Heiße Hüpfer
Schweiß vom Kopf. Er sah dem verschwindenden Pferd nach, blickte dann zu den Schuppen und den anderen Männern. Er öffnete mehrmals den Mund, um etwas zu sagen, schloß ihn jedoch wieder, bevor er das erste Wort hervorbringen konnte. Erneut sah er sich um. »Ihr alle wißt doch, daß ich es seit einer Ewigkeit hatte, oder?« fragte er.
»Na klar.«
»Seit einer Ewigkeit.«
»Hab’s von einem Burschen gewonnen.«
»Ja. Genau. Kein Zweifel. Du hast es gewonnen.«
F rau Allesweiß saß auf einem Felsen und kämmte ihr Haar. Einem nahen Busch waren genau zum richtigen Zeitpunkt mehrere Zweige mit stumpfen, dicht nebeneinander sitzenden Dornen gewachsen.
Dick, rosarot und sehr sauber, entspannte sie sich am Wasser wie eine aufgeblasene Sirene. Vögel zwitscherten in den Bäumen. Schimmernde Insekten schwirrten über den Tümpel.
Wäre der Oberste Hirte zugegen gewesen, hätte man ihn aufsammeln und in einem Eimer forttragen können.
Frau Allesweiß fühlte sich in keiner Weise bedroht. Immerhin befanden sich Zauberer in der Nähe. Mit vager Besorgnis dachte sie daran, daß die Mädchen während ihrer Abwesenheit faulenzten, aber sie tröstete sich mit der Vorstellung, daß sie ihnen ordentlich Dampf machte, sobald sie zurückkehrte. Für die Möglichkeit, daß es vielleicht gar keine Rückkehr gab, war in ihrem Denken kein Platz.
Auch für viele andere Dinge gab es in Frau Allesweiß’ Denken keinen Platz. Schon vor einer ganzen Weile war sie zu dem Schluß gekommen, daß es sich auf diese Weise viel angenehmer leben ließ.
Sie vertrat einen recht einfachen Standpunkt in Hinsicht auf fremde Länder, besser gesagt: in bezug auf alles, was weiter entfernt war als das Haus ihrer Schwester in Quirm, wo sie jedes Jahr im Sommer einen einwöchigen Urlaub verbrachte. In diesen Regionen wohnten Leute, die vor allem Mitleid verdienten und gegen die man keine Vorwürfe erheben durfte, weil sie wie Kinder 15 waren.
Und sie verhielten sich wie Wilde 16 .
Andererseits war die Umgebung recht nett, das Wetter gut, und nichts roch schlecht. Unter solchen Umständen ließ es sich gut aushalten, fand sie.
Frau Allesweiß hatte sich die Freiheit genommen, auf ihr Korsett zu verzichten.
J enes Ding, das der Oberste Hirte immer wieder als »Kürbisboot« bezeichnete, war sehr beeindruckend, wie selbst der Dekan zugeben mußte.
Unter Deck gab es einen großen Raum mit dunklen, von Adern durchzogenen Wänden, an denen gewölbte schwarze Tafeln hingen, wie riesige Sonnenblumensamen.
»Schiffssamen«, sagte der Erzkanzler. »Geben wahrscheinlich einen guten Ballast ab. Oberster Hirte, würdest du bitte darauf verzichten, die Wand zu essen?«
»Ich dachte, wir könnten vielleicht mehr Kajütenplatz gebrauchen«, sagte der Oberste Hirte.
»Aber nicht auf Kosten des Schiffes«, erwiderte der Erzkanzler und kehrte nach oben zurück.
»Ahoi, Seemann, festhieven!« rief der Dekan. Er warf ein Bündel Bananen an Bord und kletterte dann aufs Deck.
»Wie du meinst. Auf welche Weise steuern wir dieses Gemüse, Dekan?«
»Oh, Ponder Stibbons kennt sich mit solchen Dingen aus.«
»Und wo ist er?«
»Ging er nicht fort, um Bananen zu holen?«
Sie blickten über den Strand und beobachteten den Quästor, der Tang aufhäufte.
»Er schien ein bißchen… erregt zu sein«, sagte Ridcully.
»Weiß überhaupt nicht, warum.«
Der Erzkanzler sah zum Berg in der Inselmitte. Die Nachmittagssonne ließ ihn erglühen.
»Er würde doch nichts Dummes anstellen, oder?« fragte er.
»Ich bitte dich«, entgegnete der Dekan. »Ponder Stibbons ist ein voll ausgebildeter Zauberer!«
»Danke für diese sehr präzise und klare Antwort, Dekan«, sagte Ridcully. Er beugte sich vor und blickte nach unten. »Oberster Hirte! Wir brechen auf, um Stibbons zu suchen. Und wir sollten auch Frau Allesweiß holen.«
Unter Deck kreischte jemand. »Frau Allesweiß! Wie konnten wir sie nur vergessen!«
»In deinem Fall wäre ein sehr kaltes Bad dazu nötig, Oberster Hirte.«
D ieses Pferd war nicht besonders schnell. Es bewegte sich in einem phlegmatischen So-kann-ich-den-ganzen-Tag-laufen-Tempo, das deutlich auf folgendes hinwies: Damit es schneller lief, hätte man es von einer Klippe stürzen müssen. Es hatte eine seltsame Gangart: etwas schneller als ein Trab, aber langsamer als ein Handgalopp. Das Ergebnis war ein Rütteln, das nicht mit dem Trägheitsmoment der bekannten Organe im menschlichen Körper synchronisiert war – in Rincewind
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