Heiß
dich zu sehen.«
»Wie soll ich das verstehen?«, erkundigte sich Finch misstrauisch und sah zuerst auf die Speisekarte und dann zur Bar. »Außerdem wette ich, dass die hier kein Sakkara haben.«
»Für meinen Gast gibt es Mineralwasser, für mich ein Bier«, bestellte Llewellyn, als die Bedienung an den Tisch kam, ein erwartungsvolles Lächeln auf den Lippen. »Was das Essen betrifft, so entscheiden wir uns gleich.«
Finch betrachtete sein Gegenüber mit gerunzelter Stirn. »Ja, ich bin schon über achtzehn, ja, ich bestelle normalerweise für mich selbst wie die Großen, nein, du hast mir nicht gefehlt.«
Die eisgrauen Augen Llewellyns funkelten Finch an. »Und du hast dich nicht geändert. Noch immer ein zäher Hund und ein harter Knochen.«
»Ein Hund zur Hand ist besser als ein Freund weit weg«, lächelte Finch. »Altes persisches Sprichwort. Noch besser ist ein Freund in der Nähe. Hier bin ich. Also – welches Kunststück willst du von mir sehen?«
»Danke, dass du gekommen bist«, gab der Major zurück, und Finch sah ihm an, dass er es ehrlich meinte. »Wir haben nicht viel Zeit, und ich wollte dich selbst mit allen Einzelheiten versorgen. Vor Ort, sozusagen.« Er brach ab, als die Bedienung erneut an den Tisch kam, die Getränke abstellte und die beiden Männer erwartungsvoll ansah. Finch zuckte mit den Schultern. »Ich hatte noch keine Zeit …«
Llewellyn winkte ungeduldig ab. »Fangen Sie einfach bei den Hauptspeisen auf der Karte oben an, wir sagen Ihnen dann, wenn Sie aufhören können«, wandte er sich an das junge Mädchen, das ihn belustigt ansah. »Es bleibt uns nur mehr knapp eine Stunde.«
»Was wird das hier?«, wunderte sich Finch und blickte erst auf sein Mineralwasser und dann der Bedienung sehnsüchtig hinterher. »Ein kulinarischer Countdown?«
»Dank meiner Beziehungen zu Richard Bransons Büro habe ich erreicht, dass Flug Virgin Atlantic 300 nach New Delhi eine Stunde später startet als sonst«, erklärte Llewellyn. »Technische Probleme.« Er griff in die Jackentasche und zog ein Kuvert heraus. »Hier ist dein Ticket Erster Klasse nach Indien, etwas Geld und die Adresse einer Militärflugbasis in einem Außenbezirk der Hauptstadt. Die ist aber nur zur Sicherheit. Ein Fahrer wird dich am Indira Gandhi Flughafen erwarten. Wenn alles klappt, dann bist du morgen Mittag in der Hindon Air Force Basis und zwei Stunden später in der Luft.«
»Habe ich dich gerade richtig verstanden? Ich komme aus Kairo, bin soeben in London gelandet, starte in einer Stunde nach Delhi, eile zu einer Militärbasis und bin zwei Stunden später wieder in der Luft? Welches kranke Hirn hat sich das ausgedacht?« Finch tippte mit dem Zeigefinger an seine Stirn. Dann hob er abwehrend die Hand. »Nein, sag nichts, ich kann es mir vorstellen.«
»Mein Plan, dein Spiel«, nickte Llewellyn. »John, ich muss einem Freund helfen.«
»Heb dir deine Märchen für die Kinderstube auf«, gab Finch unbewegt zurück, und sein Lächeln war wie weggewischt. »Schick ihm ein Ticket und den Flugplan einer internationalen Fluglinie.« Er tippte auf das Kuvert. »Das stinkt meilenweit gegen den Wind nach Geheimdienstaktion, und dann frage ich mich, warum du nicht einen deiner hochbezahlten Spezialisten auf den Weg bringst, wenn dein
Freund
jemanden zum Händchenhalten während des Fluges braucht.« Finch nahm einen Schluck Mineralwasser und verzog das Gesicht. »Auch das können die Franzosen besser.«
Die Bedienung kam mit einem Tablett und stellte einen Teller mit Gänseleberparfait an gerösteten Apfelscheiben und einen anderen mit Roastbeef auf Blattsalat mit Remoulade auf den Tisch. Finch schnupperte und murmelte: »Ich nehme alles zurück.«
»Der Küchenchef kommt übrigens aus Frankreich«, erklärte Llewellyn, strich sich über die kurz geschnittenen grauen Haare und lächelte süffisant. »Habe ich vergessen, das zu erwähnen?«
»Eine deiner Spezialitäten, das ›Vergessen etwas zu erwähnen‹, wenn ich mich recht erinnere«, antwortete Finch. »Und jetzt erzähl gefälligst von Anfang an und lass besser nichts aus. Wenn ich auch nur das leiseste Gefühl habe, dass du wieder vergisst, etwas zu erwähnen, dann kannst du deinen Freund mit einem Fesselballon ausfliegen. Oder ihm einen Kranz zum Begräbnis schicken.«
Fünfzig Minuten später saß John Finch in seinem luxuriösen Sitz der Upper Class Suite, der sich auf Knopfdruck in ein Bett verwandeln konnte. Der Kapitän hatte sich in einer
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