Heiratsmarkt
lud sie die scharfgesichtige Dame ein, Platz zu nehmen, und Wicken, der seine Gefühle mit keinem Wimperzucken verriet, hielt der übrigen Gesellschaft die Tür auf.
Inzwischen war James die Treppe zum Ankleidezimmer des Marquis emporgestiegen und hatte an die Tür geklopft. Es war ein sehr leises, Entschuldigung heischendes Klopfen, da der Marquis Leuten gegenüber, die vor Mittag Zutritt zu seinem Zimmer begehrten, berüchtigt schlechter Laune war. James musste noch einmal klopfen, diesmal etwas lauter. Er wurde nicht aufgefordert, einzutreten - stattdessen wurde die Tür von dem sehr überlegenen Kammerdiener Seiner Lordschaft geöffnet, der das Eindringen des Lakaien als ein Sakrileg zu betrachten schien und mit leiser Stimme empört zu erfahren wünschte, was James denn wolle.
„Es ist dringend, Mr. Knapp!", flüsterte James. „Mr. Wicken sagte, ich solle es Seiner Lordschaft sagen!"
Diese Worte wirkten, wie James vorausgesehen hatte, tatsächlich als Pass. Knapp erlaubte ihm einzutreten, beschwor ihn jedoch, immer noch mit gedämpfter Stimme, sich ja nicht von der Schwelle zu rühren noch das geringste Geräusch zu verursachen, bis man ihn rufen würde. Dann kehrte Mr. Knapp auf leisen Sohlen zum Toilettentisch zurück, an dem Mylord saß, mit der wichtigen Aufgabe beschäftigt, sein Halstuch zu arrangieren.
Nur seine Schwestern hatten Alverstoke gelegentlich als Dandy gebrandmarkt. Er übernahm keine der übertriebenen Modeschöpfungen, mit denen sich die jüngeren Angehörigen dieser Gruppe lächerlich machten, und die Mr. Brummeil sicher angewidert hätten, wäre jener bemerkenswerte Mann noch immer der arbiter elegantiarum von London gewesen. Mr. Brummeil, den widrige Umstände gezwungen hatten, sich auf den Kontinent zurückzuziehen, lebte verborgen an irgendeinem geheimnisvollen Ort, doch die modisch bewussten Angehörigen seiner Generation waren von den Lehrsätzen, die er festgelegt hatte, nicht abgewichen.
Alverstoke, drei Jahre jünger als Brummell, war diesem in seinen strahlenden, turbulenten Tagen der Jugend begegnet und hatte schleunigst all seine bunten Westen, auffallenden Krawattcnnadeln und zahllosen Anhänger und Siegel verbannt. Ein Mann, dessen Aufmachung die Aufmerksamkeit auf sich zog, hatte Mr.
Brummell erklärt, war kein gut angezogener Mann. Untadelige Wäsche, perfekt geschnittene Jacken und das gefällige Arrangement seiner Halstücher waren die untrüglichen Kennzeichen des Mannes von Welt. An diese einfachen Regeln hatte sich Alverstoke hinfort gehalten und durch Geduld und Übung den Ruf erlangt, einer der elegantesten Männer Londons zu sein. Er verachtete es, die alberne Mode der gestärkten Hemdkragenspitzen mitzumachen, die so hoch waren, dass sie seinen Blick behindert und es ihm unmöglich gemacht hätten, den Kopf zu drehen, und Kniffligkeiten wie Krawatten in geometrischer oder orientalischer Anordnung. Er entwickelte daher seine eigene Halstuchmode: diskret und dennoch so erlesen, dass es Neid in der Brust der jüngeren Generation erweckte.
James war sich dessen wohl bewusst, und da es sein geheimer Ehrgeiz war, zum persönlichen Kammerdiener zu avancieren, war die Ermahnung Knapps ganz unnötig. Um kein Trinkgeld der Welt hätte er den Marquis in einem solchen Augenblick gestört. Er sah durchaus nichts Lächerliches an der Einstellung des Marquis.
Es tat ihm nur leid, nicht rechtzeitig gekommen zu sein, um sich die geschickte Drehung anzusehen, die der Marquis dem ziemlich breiten Musselintuch gegeben hatte, bevor er es um seinen Kragen schlang. Offensichtlich war dieser Kunstgriff gelungen, denn Knapp hatte die sechs oder sieben Halstücher weggelegt, die er bereitgehalten hatte, um sie dem Marquis zu reichen, falls dessen erste Versuche misslungen wären. Nun blickte der Gentleman zur Decke. Fasziniert beobachtete James, wie er das Kinn allmählich senkte, wobei der schneeweiße Musselin geschickt in dauerhafte Falten zurechtgekniffen wurde. In einem mitteilsamen Augenblick hatte Knapp James einmal erzählt, alles, was Seine Lordschaft tat, um diese wunderschönen Falten zu erzielen, sei, seinen Unterkiefer vier- bis fünfmal herabfallen zu lassen. Es hatte einfach geklungen, und einfach sah es aus; aber James' aufkeimender Instinkt für gute Kleidung sagte ihm, dass es ganz und gar nicht leicht war. Er hielt während des Vorgangs den Atem an und holte erst Luft, als der Marquis nach kritischer Inspektion des Ergebnisses seiner Geschicklichkeit den
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