Heiße Nacht, Sueßes Gestaendnis
Geschichte fortfuhr.
„Er hat mir eine reingehauen.“ Nate fuhr sich durch die Haare. „Immer wieder. Bis Maria im Nachthemd angelaufen kam und ihn von mir runtergezogen hat. An danach kann ich mich gar nicht richtig erinnern. Auf jeden Fall hat sie mich aufgepäppelt und mich beschworen, bloß nichts meinem Großvater zu erzählen.“ Mit der Faust schlug er gegen das Lenkrad. „Es macht mich ganz krank, daran zu denken, selbst heute noch. Sie bettelt mich an, weil sie um ihren Job fürchtet. Und Zane sitzt mit blutigen Fingerknöcheln in der Ecke und starrt mich mit einem wutentbrannten Blick an, den ich sonst nie an ihm gesehen habe. Ich glaube nicht mal, dass Grandpa sie entlassen hätte. Er war zwar ein Autokrat – vom alten Schlag und nicht gerade leicht im Umgang –, aber gleichzeitig ging ihm sein Pflichtbewusstsein über alles. Im Gegensatz zu meinem Vater.“
Tess dachte an die zwei Menschen, denen ihr eigenes Vergnügen wichtiger war als ihr Kind.
„Jahre später fand ich heraus, dass Maria mal als Küchenhilfe in der Villa meiner Eltern gearbeitet hatte. Sie war sechzehn, wunderschön, und mein Vater hat sie geschwängert. Meine Mutter schmiss sie raus, als man ihr die Schwangerschaft ansah. Einen außerehelichen Sohn vor Augen zu haben, hätte wohl die Partyatmosphäre gestört.“
Kein Wunder, wenn Nate für das Kind eines anderen bereitwillig aufkommen wollte, überlegte Tess. Wie hatte Marlena ihn nur so belügen können?
Die Geschichte mit Zane erklärte auch, warum sich Nate jetzt für sein Baby engagierte. Aber was sagte das über seine echten Gefühle aus? Wollte er lediglich eine alte Schuld seiner Familie begleichen? Für Tess fühlte es sich plötzlich an, als wäre das nicht mehr genug.
„Was hat Maria damals getan?“
„Sie war schlau genug, meinen Großvater um eine Anstellung zu bitten. Ohne richtige Referenzen blieb ihr kaum eine andere Wahl, und er stellte sie sofort ein. Wahrscheinlich vermutete er, dass sie von meinem Vater schwanger war. Ich glaube auch nicht, dass Zane mein einziger Halbbruder ist. Mein Vater war …“ Er zögerte, und sein Gesicht verzog sich abschätzig. „Unvorsichtig. In jeder Hinsicht. Und er schlief gern mit den Frauen, die für ihn arbeiteten. Das machte es nämlich schwerer für sie, Nein zu sagen. Und sie machten keinen Aufstand, wenn er die Nase voll von ihnen hatte.“
„Das tut mir so leid, Nate.“ Wie schrecklich, im Schatten eines solchen Mannes aufwachsen zu müssen!
„Was tut dir leid?“
„Dass dein Vater so ein Lustmolch war!“, antwortete sie heftig und wunderte sich dabei selbst über ihre Wortwahl.
Er hob die Augenbrauen, und die Mundwinkel zuckten leicht. „So habe ich ihn noch nie bezeichnet. Aber du hast vollkommen recht.“ Jetzt musste er grinsen. „Ich kann gar nicht fassen, dass ich dir diesen ganzen Kram anvertraue. Danke fürs Zuhören. Ich musste es wohl mal loswerden.“
Seine Verlegenheit rührte sie. „Wir wollten uns doch besser kennenlernen. Hast du selbst gesagt. Über eine schwierige Kindheit zu sprechen ist doch ein guter Anfang.“
Mit den Fingerspitzen berührte er ihre Lippen. „Mir fallen da ein paar reizvollere Methoden ein.“
Sie zog den Kopf zurück, das Kribbeln unter der Haut kam aber trotzdem.
Bereitwillig ließ er sich in seinen Sitz zurückfallen. „Haben deine Eltern auch versagt?“
Langsam schüttelte sie den Kopf. Mit Schuldgefühlen hatte sie noch nie gut umgehen können. „Nein, haben sie nicht. Meine Mutter war …“ Sie unterbrach sich. Wie sollte man eine Mutter beschreiben, um die man mehr als sein halbes Leben lang nur getrauert hatte? Wie war sie früher gewesen? „Meine Mutter war lieb und lustig. Und sie liebte mich und meinen Vater sehr. Als ich zwölf war, starb sie bei einem Autounfall.“
Nate griff nach ihrer Hand. „Das tut mir leid.“ Diese Geste und seine raue Stimme waren tröstlich für Tess, denn der Schmerz von früher holte sie rasend schnell ein.
„Jahrelang war ich außer mir vor Wut und Frust.“ Erst heute wurde ihr bewusst, was damals in ihr vorgegangen war. „Ich habe sie vermisst und wollte sie zurück. Um die Wahrheit zu sagen, war ich Einzelkind, und sie hat mich schrecklich verwöhnt. Nach ihrem Tod war nichts mehr wie früher, und das fand ich unfair. Ich wurde ein Außenseiter in meiner Schule, und dafür wollte ich die ganze Welt bestrafen.“
„Bei Kindern gehört die Egozentrik zum natürlichen Überlebensinstinkt“, zitierte
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