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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Nachtwächter, ein untersetzter dunkelhaariger Mann mit Dreitagebart, sah ihn fragend an. Im Hintergrund dudelte Radio Paradiso.
    »Guten Abend!«, sagte der Jogger freundlich, »ich habe die wunderschöne alte Turbinenhalle aus AEG -Zeiten bewundert und wollte Sie fragen, ob es darüber irgendwelche Informationen gibt. Ich bin Fotograf und würde gerne im Inneren Bilder machen, wenn das möglich ist.«
    Der Pförtner lächelte kurz und öffnete das kleine Fenster. »Ja, warten Sie, wir haben ein kleines Merkblatt über den Bau und den Architekten. Ich muss es nur finden!«
    Er stand auf, ging zu einem Wandschrank und begann zu suchen.
    Der Jogger winkte den beiden Männern zu, die blitzschnell herbeieilten, sich bückten und unterhalb des Fensters am Empfang vorbeihuschten. Der eine stellte sich vor eine Glastür mit der Aufschrift »Für Unbefugte Zutritt verboten«, wo ihn der Pförtner nicht sehen konnte, während der andere in die Hocke ging, einen kleinen Zylinder aus seiner Tasche zog und einen dünnen Schlauch unter der Tür durchführte. Dann nickte er dem Jogger zu und öffnete das Ventil.
    »Sie müssen wissen, ich interessiere mich seit Jahren für Industriearchitektur, und diese Halle ist einfach unglaublich gut erhalten«, rief der Jogger dem Pförtner zu, der noch immer nach dem Prospekt suchte. »Läuft eigentlich die Produktion noch immer in den alten Mauern, oder ist es nur noch eine leere Hülle?«
    Der Nachtwächter, der inzwischen die untersten Fächer des Wandschranks erreicht hatte, richtete sich mit triumphierender Miene wieder auf. »Ich wusste ja, wir haben da etwas …« meinte er, hielt eine dünne Broschüre in die Höhe, kam zu der großen Glasscheibe zurück und reichte sie durch die Öffnung. »Da steht alles drin, was Sie interessiert. Die Halle ist ein Industriedenkmal ersten Ranges in einer Stadt, die nach den Bomben des Krieges nicht mehr so viele davon hat. Ich glaube allerdings nicht, dass Sie drinnen fotografieren können, die Produktion läuft noch immer, und ich bin sicher, die Geschäftsleitung hätte etwas dagegen.« Er lächelte entschuldigend und zuckte die Achseln.
    »Trotzdem vielen Dank!«, rief ihm der Jogger zu und winkte kurz. Dann lief er weiter und verschwand in der Dunkelheit.
    Das Betäubungsgas wirkte Minuten später. Der Wachmann gähnte und lehnte sich in seinem Sessel zurück, schließlich fiel sein Kopf schwer auf die Brust.
    Einer der Schlüssel vom Bund seines toten Kollegen öffnete die massive Glastür, und die beiden Männer in den schwarzen Tarnanzügen betraten den kleinen Raum. An einer der Wände hing ein Dutzend Monitore, die zwischen den Bildern der Überwachungskameras auf dem Siemens-Gelände hin und her schalteten. Die Männer beachteten den Bewusstlosen nicht, sondern wandten sich der Elektronik zu und blickten nicht einmal auf, als der Jogger wieder zurückkehrte und wortlos seinen Sportanzug abstreifte. Darunter trug er ein hellblaues Hemd und eine dunkelblaue Hose. Er hievte den Wachmann aus seinem Sessel, zog ihn außer Sichtweite und ließ sich auf den Stuhl fallen. Dann begann er das Kreuzworträtselheft zu studieren, das unter der Leselampe lag.
    »Die Verbindung zu den Kameras in der Halle ist unterbrochen«, murmelte einer der beiden Männer in Schwarz, bevor er mit seinem Kollegen aus dem Raum lief und über den Hof rannte. Wenige Minuten später standen die beiden vor einem hohen Tor, das elektronisch gesichert war. Einer der beiden zog einen kleinen Zettel aus seiner Tasche, las den Code ab und tippte ihn ein. Mit einem leisen Klicken sprang die Tür auf, und die Männer betraten die riesige, mehr als zweihundert Meter lange Halle, deren Metallkonstruktion mit ihren grün gestrichenen Nieten und Trägern an ein Bahnhofsgebäude erinnerte. Durch die meterhohen Fenster zur Berlichingenstraße hin fiel das Licht der Straßenbeleuchtung herein.
    Die beiden Männer orientierten sich kurz, dann liefen sie los, zählten die Pfeiler. Bei der siebten Metallstrebe hielten sie an und zogen zwei kleine Leuchtdioden-Lampen aus einer Tasche ihres Tarnanzugs.
    »Die siebte Niete von unten«, murmelte einer von ihnen.
    »Da sind Doppelnieten, jeweils ein Paar. Welche?«
    »Wohl kaum die rechte«, antwortete sein Partner mit einem ironischen Unterton. »Beginnen wir also mit der linken.« Dann zog er ein scharfes Stemmeisen und einen Hammer aus seiner Sporttasche, setzte das Eisen an und schlug zu. Mit einem singenden Ton prallte die Klinge

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