Heirs of Kilronan 01 - Geheimnisvolle Versuchung
jeden Moment damit, von einer Hand am Kragen gepackt zu werden, die sich wie eine eiserne Faust um ihren Nacken legen würde.
Im Laufen beschwor sie die Konfusion des spyrel visouth herauf und benutzte den Zauber, um ihr Haar und ihre Kleidung zu verbergen. Mit etwas Glück würde das genügen, um sich in dem Gewimmel von Menschen zu verlieren, die sich auf den Straßen drängten.
Sie rannte auf die Canon Street hinaus, machte unter einer überdachten Sackgasse aber schnell wieder kehrt und duckte sich unter Wäscheleinen hindurch und wich Marktständen aus. Inzwischen hatte sie Seitenstechen und Blasen an den Füßen von ihren schlecht sitzenden Stiefeln.
Und dann waren ihre Verfolger plötzlich da, einer vor ihr, einer hinter ihr, und schlossen langsam zu ihr auf.
In was für einen Schlamassel hatte sie sich gebracht? Was war so verdammt wichtig an diesem verflixten Buch? Und wo war jetzt Kilronan mit seiner Pistole?
Wo zum Teufel steckte Cat? St. Patrick’s Cathedral, hatte sie gesagt. Sie sei angewiesen worden, das Tagebuch in dieser Kathedrale, die das Epizentrum seiner Suche war, zu hinterlassen. Aidan hatte schon sämtliche Straßen abgesucht, die von dort in alle Richtungen führten. Stundenlang war er auf und ab gelaufen, hatte misstrauischen Blicken und offener Feindseligkeit trotzen müssen. Nur seine blödsinnige Sturheit hatte ihn weitersuchen lassen, während jeder andere Instinkt ihn drängte, aufzugeben und heimzukehren. Wenn er jemanden gefunden hatte, der das Tagebuch lesen konnte, würde er auch jemand anders finden können. Doch leider wies ihn eine lautere Stimme darauf hin, dass nicht er Cat, sondern sie ihn gefunden hatte.
Und so suchte er weiter.
Tabakladen. Warenhaus. Abdeckerei. Mietshaus. Mietshaus. Stallungen. Bierschenke ... Alles wohlbekannt. Kein Wunder, nachdem er schon mindestens vier Mal an diesen Läden und Gebäuden vorbeigekommen war.
Also noch einmal die verdammte Patrick Street hinauf.
Wieder ging er langsam und aufmerksam, ließ den Blick über die verkniffenen, verzweifelten Gesichter gleiten und hoffte, Cats dunkles Haar und ihre gescheiten Züge in der Menge zu entdecken. Hoffentlich wandte sie nicht wieder den glamorie -Zauber an, um sich vor aller Augen zu verbergen. Aus einem Impuls heraus flüsterte er den nix . Die Freisetzung der magischen Energie war wie eine in seinem Gehirn angeschlagene Note, und der Schrei, der folgte, ließ ihn losrennen, ohne einen weiteren Gedanken zu vergeuden.
Er hatte sie gefunden.
So muss sich eine Schlange fühlen, die sich häutet, dachte Cat. Verwundbar. Hilflos. Mit einem Ruck, der sie wie ein jäher Schock durchfuhr, wurde ihre Gestalt wieder klar erkennbar und ihre verschwommenen Züge nahmen wieder Schärfe an. Angesichts dieser Verwandlung verschwand Smiths letztes Zögern, und er sprang sie an. Seine große Faust ergriff jedoch nur Luft, wo Cat gerade noch gestanden hatte, worauf er wütend fluchte, aber die Geduld bewahrte. Sein Komplize schnitt ihr den Weg ab. Sie konnte nirgendwohin, und das war allen dreien klar.
Cats fieberhafter Blick glitt durch die plötzlich menschenleere Gasse, über die ausweglosen Eingangsstufen und verschlossenen Türen.
»Sieh dir nur den hübschen Käfer an, Neddie! Was meinst du, wie die Kleine erst ohne was am Leib aussehen wird!«, johlte Smith. »Du und dein Partner, ihr denkt wohl, wir wären Idioten, was?«, höhnte er, an Cat gewandt. »Aber dem haben wir schon gezeigt, wie ernst wir’s meinen. Und jetzt bist du dran, falls du uns das Buch nicht gibst.«
Geordie! Oh Gott, bitte lass ihm nichts zugestoßen sein. Mach, dass es ihm gut geht ...
»Ich habe es nicht«, stammelte sie.
Smith trat vor und zückte ein Messer. »Keine Tricks mehr, Mädchen! Her mit dem Buch! Sofort.«
Mit jeder bedrohlichen Bewegung in ihre Richtung trat Cat einen Schritt zurück. »Ich habe es versucht. Wirklich. Es nützte aber nichts. Lord Kilronans Haus ist gut bewacht. Da kommt nicht mal eine Zecke rein.«
»Unser Auftraggeber will keine Ausreden, sondern das Tagebuch. Und zwar jetzt gleich, kapiert?«
»Und wer ist dieser Auftraggeber?« Aus dem Schatten zur Linken Cats kam eine vertraute tiefe Stimme, die triefte von aristokratischer Arroganz und der ruhigen Sicherheit unanfechtbarer Autorität.
Cats überwältigende Erleichterung wurde allerdings gedämpft von einem etwas flauen Gefühl im Magen. Denn dies hier war nicht wirklich eine Rettung, sondern eher so, wie einen Verfolger gegen
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