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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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ein neues Ablagesystem, von dem ich nichts weiß?«, rief Salam und stemmte die Hände in die Hüften. »Kaum ist man ein paar Tage verreist, geht es hier drunter und drüber!«
    Kala fuhr herum, erkannte den Chief Inspector, flog auf ihn zu und fiel ihm um den Hals. Von ihrer eigenen Courage überrascht, ließ sie ihn schnell wieder los und trat einen Schritt zurück, senkte den Kopf und stotterte »Es … tut mir leid … ich …«
    »Kala?« Salam hob ihr Kinn mit einem Finger an und schaute ihr in die Augen. Die junge Frau hatte blaue Flecken im Gesicht, Schrammen liefen über die rechte Wange, und die geplatzte Oberlippe war nur notdürftig genäht. Da breitete Salam die Arme aus, zog Kala an sich und drückte die junge Frau ganz fest. Sie schluchzte auf und klammerte sich an ihn.
    »Alles wird gut, Kala, alles wird gut«, murmelte Salam und strich ihr über die Haare. »So leicht geben wir nicht auf, oder?«
    Kala schüttelte stumm den Kopf, während ihr die Tränen herunterliefen.
    »Wie geht es Ihrem Vater?«, wollte Salam wissen.
    Die junge Frau schniefte und lächelte scheu. »Er ist heute wieder in die Bank gegangen, zum ersten Mal nach …« Sie brach ab. »Die paar gebrochenen Rippen werden bald wieder verheilt sein.«
    »Bitte richten Sie ihm aus, ich möchte ihn gerne treffen, um mich bei ihm zu bedanken«, sagte Salam und schaute sich um. »Vergessen Sie das Chaos hier, gehen Sie jetzt erst einmal zum Arzt. Ihre Lippe muss versorgt werden, und ich möchte, dass Sie ein paar Tage Urlaub machen.«
    Energisch schüttelte Kala den Kopf und schnäuzte sich. »Ich bleibe hier, Chief. Bis zum Termin heute Abend bei Dr. Naziri kann ich genauso gut aufräumen. Sie sind ja auch im Büro.« Damit wandte sie sich ihrem Schreibtisch zu und fuhr den Computer hoch. »Und was die Unterlagen und die Bewerbungen für die Rekrutierungsaktion betrifft, so liegen sie bereits in Ihrem Büro.« Damit war für Salams Sekretärin die Diskussion beendet.
    Der Chief Inspector lächelte, wollte etwas sagen, überlegte es sich dann doch und suchte sich einen Weg durch die Papierstapel in sein Büro.
    »Ach ja, Chief«, holte ihn Kalas Stimme ein. »Raza und Arheem haben sich vor zwei Stunden zurück zum Dienst gemeldet. Sie kamen direkt aus Peschawar, nachdem sie gehört hatten, dass der Geheimdienst wieder abgezogen ist und wollten Sie sprechen. Sie meinten, sie hätten eine Nachricht für Sie.«
    »Dann immer herein mit den beiden«, antwortete Salam und ließ sich in seinen Sessel fallen. Sein Büro sah überraschend aufgeräumt aus. Als er die Schubladen aufzog, musste er sich korrigieren – es war nicht aufgeräumt, es war ausgeräumt.
    Alle Schubladen waren leer.
    Nur die Wand mit den gerahmten Fotos, Auszeichnungen und Diplomen, Konferenzprogrammen und der großen Landkarte des Distrikts Chitral schien unberührt.
    Kopfschüttelnd zog er sein Notizbuch aus der Uniformtasche und löste das Gummiband. In diesem Moment klingelte sein Telefon.
    »Salam«, meldete er sich geistesabwesend, klemmte den Hörer zwischen Ohr und Schulter, während er weiter nach der codierten Seite suchte.
    »Der Phönix ist also wieder im Nest gelandet«, ertönte eine zufrieden klingende Tenorstimme.
    »… und sichtet das Chaos, das die ISI hinterlassen hat«, antwortete Salam grimmig. »Wann sind diese Verbrecher abgezogen?«
    »Sie wurden zurückgepfiffen, von ganz oben«, erwiderte sein Gesprächspartner. »Es gab offenbar Kontakte auf höchster Ebene zwischen unserer und der englischen Regierung. Dann schalteten sich auch noch die Amerikaner ein und zogen die Daumenschrauben an. Gegen die waren die Engländer geradezu verbindlich. Kannst du mir sagen, was die Briten mit der ganzen Geschichte zu tun haben?«
    Salam ging nicht auf die Frage ein. »Was nun?«
    »Es gab einen Unfall«, gab der Tenor zurück. »Das Flugzeug, das die Gruppe der ISI aus Chitral ausgeflogen hat, ist aus unbekannter Ursache über einer Bergkette explodiert. Die Trümmer und Leichen wurden über ein Schneefeld von mehr als einem Kilometer verstreut. Keiner der Passagiere hat überlebt.«
    »Geh nicht in die Berge, steig nicht hinauf, wo die Feen dich holen werden«, flüsterte Salam und sah die alte Kalash-Frau vor sich. »Du wirst es erleben …«
    »Wie bitte?«
    »Vergiss es, du würdest es sowieso nicht verstehen«, gab Salam zurück.
    Es klopfte an seiner Tür und ohne eine Antwort abzuwarten, drängten Raza und Arheem ins Büro. Doch dahinter stand noch

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