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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Kühle des Waldes und sah kurz hinauf zu den ersten Sternbildern, die am schwarzblauen Himmel erschienen. Dann ging er los, geradeaus, immer weiter, auf die rot-weiße Schranke zu. Als er bereits fast davor stand, öffnete sich der Schlagbaum, ruckte hoch und dann zerriss eine ungeheure Detonation die Luft. Calis wurde von der Druckwelle unter der Schranke hindurchgeschleudert, über die Fahrbahn und in den gegenüberliegenden Graben. Die Luft blieb ihm weg, vor seinen Augen tanzten rote Spiralen. Dann folgten auch schon die nächste Explosionen und noch weitere.
    Als der Kommissar benommen den Kopf hob, standen die Überreste sämtlicher Gebäude in Flammen.
    Männer in Schwarz rannten über die verwüstete Grünfläche, riefen durcheinander, telefonierten hektisch. Ein Schatten stürzte auf ihn zu, beugte sich besorgt zu ihm herunter.
    »Alles o.k., Thomas?« Frank Lindner ließ sich neben ihm ins Gras fallen. »Was für ein Feuerwerk! War der irre?«
    Calis schüttelte stumm den Kopf. »Ehemaliger Offizier der Fremdenlegion.« Mit fahrigen Bewegungen streifte er sich das Laub aus den Haaren, dann reichte er Lindner Konstantinos’ Hemd und die Aufzeichnungen. »Geblieben ist die Härte gegen sich selbst und andere, die Disziplin und der Teamgeist, Elitedenken und der ungebrochene Kampfwille. Zitat Ende.«
     
     
    Es war fast Mitternacht, als Calis den Golf in der Wallenbergstraße unter den Laternen parkte und ausstieg. Er streckte sich und hatte das Gefühl, jeder einzelne seiner Muskeln schmerzte.
    »Je später der Abend, umso komischer die Jäste«, tönte es von der Gartentür, und Gustav kicherte schadenfroh, als der Kommissar überrascht herumfuhr. »Machen Se een uff Vogelscheuche oder is det die neue Clubmode?«
    »Ick wollte dir noch besuchen, uff dem Weg ins Bett«, lächelte Calis müde. »Siehst jut aus.«
    »Ach wat, is viel zu dunkel, aber danke für die Lüje«, nuschelte Gustav. »Kommse rin, könnse rausschaun. Die Bar is offen.«
    Die schmächtige Figur mit den hängenden Schultern trottete voran, und Calis folgte ihm durch den dunklen Garten, der nur hin und wieder von kleinen Laternen notdürftig erleuchtet wurde.
    »Wollnse ins Separée oder nach Hollywood?«, erkundigte sich Gustav gut gelaunt. »Nur wejen der Jetränke …«
    »Die Schaukel tut‘s auch«, entschied sich Calis und dachte mit Grausen an die muffige Hütte hinter den Fliederbüschen. »Wo ist das Schlabbermonster?«
    »Attila? Der überschwemmt gerade die Büsche.« Gustav bog nach links ein. Als er zwischen den niedrigen Sträuchern auf die kleine Wiese hinaustrat, gingen wie von Geisterhand versteckte Scheinwerfer an und tauchten ein elegantes Gartenzelt mit passender Sitzgarnitur, einen riesigen Grill und einen Kühlschrank Marke XXL in dezentes orangefarbenes Licht.
    Calis blieb der Mund offen stehen.
    Gustav wies stolz nacheinander auf den Grill, den Kühlschrank und das Zelt. »Essen, Trinken, Chillen – sagt man heute doch so, nich?« Dabei kicherte er vor sich hin.
    Calis pfiff beeindruckt durch die Zähne.
    »Alter Verwalter, hat dich die Lottofee geküsst? Ist deine Erbtante abgetreten, oder hast du den großen Coup gelandet? Leg besser gleich eine Beichte ab, Gustav.«
    »Sind Se im Nebenberuf ooch Pfarrer?«, konterte Gustav trocken. »Naja, würde ja passen … «
    »Gustav!«,
stoppte ihn Calis noch rechtzeitig.
    »Is ja jut, wie Se meenen … Bier oder Korn, Wein oder Schampus?« Mit einer großzügigen Geste, ganz der stolze Hausherr, öffnete Gustav die Doppeltür des Kühlschranks. Eine Kathedrale des Alkohols, wohlgefüllt bis in die letzten Ecken, erstrahlte in reinem Weiß. Misstrauisch musterte der Kommissar die makellose Sitzgarnitur, den glänzenden Grill und die Stapel frischer Teller auf dem langen Tisch mit den Kerzen. Gustav holte inzwischen zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank und machte sie auf, bevor er Calis eine davon in die Hand drückte. »Mit irjendwat muss man ja anfangen… und Prost!«, griente er.
    »Nur zum Mitschreiben«, stieß Calis nach. »Woher hast du die Kröten?«
    Bevor Gustav antworten konnte, schoss Attila um die Ecke, stürmte über die Wiese, rannte den Kommissar fast über den Haufen, jaulte vor Freude, sprang an ihm hoch und schleckte ihn hingebungsvoll ab.
    »Der mag Se echt«, lachte Gustav. »Is nich bei jedem so.«
    Der Kommissar beruhigte den Dobermann mühsam, der schließlich von ihm abließ und sich begeistert über eine riesige Schüssel Fleisch hermachte.

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