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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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offenen Kamin stand ein kleiner Lehnstuhl, der aus einem Kinderzimmer zu stammen schien. In den Regalen stapelten sich die Bücher in Zweierreihen. Aber das Seltsamste war eine große, lederbezogene Matratze auf dem Boden, die ein gutes Stück des Raums einnahm. Darauf lagen jede Menge Kissen mit orientalischen Mustern. Majors runzelte die Stirn. »Als nächstes stolpere ich noch in ein Beduinenzelt mit einem Kamel«, brummte er. Laut rief er: »Zwei Mann hierher! Sofort!«
    Als zwei Uniformierte durch die Tür drängten, wies Majors auf die Bücherregale. »Alles einpacken, die Kisten nummerieren und ins Camp damit. Dort können sich Experten in Ruhe darum kümmern. Bericht nur an mich. Ich will hier keine losen Enden. Wenn ihr fertig seid, dann nehmt die Matratze auseinander, klopft die Wände ab, schaut hinter alle Balken. Ich erwarte einen klinisch sauberen Raum, wenn ihr hier rausgeht. Los!«
    Majors schob Morgan zur Seite, der mit dem Fotografieren beschäftigt war, und stieß die zweite Tür im Erdgeschoss auf. Ein Badezimmer, rustikal und einfach eingerichtet, ohne Toilette. Boiler, Waschtisch, ein Schrank. »Andrew, wenn Sie mit den Fotos fertig sind, durchsuchen Sie das Bad!«, rief Majors, dann zog er den Kopf noch weiter ein und machte sich auf den Weg nach oben.
    Die schmale Treppe war steil und eng, die Stufen knarrten unter seinen Schritten. Zwei weitere Zimmer lagen vor ihm. Die Decke war klaustrophobisch niedrig, und Majors fragte sich, wie man es hier bloß länger als ein paar Stunden aushalten konnte, ohne Platzangst zu bekommen. Dann zog er den Kopf ein und betrat den ersten Raum, offenbar das Musikzimmer. Es war größer als alle anderen im Cottage, Unmengen von Schallplatten lagen in Stapeln herum oder standen in kleinen Schränken. Mehrere Fenster ließen das Licht herein und verliehen dem Raum eine fast leichte, luftige Atmosphäre. In einer Ecke prangte eines der größten Grammophone, die Majors jemals gesehen hatte. Mit dem Finger drehte er die Schallplatte auf dem Teller so lange, bis er das Etikett lesen konnte.
    Beethovens Neunte.
    »Du machst mir meinen Job nicht leicht, Shaw oder wie immer du dich auch nennst«, murmelte Majors und versuchte vergeblich, die Zahl der Schallplatten zu schätzen. »Haben dich die Krauts schon auf ihre Seite geholt? Was hast du ihnen alles verraten?« Er öffnete ein paar Schranktüren, zog hie und da eine Platte heraus, als einer seiner Männer durch die Tür schaute. »Sir, das müssen Sie sich ansehen!« Er wies auf die andere Seite des kleinen Flurs und verschwand wieder.
    Majors seufzte und folgte ihm. Als er das Schlafzimmer betrat, wurde ihm klar, was der Agent gemeint hatte. Der gesamte Raum war mit Aluminium tapeziert, als Fenster war ein Bullauge aus der » HMS Tiger« eingesetzt worden, wie ein kleines Messingschild verriet. Majors fehlten die Worte. Stumm blickte er sich um. Ein kurzes Bett, ein paar Kissen, ein Schrank – ansonsten hätte man sich genauso gut in einer leeren Keksdose befinden können.
    »Dieses Haus kann nur jemand mögen, der entweder nichts mehr von der Welt wissen will oder sich vor ihr versteckt«, murmelte Majors. »Andrew!«
    »Yes, Sir«, schallte es aus dem Erdgeschoss. »Soll ich hochkommen?«
    »Ach was, bleiben Sie im Bad, ich komme zu Ihnen hinunter.« Majors ließ einen abschließenden Blick durch das silbern glänzende Schlafzimmer schweifen, schüttelte den Kopf und kletterte die enge Treppe wieder hinunter. Im Haus hörte man von überall Klopfen und Hämmern. Leere Kartons wurden hereingetragen, durch die offene Tür sah man Männer, die mit Stöcken in den Büschen rund um das Cottage stocherten.
    Andrew Morgan kniete vor dem kleinen Schränkchen im Bad und räumte die Fächer leer. Majors lehnte sich an den Türrahmen, schaute ihm kurz zu und meinte dann: »Großhirn, was für ein Mensch wohnt in diesem Puppenhaus? Wie tickt dieser Shaw?«
    »Hmm …« Morgan erhob sich und drehte eine Schachtel Seife in seinen Händen, während er nachdenklich durch das winzige Fenster nach draußen schaute. »Wie meinen Sie das, Sir? Was er früher dachte, oder wie er jetzt tickt?«
    »Nicht diese Kunstfigur Lawrence of Arabia, nein, der Mensch dahinter. Der heimgekehrte Engländer, der niemals geheiratet hat, allein wohnt und sich in der Kaserne von seinen Kameraden auspeitschen lässt.«
    »Nun, Sir, ich habe mich mit seinem Leben ein wenig beschäftigt, vor allem nach seiner Rückkehr nach England«, antwortete

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