Heiß
tigerte um den riesigen Schreibtisch herum und ließ sich auf seinen Sessel fallen. Dann legte er die Hände flach auf die Tischplatte.
»Was ist Ihnen eingefallen, als Sie den Bentley einfach gestohlen haben?«
»Sichergestellt«, wandte Calis ein.
»Was!?« Klapproths Kopf schoss vor, seine Augen waren kreisrund. »Sie sollten den Unterschied zwischen Stehlen und Sicherstellen kennen, Kommissar Calis, den gibt es selbst an der Spree. Und nein, ich will gar nicht wissen, was Sie normalerweise sicherstellen. Und wie. Ich werde alles dafür tun, dass genau diese Methoden hier nicht einreißen. Das Verfahren gegen Sie wird Frank Lindner in Berlin einleiten, ich habe darüber bereits mit ihm gesprochen. Wir werden den Bentley mit den gebotenen Entschuldigungen an Herrn von Strömborg retournieren und dafür sorgen, dass diese Geschichte nicht allzu große Kreise zieht. Und Sie, Herr Kollege …« Klapproths Finger schoss anklagend nach vorne. »… werden so bald wie möglich nach Berlin zurückfahren. Mit anderen Worten – jetzt! Polizeioberrat Lindner wartet geradezu sehnsüchtig auf Sie, und ich sehe Sie mit Freude abreisen. Es gibt nämlich nur mehr eine Seite, die ich von Ihnen sehen möchte – Ihren Rücken, enteilend.«
Martina Trapp saß still in ihrem Sessel und betrachtete eingehend ihre Hände. Von der nahe gelegenen Kirche des Hauptfriedhofs erklang durch das offene Fenster das Ein-Uhr-Läuten.
»Warten Sie ab, auch Sie werden mich noch in Ihr Herz schließen.« Die Stimme von Thomas Calis ließ jede Ironie vermissen. Trapp fuhr auf ihrem Sessel herum und warf ihm einen warnenden Blick zu.
»Ich kann mir nach Jahrzehnten im Polizeidienst sicher viel vorstellen, aber
dazu
fehlt mir ehrlich gestanden die Phantasie«, entgegnete Klapproth kalt.
In diesem Moment klopfte es, und einer der Spurensicherer steckte seinen Kopf durch die Tür, blickte sich kurz um, nickte Klapproth zu und drückte Calis einen Zettel in die Hand. Mit einem lockeren »in zwei Stunden gibt’s die restlichen Ergebnisse« verschwand er wieder.
»Was soll das nun wieder?«, erkundigte sich der Kriminaloberrat irritiert und beäugte Calis, der las, was auf dem Zettel stand.
»Polyisobutylen.«
Calis lehnte sich gegen die Wand und studierte den Zettel, als hätte er Klapproth nicht gehört. »Wie unvorsichtig …« Er grinste wie ein Schulbub nach einem gelungenen Streich. Dann blickte er auf und wiederholte »Polyisobutylen«, als würde das alles erklären. »Haben Sie damals in Chemie gefehlt, Herr Kriminaloberrat? Machen Sie sich nichts draus, dann waren wir zwei. Ich war auch nicht da.«
Calis zwinkerte Trapp zu, die ihn völlig überrascht anstarrte. Klapproth sah aus wie ein Weihnachtskarpfen auf dem Trockenen.
»Polyisobutylen ist ein Bindemittel, das zusammen mit Zitronensäuredibutylester, PETN und Hexogen Semtex ergibt. Detonationsgeschwindigkeit 7400 Meter/Sekunde. Einer der schnellsten Sprengstoffe, die auf dem Markt erhältlich sind.«
Er faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in die Tasche seiner Lederjacke. »Transportiert im Kofferraum des Bentleys. Spuren davon haben die Spürnasen in den Ganzkörperkondomen soeben gefunden und sichergestellt. So, und jetzt muss ich mich auf den Weg zu meinem Golf machen, der parkt noch in Sachsenhausen. Berlin und Frank Lindner warten auf mich.«
Calis winkte Trapp zu, drehte sich um und machte sich auf den Weg zur Tür.
»Kommissar Calis!«
Für einen Moment dachte er daran, Klapproth einfach zu ignorieren und tatsächlich nach Berlin zurückzufahren. Er legte die Hand auf die Klinke, dann fielen ihm Blondschopf und Kreutzer ein, und er drehte sich um.
»Herr Kriminaloberrat? Wollen Sie mir gute Reise an die Spree wünschen?« Calis’ Stimme hatte jede Verbindlichkeit verloren. »Vielleicht sind meine Methoden nicht die Ihren, aber sie haben sich als zielführend und erfolgreich erwiesen. Unkonventionell, aber oft genug auf den Punkt. In Berlin kommen Sie mit Stresemann und Diskretion nicht weit.« Er trat zu Trapp und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Oberkommissarin Trapp hatte keine Ahnung, was ich vorhatte. Sie hat Sie im besten Sinne des Wortes vertreten – moralisch und dienstmäßig. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Ich muss mit Frank telefonieren und ihm alles erklären, bevor er das letzte bisschen Glauben an mich verliert.«
Calis ging mit großen Schritten zur Tür.
»Ach ja, noch etwas. Die Kollegen von der Spurensicherung gleichen im
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