Heirs of Kilronan 01 - Geheimnisvolle Versuchung
die das Ende ankündigen würde.
Cat warf sich zwischen die beiden Männer und ließ nicht locker, obwohl ihr Herz gegen ihre Rippen hämmerte und jede Sekunde in dem Torhaus wie eine Sekunde in der Hölle war. Feuer, Rauch und Asche umgaben sie. Sie hustete, weil die Hitze ihre Lungen versengte und ihre Kehle wie ausgedörrt und wund war. Das schrille Wiehern des Pferdes war schon lange zu einer Note mehr in einer Sinfonie der Zerstörung geworden.
»Es ist vorbei! Er ist tot! Nehmen Sie das Tagebuch und verschwinden Sie«, krächzte sie. »Gehen Sie!« Lazarus zögerte. Das Glühen des Feuers spiegelte sich in seinen unergründlich dunklen Augen wider. »Sie haben gewonnen!« Sie schloss die Augen und wandte das Gesicht ab, straffte die Schultern, hob den Kopf und wappnete sich für den Schwertstreich.
Sie betete, dass es schnell gehen möge. Schnell und sauber. Und dass sie all die, die sie verloren hatte, auf der anderen Seite wiederfinden würde.
Die Magierenergie beherrschte ihn. Unterdrückte ihn. Verstärkte ihre geballte Kraft und Energie auf ihn, bis er nicht mehr atmen und nicht mehr denken konnte. Sie wollte zuschlagen, wollte Blut. Wollte ihn mit Haut und Haar verschlingen, bis Hass und Mord und Tod das Einzige waren, woran er sich erinnerte. Alles, was er wusste.
Er war nicht immer so gewesen. Nicht immer hatte er nichts als Tod gekannt. Nein, es hatte eine Zeit gegeben, in der mit Freunden gelacht hatte, eine Frau beglückt und einem König Ehre erwiesen hatte.
Die dunkle Magie, die ihn aufrechterhielt, verdoppelte sich an Kraft und schlug ihre Fänge in ihn wie Speere ins Gehirn. Der Großartige bestimmte. Seine Befehle waren klar gewesen – er sollte es beenden. Und er durfte keine Zeugen hinterlassen. Niemanden, der die Wahrheit kannte. Er musste alle töten. Er, Lazarus, war vom Tode wiedererweckt worden. Er hatte zu gehorchen.
Er schrie auf. Wehrte sich und stärkte das Böse. Und in den winzigen Rissen in seinem Geist entstand eine Erinnerung. An eine Nacht wie diese, dunkel und sternenlos, feucht vom Regen und einem Wind, der von der See herüberkam. Um ihn herum kämpften Männer um ihr Leben und starben, als sie in der sommerlichen Kühle eines walisischen Walds in einen Hinterhalt gerieten.
Er war ausgerutscht und gefallen, und eine Gestalt in Stahlhelm und ledernem Brustpanzer – gesichtslos unter dem Nasenschutz, alterslos in der Rüstung –, ihm den tödlichen Hieb versetzt hatte. Einen mächtigen Schwertstreich in den Bauch, einen weiteren ins Herz. Er war tot gewesen, bevor sein letzter Gedanke zu einem schäumenden Meeresstrand geflogen war. Vergiss mich nicht. Vergiss mich nicht ...
Er bemühte sich nach Kräften, diesen letzten klaren Augenblick eines anderen Zeitalters wieder einzufangen. Aber der Name war ihm entfallen. Ihr Name. Seine Verbindung zu einer Vergangenheit, die sich auflöste wie eine Wolke, wann immer er danach greifen wollte.
Nur die Frau war ihm klar und deutlich in Erinnerung geblieben.
Dunkelhaarig, von zierlicher Gestalt und mit Augen blau wie Enzian.
Er hütete ihr Bild wie einen Talisman.
Lazarus senkte sein Schwert ...
... und gab den beiden Liebenden vor ihm noch eine zweite Chance. Eine, die er selber nie erhalten hatte.
Lazarus verschwand im Hintergrund des Hauses, durch Flammen und erstickenden Rauch hindurch.
Was hat ihn veranlasst, nachzugeben?, fragte sich Cat. Was hatte sie getan, um diese gefühllose, von einem Magier ins Leben gerufene Kreatur zu erweichen? Oder hatte es seine Ursache in ihm selbst? In einem nicht minder harten, inneren Kampf, von dem sie gar nichts mitbekommen hatte?
Ein Balken, der sich löste und krachend in die Flammen fiel, riss sie aus ihren nutzlosen Überlegungen. Spielte es überhaupt eine Rolle, was Lazarus umgestimmt hatte? Er war fort, und sie lebte. Noch. Denn mit jeder Sekunde schossen neue Flammen auf, und neue Funken entfachten Feuer überall um sie herum.
Cat packte Aidan unter den Armen und kämpfte mit seinem Gewicht, als sie ihn durch Asche schleifte, die dick wie ein Teppich den Fußboden bedeckte. Sein Rock verfing sich an einer Diele, einem hervorstehenden Nagel, der den Stoff zerriss. Er half ihr nicht, ihn zu bewegen, und er gab auch keinen Laut von sich. Aber seine braunen, goldgefleckten Augen, in denen sich die Flammen spiegelten, schienen sich geradezu in sie hineinzubrennen.
Glas zersplitterte. Rauch überzog ihre Lungen, bis aus Atmen Keuchen wurde und sie am Ende nur noch die Luft
Weitere Kostenlose Bücher