Heiße Liebe zum Dessert - Crusie, J: Heiße Liebe zum Dessert - Agnes and the Hitman
heran.
»Denn wenn wir uns jetzt weiter unterhalten, wirst du früher oder später aufstehen und all diesen Hochzeitskram erledigen«, sagte er und führte die Spurrille ein wenig weiter nach unten fort. »Und dann werde ich dich nicht flachlegen.«
»Ganz richtig«, sagte Agnes und seufzte, auch wenn sie im Geheimen dachte: Lieber Gott, lass uns heute Abend noch am Leben sein, damit wir uns hier wiedersehen.
Dann küsste er sie, und sie hörte auf zu denken.
Eine Stunde später weckte Shanes Satellitentelefon die beiden wieder auf.
»Ich hasse dieses Ding«, murmelte Agnes, die unter der Decke lag, den Kopf an Shanes Brust.
Rhett hob sein Haupt und tat mit einem langen, tiefen Blick sein Missfallen kund, bevor er sich erneut auf das Kissen fallen ließ, das Agnes ihm auf den Boden gelegt hatte.
»Ja, mir geht es langsam auch so«, sagte Shane, als er das Telefon hervorholte und aufs Display sah.
Anlegesteg. Fünfzehn Minuten.
»Ich muss mich mit Wilson treffen«, sagte er.
»Den hasse ich auch.«
»Ja«, stimmte Shane zu und wandte sich geistig widerstrebend jenen Dingen zu, mit denen er sich eigentlich gar nicht auseinandersetzen wollte.
Wilson hatte lebenswichtige Informationen zurückgehalten. Das konnte natürlich Teil seiner üblichen Strategie sein, aber plötzlich wurde ihm bewusst, wie Wilsons Job tatsächlich aussah. Er würde in Washington sitzen und andere Leute die Drecksarbeit machen lassen, Leute wie Carpenter. Doch irgendwie hatte er das Gefühl, dass es dieses Mal nicht um die Anforderungen von Wilsons Job ging, sondern um andere Dinge, und zwar keine guten.
Er setzte sich auf, wobei er sich nur äußerst ungern aus dem Dunstkreis ihrer Wärme entfernte. »Ich sage dir später, was los war.«
»Kannst du das denn?« Sie setzte sich auf, jetzt ganz wach. »Wenn es nicht geht, brauchst du das einfach nur zu sagen. Bitte.«
Shane blieb stehen und sah Agnes an. Er hatte sie immer als höchst energische Frau betrachtet, zornerfüllt – ganz entschieden zornerfüllt -, aber auch stark. Jetzt aber sah sie verletzlich aus. Er beugte sich über sie und küsste sie. »Alles klar. Ich verspreche es.«
Wieder ein Versprechen .
»Heute Abend bin ich wieder da.« Das wurde scheinbar zur Gewohnheit.
Agnes seufzte, nickte und rollte sich in ihrer strahlenden Nacktheit aus dem Bett. »Gut. Dann mache ich jetzt Frühstück. Maria heiratet heute. Ich bin sicher, alles geht gut.« Widerstrebend löste sie die Augen von ihm und ging ins Bad. Er aber starrte leeren Blickes auf die Stelle, an der sie gerade eben noch gestanden hatte. In der Hoffnung, sie würde vielleicht zurückkommen.
»Ja«, sagte er noch einmal. Dann zog er sich an und ging in die morgendliche Stille hinaus. In seinem Rücken erhob sich die Sonne soeben über die Baumwipfel und erhellte die Ufer des Blood River. Außer dem friedlichen Schwappen des Wassers gegen die Uferlinie aus pinkfarbenem Sand und einem gelegentlichen lauten Schnarren von Cerise und Hot Pink, die den neuen Tag begrüßten, war nichts zu hören. Ein paar Minuten lang erlaubte er sich den Luxus, die Welt für friedlich zu halten. Dann hörte er den Bootsmotor.
Shane sah zum Anlegesteg hinunter, wo Wilson gerade anlegte. Sobald der alte Mann auf das Schwimmdock gestiegen war, glitt das Boot wieder hinaus auf den Fluss, um auf ihn zu warten. Shane schlenderte auf den hölzernen Steg zu, während Wilson langsam die Plattform erkletterte.
Shane hörte eine Autotür zuschlagen und drehte sich um. Frankie war gerade aus seinem Pick-up gestiegen und streckte sich. Das weiße Haar war nun schwarz gefärbt, der Bart abrasiert. Er war zwar gut fünfzig Pfund schwerer als früher, aber jetzt sah er wenigstens wie Frankie aus. Ein zweiter Pick-up kam die Auffahrt herauf: Joey. Die beiden hatten wahrscheinlich eine interessante Nacht hinter sich: viel Gerede über alte Zeiten und gelegentlich die Versuchung, aufeinander zu schießen. Dem Himmel sei Dank hatten beide Angst vor Agnes.
Mittlerweile hatte er den langen Steg erreicht und machte sich auf den Weg zur Plattform.
Als er auf Wilson zuging, fiel ihm zum ersten Mal richtig auf, wie alt sein Chef war. Älter als Joey. Älter als alle anderen, die mit dieser Geschichte zu tun hatten. Ob Wilson müde geworden war? Hatte er nur einfach die Nase voll von dem, was er die letzten sechzig Jahre gemacht hatte, oder war er wirklich fertig?
Als Shane auf der Plattform ankam, hatte Wilson sich schon niedergelassen.
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