Heirs of Kilronan 01 - Geheimnisvolle Versuchung
Mit verwirrtem Blick hob er die Hände und hielt sie mit den Handflächen nach oben. »Warum?«
Sie schaffte es, ein tapferes Lächeln aufzusetzen. »Weil du und ich ein Traum sind. Aber es wird Zeit, dass wir aus diesem Traum erwachen. Und für mich ist es an der Zeit, Miss Osborne das Feld zu überlassen.«
Die Falte zwischen seinen Brauen vertiefte sich, und seine Lippen wurden schmal. »Muss ich das nicht entscheiden?«
»Ich habe das Recht auf deine Liebe vor drei Jahren in einer Dubliner Mansarde mit dem Namen eines anderen Mannes auf meinen Lippen verloren. Hätte ich gewusst, dass ich dir einmal begegnen würde ...« Sie zuckte die Schultern. »Es tut mir leid, Aidan.«
»Und wenn ich bereit wäre, darüber hinwegzusehen?« Seine Worte hatten einen gereizten Beiklang, und seine Augen glitten zu ihrer Taille, bevor er seinen Blick wieder zu ihr erhob.
Cat legte die Hände auf ihren flachen Bauch und lächelte durch einen Schleier von Tränen. »Das würde man dir nie erlauben, nicht einmal eine Minute lang. Sieh dich doch mal um, Aidan! Du brauchst eine Frau, die mehr in die Ehe mitbringen kann, als Klatsch und Seitenblicke. Du hast gut daran getan, Miss Osborne zu umwerben. Sie ist die Frau, die dein Vermögen und dein Zuhause wiederherstellen kann. Sie ist deine Zukunft, Aidan.«
Wieder streckte er die Hand nach ihr aus, aber sie wich ihm mit einer schnellen Bewegung aus, die sie zur anderen Seite des Raums hinüberbrachte. In sichere Entfernung von seinen Händen und in Sicherheit vor ihrer eigenen Schwäche.
»Ich habe dir einmal gesagt, ich würde dich nicht fallen lassen, Cat«, erinnerte er sie. »Vertrau mir.«
Ihre Hand lag schon auf dem Türknauf, dessen kühle Festigkeit wie ein Rettungsanker vor der samtenen Stimme war, die sie umzustimmen versuchte. Sie wollte ihm so gerne glauben und sich eine Zukunft ausmalen, die über die der behüteten, verzärtelten Geliebten hinausging. Sie wollte nicht nur Aidans Körper, sondern auch sein Herz und Leben mit ihm teilen.
»Nein, Aidan«, antwortete sie. »In dieser Sache musst du mir vertrauen.«
24. Kapitel
D ie See schimmerte wie poliertes Zinn, und die Linie des Horizonts war von dem grauen Himmel über dem Wasser nicht zu unterscheiden. Dunkle, tief hängende Wolken ballten sich zusammen, und der auffrischende Wind war ein Vorbote des in der Luft liegenden Regens.
Aidan hatte wieder geträumt. Die Gegenwart des Unsichtbaren war nicht nur immer noch zu spüren, sondern gewann zudem auch noch an Kraft. Beim Erwachen hatte er das Brennen der Narbe an seiner Brust bis in die Muskeln hinein gespürt, deren pochender Schmerz sich wiederum bis in seine Knochen hineinbohrte ... und ihn zu einer Konfrontation zu bewegen versuchte, die er zweifellos verlieren würde.
War es ihm ernst gemeint gewesen, was er Cat gesagt hatte? Spielte es eine Rolle, ob Máelodor das Tagebuch bekam? Ob er die geheiligten Gegenstände fand und Artus zum Leben wiedererweckte, um einen weiteren Versuch zu starten, die Anderen zu einer grandiosen magischen Armee zu vereinen? Oder würde eine auf Duinedonschem Blut gründende Welt überhaupt noch eine sein, in der es sich zu leben lohnte? Würde seine Rasse dann nicht ihre Menschlichkeit geopfert haben bei einem nutzlosen Versuch, ein Universum zu erlangen, das es außer in Geschichten nie gegeben hatte? Wie die sogenannten Verlorenen Zeiten, die nicht verloren, sondern schlicht und einfach nur erfunden waren?
Die Teile des Spiels waren von seinem Vater gesammelt worden – die Rywlkoth Tapisserie und der Sh’vad Tual.
In Gang gesetzt worden war das Spiel durch die Entdeckung des Tagebuchs. Durch Cats Übersetzung.
Und Aidan war klar, dass er sich jetzt für eine Seite entscheiden musste.
Heute Morgen war er verschlafen, mit einem dicken Kopf und leeren Händen hergekommen. Ohne Seile, Axt und Haken, da er nicht die Absicht hatte, den Aufstieg zu den Klippen zu versuchen. Stattdessen sammelte er Steinchen am Felsenstrand, ließ sie über das Wasser tanzen und suchte Antworten in der unendlichen Weite des Ozeans.
Doch selbst diese Bemühung hatte er schon aufgegeben, als Jack ihn vor einem nassen, von der Ebbe freigelegten Felsen fand. Die aufsprühende Gischt versilberte sein dunkles Haar und verkrustete seine Wangen wie getrocknete Tränen.
Der Schatten seines Cousins fiel über den Strand und ließ die Schleimfische auf der Oberfläche der Wasserlöcher unter die Felsen abtauchen. »Ist es wahr? Hast du wirklich
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