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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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marinierter Rückensteaks von Aldi schwängerte die Abendluft. Geschirr klapperte, und Gläser klirrten. Rauchzeichen stiegen aus glühenden Grillwannen.
    Die Kleingärtner waren auf dem samstäglichen Kriegspfad. Die totale Fleischvernichtung stand bevor.
    Alice hatte sich nie wieder gemeldet, dafür Calis‘ Sachen in einem Karton mit der Aufschrift »Pampers Babywindeln« vor seine Wohnungstür gestellt. Mit dickem Filzstift hatte jemand groß »Schwein« darauf gemalt.
    Danke, Tante Louise!
    Seufzend nahm Calis noch einen tiefen Zug. Irgendetwas roch hier streng, stellte er dabei fest und setzte die Flasche ab. Er schnüffelte testweise in Richtung Achseln, verzog die Nase und ließ es gleich wieder bleiben. Spätestens jetzt wäre Frau Anwältin in einer Wolke von Chanel 5 entschwebt, mit entsetztem Gesichtsausdruck und zugehaltener Nase.
    Immer noch Schnepfe!
    Calis ließ sich einfach ins weiche Gras nach hinten fallen. Über ihm leuchteten die ersten Sterne am Hauptstadthimmel auf. Ein Kissen aus rosa, violett und dunkelblau mit silbernen Knöpfen. Oder eine gigantische Kuppel, atemberaubend bemalt, unter der die Schwalben die ersten Kreise zogen.
    Für einen Moment überlegte er, so einzuschlafen. Der Boden war noch warm, und ein Grashüpfer legte in drei kühnen Sprüngen die Distanz rechter Arm, Brust, Blumenbeet zurück.
    Beim Versuch, im Liegen die Bierflasche zu leeren, ging dann so ziemlich alles schief. Calis prustete und hustete, schnaufte und verschluckte sich, und als er die Augen wieder öffnete, war der Abendhimmel hinter einer völlig bekleckerten Brille unscharf geworden und die Sterne verschwunden.
    So weit zur Romantik im Mai, dachte er und musste lachen. Er versuchte, immer noch auf dem Rücken liegend, mit einem halbwegs sauberen Zipfel seines T-Shirts die Brille zu putzen, deren Gläser sich daraufhin in Milchglasscheiben verwandelten.
    Das war der Augenblick, in dem sich ein dunkler Schatten in sein Blickfeld schob.
    Calis stutzte. Gärtnernder Modellbahnbetreiber mit Rachegedanken oder die japanische Saufnase mit Nachschub?
    Er setzte die Brille auf, aber das machte es auch nicht besser. Ein Schmutz- und Biernebel nahm ihm die Sicht.
    »Wir geben nichts«, murmelte er unverbindlich und fühlte sich wie ein überraschter Maulwurf, der aus Versehen aufgetaucht war.
    »Von dir würde ich auch nichts nehmen, so wie du aussiehst.« Die helle Stimme klang schwach, aber der neckische Unterton war unverkennbar. Calis fuhr hoch.
    »Martina! Was machst du hier?«
    Oberkommissarin Trapp trug einen Verband um die Schulter und einen Arm in der Schlinge. Die tiefen Ringe unter den Augen waren selbst in der Abenddämmerung unübersehbar.
    »Dir beim Gärtnern helfen.« Trapp lächelte müde. »Aber ich glaube, in meinem Zustand bin ich keine große Hilfe. Lädst du mich ins Gras ein? Frank Lindner hat mir verraten, wo ich dich am Wochenende finde. Ich hab es in der Klinik nicht mehr ausgehalten.«
    Sie setzte sich neben Calis und verzog ein wenig das Gesicht. »Tut nur noch weh, wenn ich lache«, meinte sie.
    Calis sah sie schweigend an. Dann griff er nach der Haarspange und löste ihre rotblonden Haare. »Es ist schön, dass du gekommen bist«, sagte er leise. »Wir können essen gehen, wenn du willst.«
    Trapp blickte sich um, strich gedankenverloren mit der Hand durchs Gras und lächelte. »Später vielleicht.« Dann ließ sie sich vorsichtig neben Calis auf die Wiese sinken, legte sich auf den Rücken und atmete tief ein.
    »Es riecht nach Sommer.« Sie schaute hinauf in den dunkelblauen Abend. »Einem geschenkten Sommer …« Dabei fuhr sie mit der Hand vorsichtig über den Verband.
    Calis stützte sich auf den Ellbogen und sah sie an. »Deine Sommersprossen sind ganz blass«, bemerkte er und zeichnete mit seinem Zeigefinger zärtlich unsichtbare Linien auf ihre Nase.
    »Vielleicht solltest du mich ärgern …«, erwiderte sie leise und schloss die Augen. Tränen zogen eine silberne Bahn aus ihren Augenwinkeln über die Wangen und ertränkten die Sommersprossen.
    »Da gibt’s bestimmt noch andere Möglichkeiten, Frau Oberkommissar«, flüsterte Calis ihr ins Ohr. »Möglicherweise nicht ganz öffentlichkeitstauglich …«
    Martina Trapp musste lachen und schniefte. »Gleich hier?«
    »Sicher der beste Weg, aus dem Kleingartenverein in hohem Bogen rauszufliegen«, musste Calis zugeben. »Und davon träume ich seit Wochen.«
    »Worauf wartest du dann noch?«, raunte Trapp, griff in die

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