Heiße Nacht, Sueßes Gestaendnis
er sie und lächelte. „Seine Mutter zu verlieren aktiviert solche Instinkte. Deswegen hast du dir nichts vorzuwerfen.“
„Vielleicht nicht“, stimmte sie zaghaft zu. „Am schlimmsten war aber, wie ich meinen Vater behandelt habe. Drei Jahre lang habe ich ihn provoziert, wo ich nur konnte: Habe geraucht, getrunken und mich mit Typen eingelassen, die nicht gut für mich waren. Ich habe mir einen Nasenring stechen lassen und bin nächtelang um die Häuser gezogen.“ In ihrer wilden Jugend war es mit der Selbstkontrolle wirklich nicht weit her gewesen. „Ich hab mich sogar tätowieren lassen!“
„Ein Tattoo?“ Seine Augen leuchteten auf. „Wo denn? Mir ist keines aufgefallen.“
Tess lachte und stieß ihm spaßeshalber gegen den Ellenbogen. „Freu dich nicht zu früh! Ich habe es schon vor einer Ewigkeit wegmachen lassen.“
„Was war es denn? Und wo?“
„Rate mal!“
„Gut. Wie alt warst du? Fünfzehn?“
„Genau. Und natürlich hatte ich einen einwandfrei gefälschten Ausweis“, fügte sie verschmitzt hinzu.
Immer noch grinsend rieb er sich das Kinn. „Okay. Ein fünfzehnjähriges, britisches Mädchen. Es war doch wohl hoffentlich kein Hundebaby oder Bärchen auf dem Knöchel oder so?“
„Weit gefehlt“, sagte sie abfällig und fühlte sich durch diese Vermutung ernsthaft beleidigt. „Schließlich war ich eine waschechte Rebellin. Ich habe mir die Worte Kiss My Ass mit einem Herz drum herum auf die rechte Pobacke stechen lassen“, verkündete sie und war zum ersten Mal seit dreizehn Jahren sogar stolz auf diese Jugendsünde.
Nate warf den Kopf zurück und lachte laut. „Tess“, keuchte er, als sich seine Lungen endlich wieder mit Luft füllten. Sein Blick glühte förmlich vor Bewunderung. „Tess, das ist echt ein Knaller! Wie konntest du das nur entfernen lassen?“
„Es war hässlich.“
„Auf deinem hübschen Hintern? Kann nicht sein.“ Mit einem Finger streichelte er ihre Handfläche. „Weißt du, wie gern ich dieser sexy Aufforderung nachkommen würde?“
Ihr wurde ganz warm. Oh, ja, sie hatte eine glasklare Vorstellung davon, was Nate gern mit ihr anstellen würde! „Zu spät, Mr Graystone. Meine wilden Zeiten sind vorbei.“
„Sei dir da nicht zu sicher!“ Die Stimmung zwischen ihnen war ausgelassen. „Was hat dein alter Herr getan? Sag nicht, er hat dein Tattoo bemerkt!“
Plötzlich kippte Tess’ Laune, und ihr stiegen heiße Tränen in die Augen. Sie sah auf das Meer hinaus, wo sich am Horizont leuchtend orange Wolken auftürmten.
„Hey!“, sagte er besorgt und umfasste ihr Kinn, damit sie ihn ansah. „Was ist passiert?“
„Ironie des Schicksals“, gab sie mit zittriger Stimme zurück. „Bis vor zwanzig Minuten hätte ich dir noch die selbstmitleidige Jammergeschichte aufgetischt, wie mein Vater mich sträflich im Stich gelassen und aus dem Haus geworfen hat.“
„Er hat dich rausgeschmissen? Wegen der Tätowierung? Das ist nicht dein Ernst!“ Sein wütender Tonfall hätte ihr eigentlich gefallen müssen. So wie sie es als Teenager immer genossen hatte, wenn jemand schlecht über ihren Vater sprach. Jetzt fühlte sie sich nur egoistisch und unreif.
„Es war nicht nur das, sondern mein gesamtes Benehmen. Alles, was ich sagte und tat. Was ich nicht sagte und nicht tat. Außerdem habe ich ihm ständig vorgeworfen, nicht richtig für mich da zu sein.“ Mit den Fingern imitierte sie Anführungszeichen in der Luft. „Er schloss sich oft im Arbeitszimmer ein, und dann habe ich ihn weinen hören. Das hat mir einen Riesenschrecken eingejagt, weil ich ihn nicht auch noch verlieren wollte. Also habe ich mich danebenbenommen, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber weißt du, was das Schlimmste ist? Er hat immer wieder versucht, unsere Beziehung zueinander zu retten, nachdem ich bei meiner Tante eingezogen bin. Und ich bin ihm nicht einmal ein Stück weit entgegengekommen. Stattdessen habe ich ihn abgestraft und mich selbst bemitleidet, bis auch er gestorben ist.“
Behutsam und voller Mitgefühl streichelte Nate ihre Wange. „Du warst noch ein halbes Kind, Tess. Wenn man jung ist, kann man nur schwarz und weiß sehen. Da trifft man dumme Entscheidungen und handelt unüberlegt und ganz besonders, wenn einem schreckliche Dinge widerfahren.“ Er schmunzelte. „So wie sich den Porsche seines Vaters für eine Spritztour auszuleihen und die Polizisten anzuschnauzen, die einen anhalten, damit man sich nicht umbringt. Nur weil der Mann, auf den du
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