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Heirate keinen Arzt

Heirate keinen Arzt

Titel: Heirate keinen Arzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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sämtliche Patienten war nun in den Kartothekkästen gleichviel Raum, und stets prangte auf meiner Schreibunterlage ein sauberes Löschblatt.
    Gemeinsam hatten Miss Hornby und ich uns außer zwei Ablegekörben auch mit einem Datumstempel versehen, einem neuen Spielzeug, dessen Anziehungskraft bei mir nicht nachließ, bis ich mehrere Rezeptblöcke mit verschmierten Daten geziert hatte. Wir waren somit ein wohlorganisierter Betrieb geworden, dessen einziger Übelstand war, daß ich jetzt, wenn ich etwas brauchte, statt alles danach zu durchstöbern, nicht mehr wußte, an welchem Ort es zu finden wäre, und mich bis zu Miss Hornbys nächstem Arbeitsnachmittag gedulden mußte. Auch die Freundin meiner Sekretärin — eine langbeinige blonde Frau, die einen Laden für Damenkleider führte - erwies sich als wertvoll. Nicht nur, daß sie Miss Hornby geholfen hatte, die Antworten an die übrigen' Anwärterinnen auf deren Posten zu beantworten, sondern sie hatte uns auch eine Reihe nett aussehender Schachteln für die verschiedenen Zeitschriften im Wartezimmer umsonst zur Verfügung gestellt. Selbst mein Buchhalter hatte Vorteile von Hornby & Co. Während ich früher einfach die mittlere Schublade meines Schreibtischs zu ihm gebracht und den Inhalt auf seinen Teppich ausgeleert hatte, kam ich jetzt mit sauber verschnürten Päckchen angefahren. Das Dasein war für uns alle einfacher geworden.
     
    Am Morgen der Einladung zu Sir Monmouth Higgins stand ich einem Dilemma gegenüber: Sollte ich in dunklem Anzug oder Smoking erscheinen? Den ganzen Vormittag plagte mich diese Frage, bis mir Faraday einfiel, der ja auch dort eingeladen gewesen war und mir Bescheid sagen konnte. Ich rief daher in seinem Spital an, und das erwies sich als sehr gut.
    »Unbedingt Smoking«, beschied mich Faraday. »Bei denen geht es nämlich fürchterlich fein zu.«
    Natürlich hätte ich ihn vorher anprobieren sollen, aber es war mir nicht in den Sinn gekommen, daß ich dicker geworden sein könnte. Der Smoking hatte mir gleich zu Anfang nicht sehr gut gepaßt, da er nicht für mich, sondern für einen Freund angefertigt worden war, dem ich ihn für unseren letzten Schlußball im Spital abgekauft hatte. Inzwischen war er entweder enger geworden oder, was wahrscheinlicher war, ich meinerseits hatte an Umfang zugenommen. Auf jeden Fall konnte ich die Hose nicht zukriegen, und wenn ich die Jacke zuknöpfte, rang ich nach Atem. Ich hätte mich am liebsten geohrfeigt und überlegte aufgeregt, wer von meinen Bekannten, der ungefähr meine Maße hatte, mir einen Abendanzug leihen könnte. In Lovedays Anzüge wäre ich zweimal hineingegangen, unter den befreundeten Kollegen war kein einziger Mann, und bei meinen Patienten mochte ich nicht anfragen.
    »Da müßte eine mit Nadel und Faden her«, ließ sich der alte Hodge von seinem bequemen Küchenlehnstuhl aus vernehmen, wo er Mrs. Little »vertrat«. »Dumm, daß Mrs. Little ins Kino ist!«
    Er zog an seiner Pfeife und betrachtete mich seelenruhig, während ich vor ihm stand und verzweifelt meinen Hosenbund zusammenhielt. Was machte es ihm auch aus, wenn ich nicht rechtzeitig und passend angetan bei den Higgins erschien?
    Sehr wider Willen, doch der Not gehorchend, rief ich Betty Hume an. Fünf Minuten drauf war sie bei mir oben im Schlafzimmer und steckte meinen Anzug kunstgerecht ab. Dann ging sie mit ihrem Arbeitskorb diskret hinunter, und ich warf ihr das Corpus delicti über die Treppe nach, um mich weiterhin meiner übrigen Toilette zu widmen. Als ich soweit war, hatte sie zwei Fältchen am Hosenbunde ausgelassen und die Knöpfe an der Jacke vorgesetzt. Damit sah der Anzug zum erstenmal, seit ich ihn besaß, so aus, als sei er für mich gemacht. Ich raste, denn die Zeit begann knapp zu werden, wieder die Treppe hinauf, um mir ein frisches Taschentuch für die Brusttasche zu holen, und dann wieder hinunter, um mich von Betty zu verabschieden. Sie räumte gerade ihren Arbeitskorb auf.
    »Kommen Sie mal einen Augenblick her«, sagte sie. »So können Sie unmöglich gehen.«
    Sie zog die Schleife meiner Binde auf, an der ich mich minutenlang abgemüht hatte, und legte mir die Arme um den Hals, um sie frisch unter den Kragen zu legen. Ich überlegte dabei, wie nützlich es sein könnte, solch eine Frau im Hause zu haben.
    An der Schwelle des Higginsschen Hauses, eines imposanten georgianischen Baus, angelangt, warf ich die Schultern zurück und räusperte mich gehörig, ehe ich läutete. Da ich dem

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