Heiße Naechte im Strandhaus
Anzugjacke über das Fax und lockerte die Krawatte. Sein Arbeitszimmer war der einzige Rückzugsort, der ihm geblieben war.
Er war mehr als zwei Wochen unterwegs gewesen, und bei seiner Rückkehr hatte er feststellen müssen, dass sein großes Haus unangenehm bevölkert war mit Verwandten. Annas Eltern hatten einen Riesenwirbel um einen Haufen Hochzeitsgeschenke gemacht, die gerade zugestellt worden waren, aber er hatte sich geweigert, in die bewundernden Ausrufe mit einzustimmen. Zum Dank dafür war er fast von seiner Nichte umgerannt worden, die sich ihm zur Begrüßung an den Hals geworfen hatte. Erst seinem Schwager Fabio war es gelungen, ihn aus ihrem Würgegriff zu befreien.
„Cristina, um Himmels willen, dein Onkel Francesco bekommt ja gar keine Luft!“ Fabio hatte der sich sträubenden Sechsjährigen einen Arm um die Taille geschlungen und sie von der Brust ihres Onkels gepflückt. „Dein Brautjungfernkleid bewundert er später, im Moment hat er noch zu tun.“
Francesco hatte seinem Schwager dankbar ein Lächeln geschenkt und war dann ins Wohnzimmer marschiert, wo sich die beunruhigend effiziente Hochzeitsplanerin mit der immer wieder aufgeregt „ach!“ und „oh!“ ausrufenden Sophia beratschlagt hatte. Anna hatte stumm dabeigesessen, mit versteinertem Gesicht.
Noch zwei Tage bis zur Hochzeit. Francesco wollte, dass endlich alles vorbei war. Obwohl er erst seit knapp zwanzig Minuten wieder zu Hause war, fand er diesen ganzen Trubel mehr als ärgerlich. Diese aufgeregten Hochzeitsvorbereitungen machten ihn nervös. Und wenn er sich dann noch in Erinnerung rief, dass er drauf und dran war, eine Frau zu heiraten, von der er ganz genau wusste, dass sie nur auf sein Geld aus war – unvorstellbar!
Und doch war es so. Wahrscheinlich sollte er sich auf seinen Geisteszustand untersuchen lassen. Oder war er vernünftig und tat einfach nur das Richtige?
Er verzog trocken den Mund. Wie hieß doch gleich dieses alte Sprichwort? Hüte deine Wünsche, denn sie könnten in Erfüllung gehen.
Damals, als er wie berauscht von ihr gewesen war, hatte er sich nichts sehnlicher gewünscht, als Anna zu heiraten. In zwei Tagen würde sich dieser Wunsch nun erfüllen. Aber wie anders hatte er sich seine Zukunft mit ihr doch vorgestellt!
Und Anna? Ihr sehnlichster Wunsch, einen reichen Mann zu heiraten, würde ebenfalls Wirklichkeit werden. Obwohl sie sich im Moment noch verhielt, als ob man vorhätte, ihr an ihrer Hochzeit ohne Betäubung Arme und Beine zu amputieren.
Hatte sie sich ihre Zukunft ebenfalls zu rosig ausgemalt? Hatte sie sich vorgestellt, von morgens bis abends verwöhnt zu werden, von einem Ehemann, der sie vergötterte und ihr jeden Wunsch von den Augen ablas?
Dann hatte sie Pech gehabt. Er war nicht sein Vater.
Unwirsch fuhr sich Francesco mit einem Finger an der Innenseite seines Hemdkragens entlang, öffnete den obersten Knopf. Eine Klärung musste her, jetzt. Sofort. Sie konnten unmöglich für den Rest ihres Lebens miteinander im Krieg liegen.
In den vergangenen zwei Wochen hatte er die über die ganze Welt verstreut liegenden Konzernniederlassungen besucht, um dort den fähigsten und vertrauenswürdigsten Managern zusätzliche Verantwortung zu übertragen. Die freie Zeit, die er auf diese Weise gewann, wollte er voll und ganz seinem Sohn widmen. Der kleine Sholto sollte in der Gewissheit heranwachsen, dass es seinem Vater wichtig war, mit ihm zusammen zu sein, und dass er immer für ihn da sein würde.
Jetzt musste er sich nur noch mit seiner zukünftigen Ehefrau einigen.
Er fand sie im Garten. Sholto strampelte unter einem Baum auf einer Decke im Schatten und boxte mit seinen runden Ärmchen Löcher in die warme Spätnachmittagsluft. Anna lag mit einem zärtlichen Ausdruck auf dem hübschen Gesicht, aufgestützt auf einen Ellbogen, daneben und neckte ihn, indem sie ihn am Bauch kitzelte. Das blonde Haar hatte sie sich flüchtig hochgesteckt.
Einen langen Augenblick blieb er reglos stehen, sein Herz zum Bersten voll. Mit Liebe für seinen kleinen Sohn, natürlich. Sonst nichts.
Vor einem knappen Jahr hatte er Anna ebenfalls geliebt – über jedes vernünftige Maß hinaus, wie er heute wusste. Doch diese Liebe war in dem Moment gestorben, in dem ihr Vater ihm unwissentlich die Augen geöffnet hatte. Obwohl er sie immer noch begehrte. Ein flüchtiger Blick auf sie genügte, und sein Blut kam in Wallung, sein Körper sehnte sich nach ihr. Das war alles andere als erfreulich, aber er musste
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