Heiße Rache, süße Küsse (Julia) (German Edition)
nicht übel, aber Kaffee bereiten Sie offenbar genauso gut zu wie Toast“, meinte er und setzte eine neue Kanne an.
Unerklärlicherweise fühlte Jesse sich durch seine Bemerkung verletzt, vermutlich, weil seine Worte auf einen Mangel an weiblichen Qualitäten anspielten. Jesse musste an ihre Mutter denken, die so gerne und so gut gekocht hatte. Und an die Geschichten, die sie erzählt hatte, während sie mit dem Kochlöffel in dem leckeren Eintopf rührte, Geschichten, wie es gewesen war, in Irland auf dem Land aufzuwachsen …
Bevor sie aufstehen und die Flucht ergreifen konnte, setzte Luc sich zu ihr an den Tisch, und seltsamerweise wollte sie jetzt gar nicht mehr weglaufen. Aber der köstliche Duft, der von seinem Frühstück und dem frischen Kaffee aufstieg, war provozierend. Beim Anblick der frischen Rühreier mit Lachsstreifen lief Jesse das Wasser im Mund zusammen, ihr Magen meldete sich knurrend.
Sie wusste, dass ihr Wunsch, Luc möge es nicht gehört haben, nicht in Erfüllung gegangen war, als er aufschaute und mit der Gabel zum Herd deutete.
„Da ist noch eine Portion übrig.“
Bemüht kämpfte Jesse die Verlegenheit nieder. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie Ihr Essen mit Ihrem Entführer teilen wollen“, meinte sie beißend.
Er zuckte nur mit den Schultern. „Ich mache das Beste aus der Lage. Und wenn ich nett genug sein kann, um mein Essen mit Ihnen zu teilen, sollten Sie es auch annehmen können. Ich bin derjenige, der den Schaden hat, nicht Sie.“
Sie unterdrückte den Impuls, sich zu entschuldigen. Schon erstaunlich … er, der ihren Vater retten wollte, den korruptesten Menschen auf Erden, schaffte es tatsächlich, dass sie sich schuldig fühlte.
„Wo haben Sie eigentlich kochen gelernt?“, fragte sie. Ihr fiel es erschreckend leicht, mit dem Mann, den sie tags zuvor entführt hatte, an einem Tisch zu sitzen. Und ihre Neugier wuchs nur, als seine Miene einen verschlossenen Ausdruck annahm und seine Augen sich verdunkelten.
Luc musterte die Frau, die ihm gegenübersaß. Auch heute trug sie wieder ein weites Top, dieses Mal mit kurzen Ärmeln, sodass ihre schlanken Arme und die schmalen Handgelenke zu sehen waren. Sie hatte wirklich zierliche Hände, und sofort stellte er sich vor, wie diese Hände sich um einen bestimmten Teil seiner Anatomie legen würden – was bewirkte, dass sein Blut heiß in genau jene Region schoss.
Verflucht sollte Jesse Moriarty sein!
Die Wut veranlasste ihn, Jesse doch zu antworten. Denn diese Wut zeigte ihm erneut, weshalb es so wichtig war, die Insel schnellstmöglich zu verlassen. „Ich musste kochen lernen, als mein Vater starb und meine Mutter einen Zusammenbruch erlitt. Ich war zwölf, als ich für sie und meine jüngere Schwester sorgen musste.“
Jesse war blass geworden und starrte ihn erschüttert an. Als ob es sie berühren würde.
Der Ärger über ihre scheinheilige Reaktion spornte ihn weiter an. „Meine Schwester brauchte – braucht noch immer besondere Betreuung. Bei der Geburt erlitt sie einen Sauerstoffmangel, weshalb sie in ihrer Entwicklung langsamer war als andere. Als unser Vater starb, war sie erst acht, deshalb musste ich versuchen, die tägliche Routine so gut wie möglich beizubehalten. Sie ist zudem leicht autistisch, eine Veränderung ihrer gewohnten Abläufe hätte bei ihr viel stärkere Reaktionen hervorgerufen als bei anderen. Das betraf natürlich auch die regelmäßigen Mahlzeiten. Heute kommt sie besser zurecht.“ Weil er es sich mittlerweile leisten konnte, die beste Pflege und konstante Betreuung für seine Schwester zu organisieren.
„Das tut mir leid.“ Jesses Stimme klang rau. „Es muss eine schwierige Zeit gewesen sein.“
„Ja, das war es“, bestätigte er grimmig.
Er fühlte sich unwohl. Da saß er hier und redete ausgerechnet mit Jesse Moriarty über die schlimmste Zeit seines Lebens. Zorn und das Gefühl von Hilflosigkeit hatten damals in ihm getobt, und er hatte sich selbst geschworen, dass irgendwann der Gerechtigkeit Genüge getan werden würde. Aber im Moment war es höchste Zeit für einen Themenwechsel.
„Gehe ich richtig in der Annahme, dass Sie nicht kochen können? Dass verbrannter Toast nur die Spitze des Eisbergs ist?“
5. KAPITEL
Jesse fühlte sich plötzlich schrecklich verletzlich, und sie fragte sich, ob Luc ihr vielleicht eine erfundene Geschichte aufgetischt hatte, um genau das zu erreichen. Doch wenn sie an seinen tief bewegten Gesichtsausdruck dachte, musste sie ihm
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