte eine Spritze mit Paraldehyd.
    Er lag bäuchlings auf dem Boden und ließ den Arm schlaff an sich herunterhängen.
    »Nur ein kleiner Stich, Sergeant«, sagte ich mit fester Stimme. Und schneller, als ich jemals gearbeitet hatte, packte ich sein Bein, schob die Pyjamahose in die Höhe und stieß ihm die Nadel in den Oberschenkel.
    »Okay, jetzt«, sagte ich und leuchtete mit der Lampe das Zimmer ab, um mich zu orientieren. »Hopp, auf die Tragbahre mit Ihnen, Sergeant. Helfen Sie mir bitte, Schwester.«
    Die Frau des Patienten spielte die ihr zugewiesene Rolle, und gemeinsam hißten wir ihn aufs Bett.
    »Muß wieder zurück«, protestierte er und fügte dann undeutlich, schon halb betäubt, hinzu: »Wenn die Kerle bloß ihre verdammten Köpfe...« Er sank in die Kissen; ich knipste das Licht an.
    Die Frau nahm ihr eigenes Federbett und breitete es zärtlich über ihn. In ihren Augen standen Tränen.
    »Wie soll ich Ihnen danken«, begann sie. »Als es das letztemal passierte, haben sie ihn mitgenommen. Sie haben nicht begriffen, was los ist. Morgen früh ist er wieder beieinander und wird sich, wie jedesmal, an nichts erinnern.«
    »Passiert ihm das oft?« wollte ich wissen.
    »In den letzten Jahren nicht mehr oft, aber ich habe immer so schreckliche Angst. Manchmal denke ich, wenn ich jetzt was Verkehrtes sage, dann bringt er mich um. Aber ich will ihn nicht fortgeben, Herr Doktor. Ich hab’ ihn lieb, und er weiß von der ganzen Sache überhaupt nichts.«
    »Er hat im Krieg wohl Schweres erlebt?«
    Die junge Frau nickte.
    »Zuletzt war er drei Tage in einem Tank eingeschlossen und konnte nicht ’raus. Das muß doch jeden um den Verstand bringen. Und dabei ist er sonst die meiste Zeit sanft wie ein Lamm.«
    »Kinder?«
    Zum erstenmal lächelte sie. »Drei«, nickte sie, blickte dann jedoch gleich wieder ihren Mann an.
    Sie bot mir eine Tasse Tee an, die ich dankend ablehnte, denn ich wollte so schnell wie möglich ins Bett zurück und bat sie, mir Zu berichten, falls ihr Mann beim Erwachen nicht wieder »wie gewöhnlich« sei. Sie sagte, sie dürfe ihn auf keinen Fall über das, was geschehen war, aushorchen, das wisse sie, und damit wünschten wir einander gute Nacht.
    Es war vier Uhr, als ich wieder im Bett lag, und ich warf mich eine Stunde lang von einer Seite auf die andere, weil das Bett inzwischen kalt geworden war. Schließlich stand ich auf und legte meinen Überzieher über die Decke, worauf

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