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Heirate keinen Arzt

Heirate keinen Arzt

Titel: Heirate keinen Arzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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erklären, wieso ich hier bin! Sie mag mich sowieso nicht.«
    »Nehmen Sie sich’s nicht zu Herzen«, erwiderte ich, »es gibt nicht allzu viele, die sie überhaupt mag. Danke vielmals für Ihren Besuch. Ich fühle mich seit Ihrer Pflege viel besser.«
    Sie lächelte.
    »Ich freue mich immer, wenn ich mich um jemanden kümmern kann«, sagte sie. »Bitte, lassen Sie’s mich wissen, wenn ich sonst je irgend etwas für Sie tun kann.«
    »Ja, gern«, versicherte ich ihr. Leise schloß sie die Türe hinter sich. Nur ihr Parfümduft blieb im Zimmer, und ich muß sagen, es war tatsächlich kein so unangenehmer Duft.
     

ELFTES KAPITEL
     
    Dank Phoebe Millers Behandlung dauerte meine Erkältung zum Glück nur einen Tag. Schon am nächsten Morgen war ich, wenn auch noch nicht ganz der Alte, so doch fieberfrei und fähig, in der J Sprechstunde zu erscheinen. Der alte Hodge hatte wirklich sich selbst überboten, und der Raum, in gelbes Licht getaucht, sah sau- ber, gepflegt und freundlich aus.
     
    Einer großen Zeitvergeudung war ich schon längst auf die Spur gekommen. Gerne hätte ich etwas dagegen unternommen. Doch fiel
    mir nichts ein, was ohne große bauliche Änderungen möglich gewesen wäre. Mußte ich im Spital nämlich einen externen Patienten untersuchen, dann lag er, wenn ich bereit war, schon ausgekleidet auf dem Untersuchungstisch. War ich mit ihm zu Ende, dann konnte ich mich ohne Zeitverlust dem nächsten widmen, der ebenfalls ausgekleidet meiner harrte. In meinen Praxisräumen war all das komplizierter. Wenn ich es für nötig fand, Mrs. Jones zu untersuchen, mußte ich daumendrehend an meinem Schreibtisch warten, bis sie ihren Mantel abgelegt, ihre Hutnadeln herausgezogen, sich ihrem Kleid entwunden, ihren Unterrock abgestreift und ihr Korsett aufgehakt hatte. Dies dauerte nicht allzulange, und ich mußte die Daumen nicht allzuoft umeinanderdrehen, ehe sie fertig war. Etwas anderes jedoch war es beim Wiederankleiden. Ich hätte mindestens zwei andere Patienten in der Zeit behandeln können. War sie dann glücklich zum Gehen bereit, dann pflegte mein Löschblatt randvoll mit meiner Lieblingszeichnung, kleinen Häuschen, aus deren Schornstein dichter Rauch quoll, bekritzelt zu sein. Im Augenblick war das Problem unlösbar. Ich hätte ein zweites kleines Untersuchungszimmer gebraucht, in dem ein Patient sich an- und auskleiden konnte, während ich mir im Sprechzimmer einen oder zwei andere vornahm. Nun mußte vorläufig alles beim alten bleiben. Das einzig Tröstliche an der Sache war, daß die jüngeren und schlankeren Frauen meist im Nu fertig wurden. In der Regel machten mir die Sprechstunden Spaß. Abgesehen von der medizinischen Praxis fand ich bald heraus, daß ich eine Art Briefkastenonkel oder ein Beichtvater sein sollte. Ich erteilte Ratschläge über Ehe und Liebesleben, Ferien und Familienplanung,, unterschrieb Formulare für Pässe, Schwangerschaftsbeihilfen und Extrakoks für den Boiler. Ich besprach mit jungen Müttern die relativen Nährwerte pürierter Karotten und gehackten Spinats, mit älteren Müttern den relativen Wert der Heiratskandidaten ihrer Töchter. Sollten jemals obligatorische Gesundheitszentren geplant werden, um den Ärzten regelmäßige Arbeitsstunden zu sichern wie den Ladenverkäufern, so würde ich bis zum letzten Blutstropfen dagegen ankämpfen. Schon meine paar ersten Praxismonate hatten mir eindrücklicher, als alle Propaganda es tun könnte, gezeigt, wie wichtig es ist, die Familie als Ganzes zu behandeln. Hätte ich den kleinen Jimmy nur als irgendeinen Jungen behandelt, ich würde vielleicht nie gemerkt haben, daß sein nervöser Tick, sich am rechten Ohr zu kratzen, der unablässigen Nörgelei seiner Mutter zuzuschreiben war. Wie die Dinge lagen, kurierte ich die Mutter erst von ihrer Nörgelei, deren Ursache in einer stark überaktiven Schilddrüse lag, und ging darauf Jimmys ärgerliche Gewohnheit mit Erfolg an. Fast immer hing die Besserung des schlechten Benehmens bei Kindern von der willigen Mitarbeit der Eltern ab. Weil ich die alte Mrs. Higgins behandelte, die Magenkrebs hatte, war ich einzig dadurch imstande, , die junge Mrs. Higgins von ihren eingebildeten »fürchterlichen Magenschmerzen« zu befreien, daß ich ihr versicherte, sie leide weder an der gleichen Krankheit wie ihre Schwiegermutter noch an irgend etwas sonst. In aller Bescheidenheit darf ich behaupten, daß meine bloße Gegenwart in zahlreichen Fällen rasche Erholung be- wirkte. Mrs. Brown

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