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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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die Nägel feilten, ein angeregtes Gespräch führten und ihn nicht beachteten, schaute er sich in der Halle um. Alle Hebebühnen waren immer noch besetzt, und an manchen der Wagen, die samt und sonders ihre besten Tage bereits lange hinter sich hatten, arbeiteten bis zu vier Mann. Das Sprachengewirr war babylonisch, der Chef nirgends zu sehen. Calis wollte schon in die kleine Kaffeeküche weitergehen, da entdeckte er den Besitzer der Werkstatt an einer der Wuchtmaschinen neben einem Stapel Reifen und ging zu ihm hinüber.
    »Sie sind vielleicht Spezialist im Dschungelkampf, aber ich bin hier der Fachmann für Fragen und die richtigen Antworten.«
    Der Chef, der ihm den Rücken zugewandt und ihn nicht kommen gehört hatte, fuhr herum, ein langes Montiereisen in der Hand. Als er Calis erkannte, ließ er das Werkzeug sinken. »Ach, Sie sind das. Irgendetwas gefunden, das Ihnen weiterhilft?«
    »Erneste Lacroix, Träger des Tigerkopfes nach der erfolgreichen Teilnahme am härtesten Kommandokurs der Welt im Dschungel des Amazonas. Elitesoldat vom kahl rasierten Kopf bis zu den auf Hochglanz gewichsten Stiefeln. Und Sie wollen mir weismachen, er habe jemand anderen bewundert? Er habe sich an die beiden Exlegionäre gehängt, weil er so sein wollte wie die? Lacroix war selbst brutal, kompromisslos und gehörte zu den Besten der Besten in der Legion. Er hatte es nicht nötig, jemandem nachzueifern. Also verscheißern Sie mich nicht und kommen wir lieber der Wahrheit ein Stück näher. Sonst nehme ich Sie einfach mit und sorge dafür, dass Ihre Schrauberbude schneller dichtgemacht wird, als Sie die erste Strophe der Marseillaise abgesungen haben.«
    Der Werkstattleiter sah Calis nachdenklich an, schließlich nickte er. »Schießen Sie los und fragen Sie.«
    »Zuerst Ihren Namen und Geburtsort, und erzählen Sie mir nicht die übliche Geschichte von Aubagne«, forderte ihn der Kommissar auf.
    »Günther Kreutzer, geboren in Oppenheim am Rhein«, sagte der Chef tonlos und legte das Montiereisen auf die Wuchtmaschine zurück. »Kommen Sie, gehen wir in den Pausenraum, da ist es ruhiger.«
    »Sie sind …?«, begann Calis erstaunt.
    »Sein älterer Bruder«, bestätigte der Chef. »Ich war es, der Ernst zur Legion gebracht hat.« Er kramte in seiner Brusttasche nach den Gauloises und schüttelte die letzte Zigarette aus dem zerknautschten Päckchen. »Was genau ist mit ihm geschehen?«
    »Das fragen Sie erst jetzt?«, wunderte sich Calis. »Was für eine Art von Beziehung hatten Sie zu Ihrem Bruder?«
    »Eine zwiespältige«, antwortete Kreutzer, stieß die Tür zur Kaffeeküche auf und ließ sich auf einen der Stühle fallen. »Meine Frau mochte Ernst nicht, sie hatte Angst vor ihm. Ich habe spät geheiratet, müssen Sie wissen. Davor war die Legion mein Leben, nun sind es meine Frau und mein Sohn. Daran konnte sich Ernst nie gewöhnen, fand es zu verweichlicht, zu bieder, langweilig und uninteressant.«
    »Er hatte sich also tatsächlich nicht zurechtgefunden im Zivilleben«, warf Calis ein. »Das war die Wahrheit.«
    Kreutzer nickte. »Die Legion war nicht nur sein Familienersatz, sie war wie eine Droge für ihn. Je länger er weg war, desto mehr war er auf Entzug.«
    »Warum ist er dann nicht dabeigeblieben?«, fragte der Kommissar und setzte sich auf eine Ecke des großen Tisches.
    »Weil wir alle älter werden«, gab Kreutzer zurück, »und man sich irgendwann eingestehen muss, dass man nicht mehr so schnell, so stark und so hungrig ist wie die Jungen, die nachdrängen. Außerdem verschieben sich bei vielen die Prioritäten. Der Kampf wird härter, mit sich und mit den Gegnern in den Krisenherden. Irgendwann heißt es er oder ich. Die meisten gehen vorher zurück ins Zivilleben, motten die Uniformen ein und hängen nur mehr sonntagsabends in irgendwelchen Foren im Internet herum, um über die alten Zeiten zu plaudern. Außerdem ist der Gedanke an eine Pension mit fünfundvierzig irgendwo im Süden schon verlockend.«
    »Aber Sie gingen zurück nach Deutschland«, stellte Calis fest. »Und Ernst ebenfalls.«
    Kreutzer schob nachdenklich sein Feuerzeug auf der Tischplatte hin und her. »Ernst wollte in Nordafrika bleiben, in Casablanca oder Marrakesch ein Café aufmachen. Ich glaube, im Hinterkopf spielte er mit dem Gedanken, hie und da einen Söldnerauftrag anzunehmen. Also wollte er näher am Geschehen sein.« Er drückte die Gauloise aus. »Dann starben unsere Eltern kurz hintereinander, und das große Haus in Oppenheim

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