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Heiß wie der Steppenwind

Heiß wie der Steppenwind

Titel: Heiß wie der Steppenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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war es kein fröhliches Zuwinken, sondern ein Notsignal, ein Hilferuf. Igor legte sich in die Ruder. Sein kleines Boot glitt schwerelos über die Wellen … eins-zwei, eins-zwei kommandierte er sich und zog kräftig durch. Der Abstand verringerte sich schnell, und jetzt winkte die Gestalt mit einem Tuch, nein, mit einem Kopftuch, mit einem bunten Lappen. Er hörte ihre Stimme, – in dieser Entfernung wie das Piepsen eines erschreckten Vogels.
    »Keine Angst!« schrie er nach rückwärts. »Nicht heftig bewegen! Bleiben Sie ruhig stehen, sonst fallen Sie über Bord! Vorsicht!«
    Als er die Hand von den Augen zog und die Sonnenreflektion des Wassers überwunden hatte, sah er zum erstenmal deutlich die Gestalt in dem anderen Boot.
    Sie hockte auf der schmalen Sitzbank, unbeweglich, wie er es befohlen hatte, in einem durchschwitzten Kleid und mit nassen Füßen. Einen Ärmel hatte sie sich herausgerissen und damit das kleine Loch im Boden des Kahns verstopft. Zehn Meter von ihr trieb ihr Ruder träge im Wasser des Amur. Sie lächelte ihn an, um Verzeihung bittend wie ein Kind. Auf ihrem Haar lag der Sonnenschein wie ein goldener Helm. Die ein wenig schräg gestellten Augen blinzelten gegen das gleißende Licht.
    »Du«, sagte Igor. Seine Stimme schwankte. Er umfaßte seinen Kopf mit beiden Händen, denn er hatte das Gefühl, jetzt müsse er auseinanderplatzen. Das Blut hämmerte durch seine Schläfen. Er versuchte noch ein Wort, aber seine Lippen waren spröde, und seine Kehle verdorrte wie Wermut im Sommerwind.
    »Du«, sagte er noch einmal mit größter Mühe. »Du. Ich kann es noch nicht begreifen. Du bist da …«
    Er kletterte hinüber in ihr Boot, umarmte die vor Schreck Erstarrte, küßte sie und erhielt darauf eine so kräftige Ohrfeige, daß er über den Rand des Kahns ins Wasser plumpste.
    *
    Es ist schon ein wahres Kreuz, einer wütenden Frau ausgeliefert zu sein. Mit Männern kann man diskutieren. Aber eine Frau? Genossen, eher flechtet ihr einem Bullen rote Bänder um die Hörner, als einer Frau mit Argumenten zu kommen. Warum das so ist – wer kann's erklären? Auch Igor Antonowitsch erfaßte es nicht … zweimal schwamm er um den Kahn, versuchte sich an der Bordwand hochzuziehen, und zweimal hieb ihm das blonde Teufelchen auf die Finger und stieß ihn in die Wellen des Amur zurück. Sein Kahn trieb davon. Er hatte keine Möglichkeit, ihn festzuhalten. Kümmere sich einer um so ein verfluchtes Biest, wenn man selbst gegen die Strömung kämpfen muß! Nach vier Runden um den fremden Kahn begann er zu keuchen, schluckte zweimal kräftig Wasser und verdrehte die Augen. Nach dem fünften Anlauf strampelte er das Wasser unter sich weg und lehnte den Kopf erschöpft an die Bootswand.
    »Wollen Sie mich ersäufen?« röchelte er. »Gut denn … machen Sie es kurz. Drücken Sie mich unter die Wellen! Es ist der Lohn für meine Idiotie, in Ihnen einen Engel zu sehen …«
    Das blonde Mädchen lachte hell. Sie kann noch lachen, die Teufelin, dachte Igor und holte tief Luft. Sie wird noch lachen oder sogar ein Lied singen, wenn ich absaufe. Und dabei sieht sie aus wie eine Madonna auf einer alten Ikone …
    »Leben Sie wohl«, keuchte Igor. »Wenn ich in Chabarowsk lande, wird keiner wissen, daß ich das Opfer meiner Liebe geworden bin.«
    Er verdrehte schauerlich die Augen, hob die Arme hoch über den Kopf und wollte sich versinken lassen, natürlich nur, um unter dem Boot wegzutauchen und auf der anderen Seite wieder hochzukommen. Das Mädchen aber schien ihm zu glauben. Blitzschnell packte es zu, zog ihn an den Haaren heraus, duldete, daß er erneut die Bordwand umkrallte, ja, sie half ihm jetzt sogar, in den Kahn zu klettern. Erschöpft ließ er sich auf den Boden rollen, faltete die Hände über der Brust, schloß die Augen und lag da wie tot.
    Das Mädchen beugte sich über ihn, ergriff seinen Arm und fühlte den Puls. Dann warf es den Arm zurück auf die Planken und schnaufte verächtlich durch die schöne Nase. »Stehen Sie auf!« sagte es laut und herrisch. »Ihr Puls ist nur etwas beschleunigt, aber sonst normal. Geben Sie das Theaterspielen auf … ein Erschöpfter hat andere medizinische Erscheinungen.«
    »Oha, Genossin, das klingt sehr wissenschaftlich.« Igor schlug die Augen auf. Das Mädchen saß am anderen Ende des Kahns und blickte ihn wütend an. »Sie verstehen etwas von Puls und Herzschlag?«
    »Ich bin Ärztin.«
    »Also sind Sie es doch! Als Sie mich ins Wasser stießen, glaubte ich an einen

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