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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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gekommen und vor wenigen Stunden ausgeliefert worden waren. Das Plakat, ein heroisierendes Porträt von Lawrence of Arabia, verkündete das Erscheinen seines »literarischen Testaments in der ungekürzten Original-Ausgabe für jedermann, nur zwei Monate nach seinem Tod«. Zwischen den Büchern stand das Modell einer Brough Superior und glänzte wie frisch poliert.
    Majors überlegte, in den Laden hineinzugehen und als Reminiszenz an Shaw ein Exemplar zu kaufen, als er bemerkte, wie jemand neben ihn trat und ebenfalls die Auslage betrachtete.
    »Ist es also doch wieder aufgetaucht, Sir?«, fragte Andrew Morgan mit einem sarkastischen Unterton, der Majors ärgerte. »Das Originalmanuskript, meine ich.«
    »Großhirn! Welche Überraschung! Was treibt Sie in die plebejischen Niederungen des verdorbenen Vergnügungsviertels Soho? Oder kommen Sie nicht gerade von da?« Der Colonel grinste und tippte mit dem Knauf seines Spazierstockes auf die Glasscheibe der Auslage. »Es wird doch nicht etwa die Volksausgabe seiner politischen Memoiren sein, die Sie von der Arbeit abhält?«
    »Keineswegs, Sir, ich wollte Sie sprechen und war auf dem Weg zu Ihrer Wohnung«, sagte Morgan lächelnd.
    »Privat oder beruflich?«, erkundigte sich Majors. »Wir haben uns lange nicht gesehen.«
    »Nun, nicht mehr seit jenem Samstag im Mai«, bestätigte Morgan, »kurz vor seinem Tod. Ich wurde seither mit anderen Aufträgen betraut. Mosley und seine faschistische Partei etwa …«
    »Die nach dem Röhm-Putsch und den darauf folgenden Säuberungen in Deutschland letztes Jahr zum Glück die Mehrzahl ihrer Unterstützer verloren haben und nun nur mehr unter ›ferner liefen‹ rangieren«, ergänzte der Colonel. »Niemand traut ihnen wirklich etwas zu, bis auf Träumer wie diesen Shaw oder seinen Schriftsteller-Freund Henry Williamson. Keine wahrhaft aufregende Aufgabe.«
    Er lud Morgan mit einer Handbewegung ein, mit ihm die Charing Cross Road in Richtung Leicester Square hinunterzuspazieren.
    »Ihr Einfluss darf aber keinesfalls unterschätzt werden in einem Europa, das so explosiv und labil ist«, widersprach Morgan. »Wie Sie wissen, Sir, sind nach dem Kommunismus in den zwanziger Jahren nun der Pangermanismus und der Nationalsozialismus die beiden wichtigsten Schwerpunkte in der Arbeit des Service. Neben dem Spanischen Bürgerkrieg und den Italienern in Abessinien natürlich.«
    Majors nickte stumm. Dann meinte er argwöhnisch: »Sie wollten mich also sprechen? Da hatten Sie aber noch ein kleines Stück Fußmarsch vor sich, bis zu meiner Wohnung.«
    »Ach, nach all der Büroarbeit am Schreibtisch gehe ich ganz gern durch die Stadt und vertrete mir etwas die Beine«, gab Morgan unbefangen zurück und fiel neben Majors in einen wiegenden Gleichschritt, die Hände auf dem Rücken verschränkt. »Als ich Sie vor der Auslage von Foyles stehen sah, dachte ich mir gleich, dass es Ihnen die Memoiren unseres arabischen Helden angetan hatten.«
    Der Colonel winkte ab. »Philosophisches Geschwätz und ein weiterer Stein in seiner so sorgsam gehüteten Fassade. Geschichten für die Öffentlichkeit. Selbst posthum strickt er noch immer an seiner eigenen Legende.«
    »Welches Manuskript der
Sieben Säulen
wurde denn nun endgültig für diese Veröffentlichung herangezogen?«, wollte Morgan wissen und wich einer Frau aus, die von ihren vier bellenden und keifenden Hunden den Bürgersteig entlanggezogen wurde.
    Majors sah ihn von der Seite an. »Wie meinen Sie das?«
    »Nun, das ist sicher nicht mein Gebiet, eher Ihres, Sir«, antwortete Morgan, »aber ich habe gehört, dass der Service stets seine Hand im Spiel hatte, wenn es um Lawrence’ Erinnerungen ging. Anders ausgedrückt – was immer unser Araberfreund schrieb, es interessierte zuallererst einmal den britischen Geheimdienst.«
    »Vergessen Sie nicht, dass er Spion im Dienst Ihrer Majestät war«, gab der Colonel zu bedenken. »Da ist es vielleicht keine so gute Idee, seine Memoiren zu schreiben und sie dann auch noch zu veröffentlichen. Brave Spione tippen ihre Lebenserinnerungen, verbrennen sie anschließend sofort wieder und verschlucken die Asche.«
    »Gibt es brave Spione?«, wunderte sich Morgan mit einem Augenzwinkern, als sie die Shaftesbury Avenue überquerten. »Sind das nicht zwei Begriffe, die sich ausschließen?«
    »Überlassen Sie das Philosophieren lieber anderen, Großhirn«, wehrte Majors ab. »Was ich sagen wollte, ist doch allgemein verständlich. Sie spionieren nicht im Auftrag

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