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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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wie sein Besitzer. Du fehlst mir, Cowboy.«
    »Du mir auch …« Finch schloss die Augen und spürte, wie er in den Schlaf sank. Auf dem nahe gelegenen Flughafen landete eine Maschine, und der Turbinenlärm überwand sogar die Isolierglasscheiben.
    Fionas Stimme drang wieder an sein Ohr. »Meinst du wir haben noch eine Chance? Einen zweiten Anlauf?«
    »Ich würde es mir wünschen«, erwiderte Finch. »Nein, ich würde es
uns
wünschen …«
    »Ist viel passiert seit letztem Jahr«, murmelte sie. »Die Stiftung hat mehr Zeit geschluckt, als ich gedacht hatte, und mehr Verantwortung mit sich gebracht, als mir oft lieb war. Der Auftrag der vier alten Männer …«
    »Ich weiß – du warst viel unterwegs und ich wahrscheinlich noch mehr«, gab Finch zu. »Beziehungen um den halben Erdball sind vielleicht heftig, funktionieren aber offenbar nur kurz.«
    »Jetzt musst du nur mehr die letzten hundert Kilometer bis nach Alexandria schaffen.« Fionas Stimme klang, als ob sie genau daran zweifeln würde.
    »Morgen«, versicherte ihr Finch, »morgen bin ich wieder bei dir.«
    »Und für wie lange?«
    Die Stille dehnte sich, breitete sich aus wie der Flusslauf des Rio Negro nach tropischen Regenfällen.
    »Ach John, du bist ein geborener Reisender. Ein Zigeuner mit Flügeln. Du kannst nicht ruhig bleiben, bist schon wieder fort, selbst wenn du noch da bist. Irgendetwas ruft dich immer, treibt dich hinaus.«
    »Wahrscheinlich bin ich noch nie irgendwo angekommen«, murmelte Finch. »Heimat ist genau da, wo ich gerade bin. Wo jemand mich mag oder braucht, schätzt oder liebt. Afrika ist ein Zuhause, aber meine Heimat ist überall. Welche Antwort erwartest du? Ich werde mich nicht mehr ändern, dazu kenne ich mich zu gut. Bleib also weg von mir, wenn du jemanden suchst, der mit dir in Brasilien für den Rest seiner Jahre den Garten pflegt oder in der Schweiz Anlagemöglichkeiten für die Milliarden sucht und in einer Villa am Genfer See residiert. Das bin ich nicht.«
    Fiona schwieg, und Finch fragte sich, ob sie eingeschlafen war. Wirklich kein guter Zeitpunkt für eine Beziehungsdiskussion, dachte er.
    »Nein, das bist du nicht«, antwortete Fiona schließlich, und es klang resigniert. »Du bist der Mann, vor denen mich meine Eltern immer gewarnt haben. Nur mein Großvater hielt große Stücke auf dich.«
    »Ganz und gar nicht gut für kleine Mädchen«, ergänzte Finch, und die Augen fielen ihm zu. »Dein Großvater war ein starrsinniger, geduldiger alter Mann, den man nur schwer beeindrucken konnte. Er hatte in seinem Leben bereits alles gesehen, war in seiner Jugend durch die Hölle gegangen und hatte keinen Schritt vergessen. Er saß zwar im Rollstuhl, aber er war zäh. Er hat sich nicht einmal erlaubt zu sterben, bevor die Taube landete. Aber das ist eine andere Geschichte …«
    »Ja, und es kommt mir vor wie ein anderes Leben«, erwiderte Fiona leise. »Dabei ist er erst seit einem Jahr tot.«
    »Und doch haben die vier alten Männer selbst aus dem Grab heraus noch unser Leben beeinflusst und das von vielen anderen. Mit ihrer Stiftung werden sie es noch für Generationen.« Finch konnte seinen Respekt für den Plan, der nach mehr als sechzig Jahren aufgegangen war, nicht verhehlen. »Aber darum geht es nicht …«
    »Nein, darum geht es nicht«, wiederholte Fiona müde. »Komm heim, Cowboy, egal, wie lange du bleibst. Vielleicht werde ich dich irgendwann nicht mehr vermissen, wenn du wieder einmal auf der anderen Seite der Welt bist. Dann wirst du woanders zu Hause sein und nicht mehr in meinen Träumen. Aber bis dahin …«
    »Wir sehen uns morgen«, versicherte ihr Finch. »Außerdem könnten wir noch ein paar Tage im Cecil bleiben, es ist ein schönes Haus. Ich muss nur noch …«
    »… ich will es gar nicht wissen«, unterbrach ihn Fiona im Halbschlaf. »Lass uns morgen darüber reden. Gute Nacht.«
    Finch ließ das Telefon neben sich auf die Decke fallen und streckte sich aus. Dann spürte er, wie der Schlaf sich wie eine federleichte Decke über ihn legte.
     
    Die vier Männer, die in diesem Moment wie Schatten über den Hotelflur huschten, waren eindeutig Profis. Sie wichen geschickt den Lichtinseln der Deckenstrahler aus, klebten rasch einen schwarzen Kartonstreifen über das Objektiv der Überwachungskamera und kontrollierten die Zimmernummern. Schließlich eilten sie bis ans Ende des Ganges und überzeugten sich davon, dass sie allein auf der Etage waren. Wortlos teilte der Anführer, ein großer,

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