Heiße Rache, süße Küsse (Julia) (German Edition)
schwindlig.“
Jesse gehorchte. Sie verging schier vor Verlegenheit, wollte seinem Blick gar nicht begegnen, mit dem er sie für ihre lächerliche Schwäche tadeln würde. Sie konnte nicht einmal Brot schneiden, ohne sich nicht fast den Daumen abzutrennen, und dann fiel sie auch noch in Ohnmacht. Am meisten jedoch ängstigte sie die Reaktion, die sie wie ein Steppenbrand erfasst hatte, als Luc sie an seine harte Brust gedrückt und zum Stuhl getragen hatte.
Irgendwann tauchten seine bloßen Füße in ihrem Blickfeld auf, sie hörte, dass etwas auf den Tisch hinter sie gestellt wurde, und dann fühlte sie sich bei den Oberarmen gepackt und hochgezogen. Luc drehte den Stuhl um, und sie sah einen Teller mit einem Steaksandwich und ein Glas Wasser auf dem Tisch stehen.
Luc setzte sich auf den Stuhl neben sie. „Essen Sie. Sie brauchen etwas im Magen.“
Jetzt bemerkte sie auch das Pflaster, mit dem er ihre Wunde verarztet hatte. Es pochte in dem Daumen, aber zumindest war kein Blut mehr zu sehen. Sie blickte von dem Teller zu Luc. „Es tut mir leid. Ich weiß nicht, was …“
„Essen Sie einfach.“
Seine Stimme klang entwaffnend sanft und stellte seltsame Dinge mit Jesse an. Sie nahm das Sandwich und biss hinein. Fast wäre ihr ein Seufzer entschlüpft, so gut schmeckte es. In Rekordzeit hatte sie das keine Mahl vertilgt, trank das Wasser und tupfte sich mit der Serviette die Lippen ab.
Luc hatte sie fasziniert beobachtet, jetzt schüttelte er den Kopf. „Für jemanden, der so zierlich ist, könnten Sie beim Essen mit einem hungrigen Matrosen mithalten.“
Sie wurde rot. „Nur, weil ich nicht kochen kann, heißt das nicht, dass ich keinen Appetit habe.“
Unwillkürlich schoss ihm die Frage durch den Kopf, ob das mit ihrem „Appetit“ auch für die fleischlichen Gelüste galt. Er musterte sie und sah, dass sie ihre Gefühle kaum verbergen konnte. War ihr eigentlich klar, wie leicht sie zu durchschauen war? Außer natürlich, es ging um ihren Vater – das Tabuthema.
Je mehr sie ihn faszinierte, desto schwieriger wurde es für Luc, sich vor Augen zu halten, dass sie der Grund war, weshalb sein Plan, auf den er jahrelang hingearbeitet hatte, nun null und nichtig geworden war.
Sein intensiver Blick musste sie wohl nervös gemacht haben, denn sie stand auf und stellte das Geschirr ins Spülbecken. Luc betrachtete ihre Beine – schlank und wohlgeformt. Dabei fiel ihm die silberne Linie auf, die sich vom Schenkel bis zur Kniekehle zog – eine verblichene Narbe. Er musste sich auf die Zunge beißen, um nicht danach zu fragen.
Genau in diesem Moment drehte Jesse sich wieder um. An ihrer ausdruckslosen Miene erkannte er, dass sie sich erneut hinter ihren Schutzwall zurückgezogen hatte. Am liebsten wäre er zu ihr gegangen und hätte sie geküsst.
Sicher, er hatte sich vorgenommen, sie sexuell zu provozieren, um sie aus dem Konzept zu bringen, trotzdem war dieser Wunsch, sie zu küssen, extrem verwirrend. Und da er nicht gedachte, dieses Bedürfnis weiter zu analysieren, stand er auf und ging zur Tür.
Reglos blieb er stehen, als er ihr zögerndes „Luc?“ hörte. Es war das erste Mal, dass sie ihn beim Vornamen nannte, und plötzlich fühlte er sich wirklich bedroht. Unwillig drehte er sich zu ihr um.
„Ja?“
Sie kaute an ihrer Lippe. „Danke.“
„Keine Ursache“, brummte er unwirsch. Über sich selbst verärgert, weil er sich vorkam, als würde er fliehen, eilte er in die Sicherheit seines Zimmers.
In der Küche ließ Jesse sich gegen die Anrichte sacken und starrte auf den leeren Gang hinter der Tür. Luc Sanchis war unglaublich nett zu ihr gewesen. Seit dem Tod ihrer Mutter hatte sich niemand mehr so um sie gekümmert, auch nicht in den Pflegefamilien. Aber sie wollte ihn nicht mögen, unter keinen Umständen.
Zur Hölle mit ihm!
Sie spülte das Geschirr ab – ihrer beider Geschirr – und riss verwundert die Augen auf, als sie zur Uhr sah. Schon nach zehn. Sie war müde, doch wenn sie jetzt zu Bett ging, würde sie in zwei Stunden wieder aufwachen und dann bis zum Morgengrauen keinen Schlaf mehr finden.
Also suchte sie in dem Schrank im Wohnraum nach einer DVD, entdeckte auch Computerspiele, die wohl den Kindern der Kouros’ gehören mussten, und machte es sich auf dem Sofa bequem, um eines ihrer alten Lieblingsspiele zu spielen.
Als Luc im Morgengrauen aufwachte, stellte er überrascht fest, dass er weit länger als seine üblichen drei oder vier Stunden geschlafen hatte. Er
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