Heiße Beute
probiert.«
»Ich höre gar keine Sirene.«
»Die Kollegen kommen ohne Sirene«, flüsterte er. »Ich hatte Mickey Lauder am Apparat, und ich habe ihm gesagt, er soll in einer Zivilstreife kommen und sich anschleichen.«
Hinterm Haus war ein gedämpfter Schlag zu vernehmen, dann lautes Geschrei. Morelli und ich liefen zum Hintereingang und schalteten das Verandalicht an. Mickey Lauder und zwei Polizisten hielten zwei Personen am Boden.
»Ich fasse es nicht«, sagte Morelli und grinste. »Es sind deine Schwester und Albert Kloughn.«
Mickey Lauder konnte sich ein Grinsen ebenfalls nicht verkneifen. In ihrer Schulzeit waren er und Valerie zusammen ausgegangen. »Tut mir Leid«, sagte er und half ihr hoch, »ich habe dich im ersten Moment gar nicht erkannt. Du hast deine Frisur verändert.«
»Bist du verheiratet?«, fragte Valerie.
»Ja. Glücklich. Vier Kinder.«
»Ich frage nur so, aus Neugier«, sagte Valerie und seufzte.
Kloughn lag noch auf der Erde. »Sie hat nichts Verbotenes getan«, sagte er. »Sie kam nicht ins Haus rein. Die Türen waren abgeschlossen, und sie wollte niemanden wecken. Einbruch wäre das ja wohl nicht gewesen, oder? Ich meine, man darf doch noch in sein eigenes Haus einbrechen. Was bleibt einem schon anderes übrig, wenn man den Hausschlüssel vergessen hat.«
»Ich habe dich doch mit den Kindern zusammen ins Bett gehen sehen«, sagte ich zu Valerie. »Wie bist du aus dem Haus gekommen?«
»Auf die gleiche Weise, wie du dich früher aus dem Haus geschlichen hast, als du noch auf der Highschool warst«, sagte Morelli. Er grinste noch breiter als eben. »Aus dem Badezimmerfenster erst auf das Verandadach, von da auf die Mülltonne.«
»Sie müssen ja ’ne heiße Nummer sein«, sagte Lauder zu Kloughn. »Wegen mir hat sie sich nie aus dem Haus geschlichen.«
»Eigenlob stinkt zwar«, sagte Kloughn, »aber ich weiß, was ich wert bin.«
Grandma tauchte im Bademantel hinter mir auf. »Was ist denn hier los?«
»Die Bullen haben Valerie erwischt.«
»Im Ernst?«, sagte Grandma. »Tut ihr mal ganz gut.«
Morelli steckte seine Waffe in den Hosenbund seiner Jeans.
»Ich hole nur eben meine Jacke und bitte Lauder, dass er mich nach Hause bringt. Du kommst jetzt allein zurecht. Deine Oma ist ja bei dir. Tut mir Leid, dass ich beim Monopoly immer gewonnen habe, aber du spielst einfach grottenschlecht.«
»Ich habe dich nur gewinnen lassen, weil du mir einen Gefallen getan hast.«
»Das kannst du deiner Oma erzählen.«
»Ich unterbreche nur ungern dein Frühstück«, sagte Grandma zu mir, »aber vor der Tür steht ein großer, unheimlicher Mann, der will dich sprechen. Er sagt, er hätte ein Auto abzuliefern.«
Das musste Tank sein.
Ich ging zur Haustür, und Tank übergab mir einen Schlüsselbund. Seitlich an ihm vorbei sah ich nach draußen auf die Straße. Ranger hatte mir einen neuen schwarzen Honda CRV besorgt, fast das gleiche Auto, das explodiert war. Aus Erfahrung wusste ich, dass der neue Wagen mit allem möglichen Schnickschnack ausgestattet sein würde, und an einer Stelle, an der ich nie nachgucken würde, hatte er vermutlich auch einen Sender an Bord. Ranger blieb gern auf dem Laufenden, wo seine Autos und seine Leute abblieben. Hinter dem Wagen wartete ein ebenfalls neuer schwarzer Land Rover mit Fahrer.
»Das ist für Sie«, sagte Tank noch und gab mir ein Handy.
»Ihre Nummer ist einprogrammiert.«
Damit war er auch schon wieder verschwunden.
Grandma sah hinter ihm her. »War der von der Leihwagenfirma?«
»Könnte man sagen.«
Ich kehrte zurück zur Küche und trank meinen Kaffee, zwischendurch hörte ich mit der Fernabfrage den Anrufbeantworter in meiner Wohnung ab. Es waren zwei Anrufe von meiner Versicherung da. Im ersten wurde mir mitgeteilt, ich bekäme per Eilpost Formulare zugeschickt, im zweiten, mein Vertrag sei gekündigt. Auf den drei nächsten war nur Atmen zu hören, wahrscheinlich der Hase. Die letzte Nachricht war von Evelyns Nachbarin, Carol Balog.
»Hallo, Steph«, hörte ich ihre Stimme. »Evelyn und Annie habe ich nicht gesehen, aber irgendwas Seltsames geht hier vor. Ruf mich an, sobald du kannst.«
»Ich verschwinde«, sagte ich zu meiner Mutter und Grandma. »Meine Sachen nehme ich wieder mit. Ich ziehe für einige Tage zu einem Freund. Rex lasse ich hier.«
Meine Mutter blickte vom Gemüseschnippeln auf. »Du ziehst doch nicht etwa wieder zu Morelli, oder?«, wollte sie wissen. »Ich weiß nicht, was ich den Leuten sagen soll. Was
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