Heirs of Kilronan 01 - Geheimnisvolle Versuchung
öffnete, war die Bestie in den dunkelsten Winkel seiner Seele zurückgewichen. Diesmal war sein Blick klar und frei von Düsternis, was seine Worte nur umso beängstigender machte.
»Hast du je daran gedacht, Cat, dass dieser Krieg bereits begonnen hat?«
Cat warf einen raschen Blick durch das dunkle Zimmer, dessen Möbel sich nur als schwarze Umrisse von der Finsternis abhoben. Diesmal wusste sie jedoch, wohin sie ging. Ohne Zögern und mit nur ein oder zwei Vorbehalten und Bedenken, die sie bei ihrem ersten Exorzismus übersehen hatte.
Aidan würde nicht gefallen, was sie vorhatte. Aber Aidan war nicht hier, um sie aufhalten zu können. Sie hatte abgewartet, bis er schlief. Endlich.
Stundenlang war er unruhig herumgelaufen – sein Hinken war bei jedem Schritt noch deutlicher geworden, die Falte zwischen seinen Brauen noch tiefer –, bevor er schließlich in einen erschöpften Schlaf gefallen war.
Stunden, in denen Cat sich ihren Plan zurechtgelegt hatte, Mut gesammelt und sich in ihrer Entschlossenheit bestärkt hatte.
Mit ihrem Talent für Sprachen hatte ihr Engagement begonnen, ihr Talent fürs Stehlen würde es beenden.
Nachdem sie mit einem geringfügigen Zauber eine Kerze angezündet hatte, schlug sie einen unerschütterlichen Kurs ein, ließ ihren Kohleneimer am Kamin stehen und ging zu einer niedrigen Truhe auf der anderen Seite eines hohen Betts.
Auf den Fersen hockend, bearbeitete sie das Schloss mit der flachen Seite eines Messers, das sie beim Abendessen eingesteckt hatte. Eine geschickte Drehung, und das Schloss sprang auf.
In der Truhe fand sie ein Bündel Briefe, das von einem ausgefransten Band zusammengehalten wurde. Eine zerfledderte Sammlung von Shakespeares Werken. Einen Fächer mit einer zerbrochenen Strebe. Eine gefaltete Länge Moiré und eine zweite aus lindgrünem Musselin. Ein Sträußchen getrocknete Blumen.
Im Laufe ihrer Suche legte sie jeden Gegenstand beiseite und bemühte sich, nicht an die Frau zu denken, der diese Truhe einmal gehört hatte. Eine Frau, deren Leben von dem Bestreben ihres Mannes, König Artus wiederauferstehen zu lassen, zerstört worden war. Heute, sechs Jahre später, gedachte Cat auf keinen Fall zuzulassen, dass ein weiterer Douglas dieser fixen Idee geopfert wurde. Nicht, wenn sie es verhindern konnte.
Ganz unten in der Truhe lag ein Buch, eingehüllt in Stoff und schwer von Geheimnissen.
Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie es, mit feuchten Händen und zitternden Fingern, aus der Truhe nahm. Mit einem tiefen, stärkenden Atemzug entfernte sie den Stoff. Während sie mit einem Finger den Vogel mit ausgebreiteten Flügeln nachstrich, formte sie mit den Lippen das Douglassche Familienmotto: Das Glück ist mit den Starken .
Mit beiden Händen trug sie es zum Kamin und hockte sich vor den Rost, legte zerknülltes Papier darunter und schichtete trockene Zweige zum Anzünden darüber. Als Letztes kamen noch ein paar Stücke Kohle aus dem Eimer dazu.
Das war es. Sie konnte den Erfolg schon förmlich schmecken.
Wieder rief sie die magische Energie in ihrem Blut zu Hilfe. Eine Magie, die von ihren Vorfahren in einer ununterbrochenen Abfolge von Anderen weitervererbt worden war, von Söhnen und Töchtern, die die gefährliche Grenze zwischen den Welten der Sterblichen und der Magier beschritten hatten.
Das Papier und trockene Holz fingen Feuer und sandten einen Funkenregen den schwarzen Kamin hinauf.
Würde sie je wieder ein eigenes Kind in den Armen halten und wissen, dass sie ein Glied in einer Kette geworden war, die bis weit in die Vergangenheit zurückreichte? Und sich in die Zukunft erstreckte? Oder würde das Blut der Anderen , das ihr Vater ihr geschenkt hatte, mit ihrem Tod versiegen? Und niemand blieb, um sich ihrer Familie zu erinnern?
Nun fing auch die Kohle Feuer. Beißender Rauch stieg Cat in die Nase. Flammen züngelten über den Rost, spiegelten sich in den gotischen Kaminbestecken wider und schlugen hoch in den Kamin.
Cat schloss die Augen und sah Williams bläulich angehauchtes Gesichtchen und die winzigen Fäuste. Sein Name und sein Gesicht hatten nicht mehr das Verschwommene alter Erinnerungen, sondern waren so klar und frisch in ihrem Kopf, als wäre sie gerade erst von seiner Wiege zurückgetreten.
Das war Aidans Geschenk an sie.
Das durch Magie belebte Feuer toste und prasselte im Kamin und warf bizarre Schatten auf die Wände. Seine Hitze rötete Cats Wangen und trieb ihr die Tränen in die Augen.
Das Tagebuch schien
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