Heiße Beute
Benders Wohnzimmer.
Bender saß in seinem Sessel und guckte Fernsehen. Er sah mich auf sich zukommen, bekam Stielaugen und klappte das Kinn herunter. »Sie schon wieder!«, sagte er. »Was soll der Scheiß?« In der nächsten Sekunde hatte er sich aus dem Sessel gestemmt und machte einen Satz zum Hintereingang.
»Schnappen Sie sich den Kerl!«, schrie ich Kloughn an.
»Sprühen Sie ihm das Pfefferspray ins Gesicht. Treten Sie ihn. So tun Sie doch was!«
Kloughn warf sich mit einem Hechtsprung auf Bender, erwischte ihn aber nur am Hosenbein. Beide Männer fielen zu Boden. Ich stürzte mich auf Bender und legte ihm die Handschellen an. Erleichtert ließ ich von ihm ab.
Bender rappelte sich hoch und rannte zur Tür, die Kette hinter sich her ziehend.
Kloughn und ich beglückwünschten uns zu dem Fang.
»Mann, Sie sind ganz schön clever«, sagte Kloughn. »Auf die Idee, ihn an die Stoßstange zu ketten, wäre ich nie gekommen. Das muss ich Ihnen lassen, Sie sind gut in Ihrem Job, wirklich, Sie sind gut.«
»Gucken Sie nach, ob der Hintereingang auch verschlossen ist«, sagte ich zu Kloughn. »Ich will nicht, dass die Wohnung ausgeräumt wird.« Ich stellte den Fernseher ab, und Kloughn und ich gingen nach draußen, als Bender gerade mit meinem Honda davonfuhr.
Scheiße.
»He, Sie da«, rief Kloughn noch hinter ihm her, »Sie haben meine Handschellen!«
Bender hatte den Arm aus dem Fenster gesteckt und hielt damit die Fahrertür zugedrückt. Die Kette rankte sich von der Tür bis zur hinteren Stoßstange, ein Stück schlingerte Funken sprühend über den Asphalt. Bender hob den Arm hoch und zeigte uns noch den Stinkefinger, bevor er um die nächste Ecke raste und außer Sicht war.
»Sie haben die Schlüssel stecken lassen«, sagte Kloughn.
»Das ist ganz bestimmt verboten. Und Ihre Tür hatten Sie auch nicht abgeschlossen. Immer den Schlüssel abziehen und die Tür abschließen.«
Ich bedachte Kloughn mit meinem Furienblick.
»Man muss in diesem Fall die besonderen Umstände berücksichtigen«, verteidigte er sich. »Das dürfen Sie nicht vergessen.«
Kloughn kauerte unter dem kleinen Vordach, das die Treppenstufen vor Benders Haustür vor Regen schützte. Ich stand auf dem Gehsteig, im Regen, bis auf die Haut durchnässt, und wartete auf den Streifenwagen. Bei unablässigem Regen hat man irgendwann den Moment erreicht, an dem einem alles egal ist.
Ich hatte gehofft, Costanza oder mein Spezi Gazarra würden an den Apparat gehen, als ich mein Auto bei der Polizei als gestohlen meldete. In dem Streifenwagen, der schließlich kam, saß keiner von beiden.
»Sie sind also die berühmte Stephanie Plum«, sagte der Polizist.
»Ich schieße eigentlich nie auf Menschen«, sagte ich und nahm auf dem Rücksitz der Limousine Platz. »Und das Feuer in dem Beerdigungsinstitut damals war auch nicht meine Schuld.« Ich beugte mich vor, und aus meiner Nase tropfte Wasser auf den Boden des Fahrzeugs. »Meistens nimmt Costanza meine Notrufe entgegen«, sagte ich.
»Diesmal hat er nicht das große Los gezogen.«
»Losen Sie aus, wer geschickt wird?«
»Ja. Nach der Sache mit den Schlangen hat die Teilnahme an der Verlosung allerdings rapide abgenommen.«
Eine Viertelstunde später fuhr der Streifenwagen wieder ab, und Morelli kreuzte auf.
»Wieder über Funk mitgehört?«, stellte ich ihn zur Rede.
»Den brauche ich nicht mehr abzuhören. Sobald dein Name irgendwo im Stimmengewirr fällt, kriege ich fünfundvierzig Anrufe auf einmal.«
Ich rang mir ein Grinsen ab, das einnehmend wirken sollte. »Tut mir Leid.«
»Nur für’s Protokoll«, erkundigte sich Morelli genauer:
»Bender ist also, an die Stoßstange gekettet, mit deinem Wagen abgehauen.«
»Ich fand das eigentlich eine klasse Idee. Leider danebengegangen.«
»Und deine Tasche war natürlich auch im Auto.«
»Ja.«
Morelli sah hinüber zu Kloughn. »Wer ist dieser Zwerg Nase mit den Troddeln an seinen Mokassins und dem blauen Auge?«
»Albert Kloughn.«
»Und warum ist er mitgekommen?«
»Ihm gehören die Handschellen.«
Morelli gab sich Mühe, ein Lachen zu unterdrücken, vergebens. »Steig ein. Ich bringe dich nach Hause.«
Zuerst setzten wir Kloughn ab.
»Wissen Sie was?«, sagte Kloughn. »Wir haben gar nicht zu Mittag gegessen. Sollen wir nicht alle zusammen Mittag essen? Ein Stück weiter ist ein Mexikaner. Wir können uns auch einen Hamburger bestellen oder eine Frühlingsrolle. Ich kenne da einen Imbiss, der macht hervorragende
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