Heiss wie eine Sommernacht
Beleidigung.
Wie auch immer, er wollte endlich die Wahrheit hören. In ihm wuchs nämlich die böse Vorahnung, dass es hier um etwas viel Schlimmeres ging als nur um einen Mann, der einen anderen um eine Menge Geld erleichterte.
„Schießen Sie los“, brummte er.
Alyssa fuhr sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen. „Es stimmt alles so weit. Mein Vater hat Ihrem Großvater die Ranch zum Kauf angeboten, und Ihr Großvater hat das Land gekauft. Aber …“
„Aber?“
„Ihr Großvater …“, sie senkte die Stimme. „Er wollte noch etwas in diesen Vertrag mit einschließen, und mein Vater hat zugestimmt, es ihm zu verkaufen.“
Sie schwieg. Donner rollte über das Haus. Durch das offene Fenster wehte der Wind hinein, und ein Blitz jagte über den nachtschwarzen Himmel. Eine Szenerie wie in einem schaurigen Melodrama.
Aber das hier ist real, dachte Lucas. Er hielt den Atem an und wartete gespannt auf die Fortsetzung. Auf den Grund, warum er den weiten Weg hierher gemacht hatte.
„Und?“, hakte er nach, als sie nicht weitersprach. „Was ist dieses ‚noch etwas‘, das Ihr Vater meinem Großvater verkauft hat?“
Es dauerte eine Ewigkeit, bevor Alyssa den Kopf hob und Lucas ansah. Sie zitterte.
„Das bin ich.“
5. KAPITEL
Diesen entsetzten Ausdruck in Lucas Reyes’ Gesicht hatte Alyssa erwartet.
Sie erinnerte sich an ihre eigene Reaktion, als Thaddeus ihr von der „Klausel“ berichtete.
„Das ist ein schlechter Witz, oder?“, hatte sie gesagt. „So etwas Unsinniges muss doch jeder Rechtsgrundlage entbehren.“
„Leider liegt die Sache nicht so einfach“, erklärte Thaddeus vorsichtig. „In manchen Teilen der Welt gelten Eheverträge noch immer als bindend, vor allem in aristokratischen Familien.“
Alyssa schnaubte nur verächtlich. „Aber in Amerika werden keine Menschen mehr verkauft.“
„Das hat überhaupt nichts mit Verkaufen zu tun. Ich sagte Ihnen doch, es handelt sich um …“
„Um einen Ehevertrag, ich weiß. Dennoch ist es illegal. Das können Sie auch Prinz Felix von mir ausrichten. Er kann sich seine Klausel sonst wohin stecken!“
„Lesen Sie sich den Vertrag zumindest durch, bevor Sie eine Entscheidung treffen. Darin verpflichten sich die Reyes, die Ranch wieder aufzubauen und das Land zu nutzen. Anderenfalls gehen die Besitzrechte an die Bank, und Sie wissen, was das bedeutet.“
Natürlich wusste sie es. Ein ansässiger Bauunternehmer wartete nur darauf, das Land in seine Finger zu bekommen, um hier eine seelenlose Wohnsiedlung hochzuziehen.
Diese Vorstellung erschütterte Alyssa zutiefst. Das Land ihrer Mutter zu verlieren, fand sie schlimm genug. Es an ein Bauunternehmen zu verlieren, fand sie noch schlimmer. Aber einen Fremden heiraten …
„Wie haben Sie sich nur dafür hergeben können, einen solchen Vertrag aufzusetzen?“
Thaddeus gestand, dass die Anwälte von Prinz Felix die Arbeit übernommen hatten, er musste nur noch Kommata und i-Punkte hinzufügen.
Alyssa stöhnte immer noch, als Norton mit der nächsten Neuigkeit aufwartete. Felix’ Enkel, der dem Großvater erlaubt hatte, ihm eine Braut zu kaufen, sei auf dem Weg hierher, um die Vereinbarung zu realisieren.
„Er wird gar nichts realisieren!“
„Der Vertrag ist gültig, Alyssa. Ich fürchte, ich kann nicht viel tun.“
„Sie können. Suchen Sie nach Präzedenzfällen, finden Sie ein Schlupfloch. Ich werde das Gleiche tun. Herrgott, ich habe ein Jahr Jura studiert. Ich weiß, es gibt keinen Vertrag, aus dem man nicht auch wieder herauskommen kann.“
„Lesen Sie ihn“, empfahl der Anwalt nur besorgt.
Also las sie den Vertrag. Und je länger sie ihn studierte, desto klarer erkannte sie, dass es keine Chance gab, gegen ihn vorzugehen.
Der Vertrag war absolut wasserdicht.
Sie schrieb einen Brief an Prinz Felix, mit der Bitte, nicht auf der Zusatzklausel zu bestehen. Sie erhielt nie eine Antwort. Daraus entnahm sie, dass der spanische Prinz tatsächlich zur Ranch kommen würde. Wozu? Glaubte er wirklich, er könnte die Vertragsbedingungen einfordern? Und wieso erklärte er sich überhaupt bereit, eine Frau zu heiraten, die er nicht kannte?
Dafür konnte es nur einen Grund geben: Lucas Reyes musste hässlich sein wie die Nacht. Wahrscheinlich fett und aufgedunsen, abstoßend genug, um kleine Kinder zu erschrecken. Oder groß und dürr, mit abstehenden Ohren und Warzen am ganzen Körper!
Und dann hatte sie mit Bebé fast einen Fremden umgeritten. Einen großen,
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