Heiße Rache, süße Küsse (Julia) (German Edition)
die Tür wieder schloss.
Jesse musste hungrig sein, außer dem verbrannten Toast zum Frühstück hatte sie nichts mehr gegessen. Dieser jähe Beschützerinstinkt, der in ihm erwachte, gefiel ihm nicht, er unterdrückte ihn rigoros. Schon einmal hatte eine Frau derartige Gefühle in ihm geweckt, und das hätte ihn fast seine Karriere gekostet. Er würde dem nicht mehr nachgeben, schon gar nicht bei jemandem, der sehr viel gefährlicher war.
Leise stand er auf und lehnte sich an den Türrahmen. Sein Blick ruhte auf der zierlichen Gestalt, die im Stehen ihren Jogurt löffelte. „Wo waren Sie denn den lieben langen Tag? Ich habe Sie vermisst.“
Jesse erstarrte, als sie die spöttische tiefe Stimme hinter sich hörte. Sie wappnete sich, bevor sie sich mit kühler Miene umdrehte. Lächerlich, aber im Moment fühlte sie sich als das eigentliche Opfer.
Das Aroma von gebratenem Fleisch hing in der Luft. Zweifelsohne musste Luc sich ins Fäustchen lachen bei der Vorstellung, dass sie vor Hunger halb umkam.
Lässig an den Türrahmen gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt, deutete er mit dem Kopf zurück zur Terrasse. „Ich habe ein Steak gegessen. Sie habe ich nicht gefragt, ob Sie vielleicht mitessen wollen. Nennen Sie mich altmodisch, aber ich glaube nicht, dass der Gefangene seinen Entführer auch noch durchfüttert.“
Jesse ignorierte den nagenden Hunger, der anfing, ihre Willenskraft zu untergraben. Sie konnte sich vorstellen, dass sein Steak genauso köstlich gewesen war wie sein Frühstück. Leicht hysterisch fragte sie sich, ob er sie auf diese Art zermürben wollte – mit Futterneid. Warum musste der Mann so gut kochen können? Warum konnte er nicht wie der Großteil der Männer ebenso unfähig am Herd sein wie sie?
„Aber, aber, es besteht kein Grund, so mürrisch dreinzusehen.“ Luc ging nach draußen, um mit einer Weinflasche in der Hand sofort wieder zurückzukehren. „Möchten Sie ein Glas?“
Jesse schüttelte den Kopf. Wein auf nüchternen Magen wäre Selbstmord. „Wieso sind Sie eigentlich so gut gelaunt?“, fragte sie argwöhnisch.
Luc schenkte sein Glas nach, kam in die Küche und stellte die Flasche auf die Anrichte. „Wie ich schon sagte … ich mache das Beste aus der Situation. Da ich keine Möglichkeit habe, diese Insel zu verlassen, nutze ich die Zeit für ein gutes Essen und meine Entspannung.“
Jesse hatte ihn am Nachmittag aus ihrem Fenster gesehen – in der Hängematte, mit einem Buch in der Hand. Sein Anblick hatte sie länger gefesselt, als sie zugeben wollte, bis ein Schweißtropfen zwischen ihren Brüsten hinabgelaufen war und ihr bewusst wurde, was sie da tat. Daraufhin war sie hastig vom Fenster zurückgewichen.
„Ich bin nicht völlig hilflos“, behauptete sie verärgert. „Ein Sandwich bekomme ich wohl noch hin.“
Sie riss die Kühlschranktür wieder auf, holte Brot und Käse heraus. Sie würde Luc beweisen, dass sie keine bemitleidenswerte Kreatur war – und begann damit, eine Scheibe von dem Brot abzuschneiden. Da sie jedoch eine umerzogene Linkshänderin war und überhaupt keine Erfahrung mit Brotschneiden hatte, rutschte sie mit dem Messer ab und schrie auf, als ein scharfer Schmerz durch ihren Daumen fuhr.
Sofort legte sich eine große Hand um ihr Handgelenk und zog sie zum Spülbecken. Übelkeit stieg in Jesse auf, als sie die klaffende Wunde sah, und es wurde noch schlimmer, als Luc das kalte Wasser aufdrehte und ihr Blut in den Ausguss strömte.
Ihr brach der Schweiß aus, ihre Knie begannen zu zittern. Sie konnte den Anblick von Blut nicht mehr ertragen, seit sie es aus den Wunden auf ihrem Rücken und ihren Beinen zu Boden hatte fließen sehen. Sie nahm kaum wahr, dass Luc sie fragend musterte.
„Was haben Sie? Es ist doch nur ein kleiner Schnitt.“
Jesse hatte Mühe, die Worte zu formulieren. „Ich kann kein Blut sehen …“
Ihre Beine gaben nach, sie sackte zusammen. Sie hörte Luc leise fluchen, dann hob er sie an seine Brust und setzte Jesse auf einen Stuhl. Seine Hand lag in ihrem Nacken, und er drückte Jesse sacht den Kopf zwischen die Knie.
„Atmen Sie tief durch“, vernahm sie seine knappe Anordnung.
Offensichtlich wickelte er etwas um ihren Daumen, sie spürte es, während die Übelkeit langsam nachließ und ihr Magen sich wieder beruhigte. Sie wollte aufstehen und Abstand zu Luc schaffen, doch er hielt sie auf dem Stuhl fest.
„Sie bleiben sitzen und den Kopf unten halten“, befahl er. „Sonst wird Ihnen wieder
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