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Heiß wie der Steppenwind

Heiß wie der Steppenwind

Titel: Heiß wie der Steppenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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»Sie lieben ihn wirklich?«
    »Ja, Genosse.«
    »Wir gestatten Ihnen, Pjetkin in Ihr Privatleben aufzunehmen.«
    »Ich danke Ihnen Genosse.«
    »Aber verhindern Sie, daß Sie schwanger werden. Sie kennen die Folgen?«
    »Ja, Genosse. Es wird nicht geschehen.«
    »Viel Glück, Sinaida Nikolajewna.«
    »Ich bedanke mich, Genosse.«
    Sie warf den Hörer weg, als glühe er in ihrer Hand, zog die Beine bis ans Kinn und starrte in die Dämmerung des Zimmers. Vor ihrer Tür knirschten die Räder der fahrbaren Betten. Rufe der Pfleger, das Trippeln der Schwestern. Plötzlich das laute, tiefe Organ von Dr. Trebjoff. »Alles in OP II. So wie sie sind. Schnell!«
    Sie schob sich vom Bett, zog sich um, knöpfte den kurzen weißen Kittel zu und drückte die runde, weiße Arztkappe auf das schwarze Haar. Dann drehte sie sich vor dem Spiegel und stellte mit Stolz fest, daß man durch den Kittel das Fehlen des Büstenhalters bemerken mußte.
    Sinaida Nikolajewna seifte Hände und Arme, tauchte sie in sterile Lösungen, ließ sich Schürze und Mundtuch umbinden und löste schweigend einen der übermüdeten Assistenzärzte ab. Pjetkin blickte kurz hoch und sah in ihre großen, strahlenden Augen. Ein Blitz, der aus der Sonne zuckt. »Absaugen!« Er zeigte mit einer gebogenen Schere auf geplatztes Eitergeschwür in der Bauchhöhle. »Die Umgebung gründlich säubern! Eine Peritonitis ist oft nur die Folge unsauberer Chirurgie …«
    Sinaida nickte. Der elektrische Sauger in ihrer Hand summte und vibrierte. Sie war glücklich und zwang sich, den Telefonanruf zu vergessen.
    *
    Die Jakuten – man soll nicht denken, weil sie klein, krummbeinig, schlitzäugig und gerbhäutig sind, seien sie auch dumme Menschen – kennen ein gutes Sprichwort: Wenn eine Füchsin dem Fuchs nachläuft, sieht sie den Adler nicht. Genau so blind war Sinaida Nikolajewna, als sie jetzt neben Pjetkin stand und mit dem Sauger und einigen langen Stieltupfern die Bauchhöhle säuberte. Statt in die große Wunde zu sehen, blickte sie ihn an, bewunderte seine Geschicklichkeit, die Sicherheit seiner Hände, das lautlose, schnelle Operieren. Nur das Klirren der Instrumente unterbrach die Stille, das leise, saugende Pumpen des Narkosegerätes mit dem sich blähenden und wieder zusammenfallenden Atemsack, ein paar kurze Worte oder Anleitungen, bei Verzögerungen nur ein langer, strafender Blick.
    In dieser Verzückung geschah es … Sinaida half Pjetkin, das Geschwür herauszuschälen und schnitt sich dabei mit der Spitze des Skalpells in den Finger. Nur ein winziger Riß war es, im sich sofort zusammenziehenden Gummihandschuh nicht sichtbar, nicht einmal schmerzhaft, und es blutete auch nicht. Ohne etwas zu sagen operierte Sinaida weiter. Das oberste Gebot des Chirurgen, bei eigenen Verletzungen während der Operation sofort die Wunde antiseptisch zu behandeln, mißachtete sie. Für sie war Pjetkins Nähe wichtiger, das Gefühl, neben ihm zu stehen, ihn bewundern zu können, seine Hände zu berühren, und in seine Augen zu blicken, mit jener Zärtlichkeit, die ein Mann spürt wie einen heißen Wind.
    »Fertig«, sagte Pjetkin, als die Bauchhöhle gesäubert und das große Geschwür entfernt war. »Nähen Sie zu, Sinaida Nikolajewna. Und reichlich Penicillin. Wir können nicht in jeden Winkel blicken …«
    Sie nickte und sah ihm nach, wie er vom Tisch wegtrat, die Handschuhe auszog und in einen Eimer warf, an das Waschbecken ging und sich die Arme wusch. Eine Schwester band ihm die Schürze ab, löste das Mundtuch und wischte ihm mit einem Lappen den Schweiß von der Stirn.
    »Keine Fragen?« rief Pjetkin über die Schulter zum Operationstisch.
    »Keine, Igor Antonowitsch.« Sinaida beugte sich über den offenen Bauch und begann mit dem Nähen. Ein junger Assistenzarzt, gerade erst mit einem noch feuchten Examen von der Universität Alma-Ata gekommen, half ihr, reichte die Nadeln an, nahm die Klemmen weg, tupfte und zog die Wundränder zusammen. Er war bleich, atmete schwer und hielt nur mit Mühe die Lider offen. Seit sechs Stunden stand er Pjetkin gegenüber und rechnete damit, jeden Augenblick umzufallen und unter den Tisch zu rollen.
    Auf dem Flur trafen Pjetkin und Dr. Trebjoff zusammen. Trebjoff hatte sich in Gala geworfen. Er wirkte in dem dunkelblauen Anzug mit weißem Hemd und einer diskret gestreiften Krawatte fremd, wie ein Besucher aus einem fernen Land. Er blieb stehen, steckte die Hände in die Hosentaschen und betrachtete Pjetkin von oben bis unten.
    »Ich

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