Heirs of Kilronan 01 - Geheimnisvolle Versuchung
Haut.
Etwas, dass Jeremy trotz all seines Reichtums nie hatte erlangen können.
Nur Kilronans schlichter Rock und seine Lederhose, der Zigarillogeruch, der in seinen Kleidern hing, und die Klugheit seiner scharfen Augen deuteten darauf hin, dass dieser Earl etwas anderes sein könnte als der typische, verschwenderische Bonvivant, der seine Tage in gepflegter aristokratischer Langeweile verbrachte. Und seine Nächte zwischen den Beinen seiner neuesten Mätresse.
Ein Schauer der Erregung – oder Vorahnung – durchlief Cat, und ihr war, als schlitterte sie aus einer lediglich gefährlichen Situation in eine Katastrophe.
»Warum? Weil das Buch meinem Vater gehörte«, antwortete er. »Ich fand es unter seinen persönlichen Dingen, nachdem ...« Er ging zum Fenster und schob die Gardine beiseite, um einen Blick hinauszuwerfen. Dann wandte er sich ihr wieder zu. »Mein Vater wurde ermordet, Cat. Vor sechs Jahren von den Mitgliedern des Amhas-draoi . Haben Sie von ihnen gehört?«
»Sie sind Soldaten der Kriegerprinzessin Scathach und Hüter der Trennung zwischen Mensch und Magier.« Cat hatte einmal einen Amhas-draoi gesehen, und wenn auch nur aus der Entfernung. Er war ein Hüne von einem Mann gewesen, mit den starken Muskeln eines Kämpfers und einem Blick wie ein Rasiermesser, der ebenso sehr Gewalt wie auch Magie ausstrahlte. »Was hat der verstorbene Earl getan, um den Zorn der Amhas-draoi zu erregen?«
Kilronan durchquerte das Zimmer mit einem seltsam schleppenden Gang, als verliefe ein unsichtbarer Draht von seiner Wirbelsäule in sein Bein. Bei ihrer Frage blieb er jedoch stehen. »Getan?« Er hielt inne, als überlegte er, was die beste Antwort darauf war.
Cat legte fragend den Kopf ein wenig schief, aber Aidan führte den Gedanken nicht zu Ende. Stattdessen zog er einen Zigarillo aus der Tasche und zündete ihn am Kaminfeuer an. Nach einem langen, tiefen Zug daraus warf er ihn achtlos wieder in das Feuer. Als er sich wieder aufrichtete, verlor sich seine Erbitterung, oder jedenfalls bis auf den grimmigen Blick in seinen Augen. »Ich habe alles verloren in der Nacht, in der mein Vater ermordet wurde.«
»Bis auf Ihren Titel. Ihren Besitz, Ihre Einkünfte ...«
»Ein schwacher Trost, als ich mitansehen musste, wie meine Familie auseinanderbrach«, knurrte er, aber sein Ärger schien mehr sich selbst als ihr zu gelten.
War ihm das nervöse Trommeln seiner Finger an seinem Bein bewusst? Oder war es eine Angewohnheit von ihm? War sein Hinken die Folge einer alten Verletzung oder eines erst kürzlich geschehenen Unfalls? Cat wünschte, sie hätte den Mut, danach zu fragen, aber sein grimmiges Gesicht ließ keine Fragen zu. Bis jetzt hatte er sich auf Zuckerbrot beschränkt, aber sie zweifelte nicht daran, dass er auch die Peitsche anwenden würde, falls es nötig war.
In den langen, leeren Stunden der vergangenen Nacht hatte sie beschlossen mitzuspielen, bis sich eine Möglichkeit zur Flucht ergab. Bis jetzt, trotz Kilronans gegenteiliger Versicherungen, war sie aufmerksam beobachtet, wenn nicht sogar regelrecht bewacht worden. Aber sie würde bereit sein, wenn die Zeit kam. Und selbst wenn sie nicht mit dem Tagebuch zu Geordie zurückkehren konnte, würde sie doch zumindest wieder ihre Freiheit haben.
»Ihr versuchter Diebstahl bestätigt nur, was ich schon die ganze Zeit vermutet habe: Das Tagebuch ist der Schlüssel, um zu enträtseln, was geschehen ist. Und die Frage nach dem Warum zu klären«, fuhr Kilronan fort.
Mit vor der Brust verschränkten Armen lehnte er sich an seinen Schreibtisch und bedachte Cat mit einem Blick, der Milch gerinnen lassen könnte. Er war wieder ganz der unbarmherzige Aristokrat von gestern Nacht. Einschüchternd, nüchtern und, alles in allem, viel zu souverän und selbstbewusst. Cat glaubte, die Schärfe seines Blickes bis ins Innerste zu spüren. Und wieder durchfuhr sie dieses seltsam elektrisierende Prickeln und weckte Empfindungen, die sie mit ihrem kleinen Sohn zusammen begraben geglaubt hatte.
»Jemand hat dich angeheuert, Cat. Er wird sich fragen, was geschehen ist, wenn du nicht erscheinst. Und vermutlich wird er herkommen, um nach Antworten zu suchen. Ist er jemand, den ich fürchten sollte?«
Sie zuckte die Schultern, ganz kribbelig vor Nervosität.
Kilronan trug die Zähigkeit eines Kämpfers in seinem schlanken, aber muskulösen Körper, in seiner langgliedrigen, breitschultrigen Arroganz und seinen tüchtigen, offenbar von der Arbeit rauen Händen. Aber es
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