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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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führt es aber nicht selbst durch? Oder führte sie es doch durch und verschleiert dies mit dem deutschen Kaugummipapier? Wieso reagiert der Geheimdienst so schnell, umfassend und brutal auf Salams Nachforschungen? Was hat er zu verbergen? Die ISI hat bereits in der Vergangenheit ähnliche Aktionen durchgeführt und bei keiner einzigen hatten die Agenten Probleme damit, sich zu den Morden zu bekennen. Mit den üblichen Ausreden – Staatssicherheit, Feinde im Inneren, der andauernde Konflikt mit Indien. Was aber sollte in Chitral nie ans Licht kommen?«
    Salam griff in seine Jackentasche und zog ein Stück Stoff hervor, das er vor sich auf den Tisch legte und mit der flachen Hand glatt strich. Die Skizze aus dunklen Strichen schien wie ein Relikt aus fernen Zeiten. »Das ist ein altes Symbol der Kalash, der Beschützer«, erklärte er leise. »Es war im Gebälk jenes Vordachs versteckt, unter dem Juan an seiner letzten Figur arbeitete.«
    Alle starrten die Zeichnung an. »Könnte es der Entwurf des Werkes sein, an dem der alte Mann arbeitete?«, fragte Finch in die Runde.
    »Oder sollte er ihn vor Unglück und bösen Geistern beschützen?«, wunderte sich Llewellyn. »Dann war er wohl nicht so erfolgreich.«
    »Der Beschützer.« Compton zog die Skizze an sich. »Der personifizierte Mythos der Kalash. Er würde über sie wachen, selbst tausend Jahre nach seinem Tod. Eine Mischung aus Gott und Anführer, Krieger und Herrscher.«
    »Sie sind gut informiert«, stellte Salam überrascht fest. »Shah Juan war ein Eingeweihter, einflussreich, weise und gütig. Eine politische Kraft, die der Region Stabilität gab. Er kannte alle Geheimnisse der Kalash, ihre Geschichte, die sich im Dunkel der Zeit verliert.«
    »Also war es ein politischer Mord?«, fragte Llewellyn.
    »Und wenn es einfach eine Verbindung von Machtpolitik, Kräftemessen zwischen den Geheimdiensten und ausländischen Interessen war?« John Finch stand auf und streckte sich. »Tut mir leid, aber ich habe einfach zu lange nicht mehr richtig geschlafen. Daher hier meine Meinung, solange ich noch klar denken kann: Wenn das alles in Afrika stattgefunden hätte, dann würde ich sagen – geschickt eingefädelt. Eine Hand hat die andere gewaschen, und beide sind schmutzig geblieben. Ein Mord, der allen gedient hat.«
    Llewellyn und Salam hörten ihm aufmerksam zu, während Compton noch immer mit gesenktem Kopf seine geheimnisvollen Muster auf die Tischdecke zeichnete.
    Finch wanderte zum Fenster und blickte hinaus. Doch mit seinen Gedanken war er ganz woanders.
    »Gehen wir das Problem von einer neuen Seite an. Was wäre passiert, hätte Llewellyn seinen verrückten Plan nicht so hartnäckig verfolgt und wäre es mir nicht geglückt, den Chief Inspector auszufliegen? Wir hätten keine Ahnung davon, was sich tatsächlich in dem Hochtal bei Chitral ereignet hat. Mr. Salam wäre nicht hier, sondern tot, vom Mord an Shah Juan hätten wir vielleicht nie etwas erfahren. Die ISI hätte die Northwest Territories übernommen, alle Spuren beseitigt, ihre Macht vergrößert und zugleich den Extremisten ein weiteres Aufmarschgebiet in einer instabilen Region geboten. Die Koalition der Gemäßigten wäre früher oder später endgültig zerbrochen, bevor eine Decke des Schweigens über alles gebreitet worden und die Rechtlosigkeit eingezogen wäre. Also stellt sich die Frage – wem hat es genützt, Shah Juan zu ermorden? Waren es möglicherweise zwei Interessensgruppen – einerseits die Auftraggeber des Kommandos und andererseits die ISI ? Hat sich hier vielleicht eine Koalition zusammengefunden, die sonst ganz und gar nichts miteinander zu tun hat? Und die sich anschließend entschieden wehrte, als sich herausstellte, dass genau das bekannt werden würde, Dank des persönlichen Einsatzes von Chief Inspector Salam?«
    »Wir hätten Sie bereits vor langer Zeit rekrutieren sollen, Mr. Finch«, brummte Peter Compton, ohne vom Tischtuch aufzusehen. »Wenn Sie schon übermüdet solche Überlegungen anstellen, dann würde ich gerne Ihre Analysen im hellwachen Zustand hören. Ich bin im übrigen ganz Ihrer Meinung. Nach meinen Recherchen und Gesprächen mit einigen Informanten kam ich gestern genau zu denselben Schlussfolgerungen. Alles andere ergibt keinen Sinn. Aber genau das macht mir Angst. Deshalb …«, er hob den Kopf und sah den Major an, »deshalb habe ich nicht mehr geschlafen, Llewellyn. Weil ich einen Verdacht habe …«
    »Was den Auftraggeber des Mordkommandos

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