Heiße Rache, süße Küsse (Julia) (German Edition)
oder nicht.
„Kommen Sie schon“, forderte er sie auf. „Sonst erfrieren Sie noch.“
Jesse klapperte bereits mit den Zähnen. Ihr blieb nichts anderes übrig. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich buchstäblich so entblößt gefühlt. Verlegen schlüpfte sie in den Bademantel, sich jedes Sekundenbruchteils quälend bewusst.
Luc stellte sich vor sie und zog die beiden Hälften sacht zusammen. Als Jesse den Gürtel resolut verknotete, fühlte sie sich den Tränen nahe – schon wieder.
Luc hob sanft ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. Es verschlug ihm die Sprache. Er ertrank in diesen grauen Augen, die so unglaublich ausdrucksvoll waren.
Die Worte kamen über seine Lippen, bevor er sie aufhalten konnte. „Sie sind schön.“ Das hatte er schon zu vielen Frauen gesagt, doch noch nie hatte er es so ernst gemeint.
Jesse konnte nichts erwidern. Sie fühlte sich von diesem Mann wie hypnotisiert. Irgendwo stieß ein Vogel einen lauten Schrei aus und brach den Bann. Luc tat es schon wieder – er machte sich über sie lustig. Er hatte wahrlich einen Oscar für seine schauspielerische Leistung verdient!
Sie schob energisch seine Hand weg. „Halten Sie sich von mir fern, Sanchis“, sagte sie, drehte sich um und musste sich zusammennehmen, um nicht zur Villa zurückzurennen.
Luc folgte ihr mit dem Blick. Sah, wie sie sich in der Küche über Tigers Kiste beugte und das Kätzchen streichelte. Unwillkürlich ballte er die Fäuste, weil er sich vorstellte, wie diese zierlichen Hände ihn streicheln würden – überall und vor allem dort, wo er sich am stärksten danach sehnte.
Erst als er sicher sein konnte, dass Jesse in ihrem Zimmer war, ging er zum Haus zurück. Heute Abend würde er sie nicht mehr zu Gesicht bekommen. Sie war schreckhaft wie ein junges Fohlen. Doch warum nur? Sie musste doch mindestens fünfundzwanzig sein.
Seine Taktik, sie sexuell zu provozieren, war nach hinten losgegangen. Er quälte sich nur selbst. Sie hatte Glück gehabt, dass sie ihn gesehen hatte, als er aus der Dusche gekommen war. Wäre es davor gewesen, hätte sie sofort begriffen, wie intensiv er auf sie reagierte.
In dem Wirrwarr von Gedanken kristallisierte sich einer jedoch langsam deutlich heraus: So unangenehm die Erkenntnis auch war … keine andere Frau hatte es bisher geschafft, ihn derart zu erregen. Nicht einmal Maria, die ihn wochenlang Tag und Nacht beschäftigt hatte.
Er war besessen von ihr gewesen. Er hatte angefangen zu glauben, dass nicht alles im Leben tragisch enden musste. Eva, seine Schwester, war auch völlig eingenommen von Maria gewesen, fasziniert von ihrer Schönheit und dem schimmernden langen braunen Haar.
Luc erinnerte sich an jenen hässlichen letzten Tag, als ihm klar geworden war, wie blauäugig er gewesen war und wie niederträchtig Maria. Und was deine Schwester angeht … Wie kannst du sie überhaupt ertragen? Sie ist ja nicht ganz richtig im Kopf. Und wie sie mich ständig betatschen muss und mein Haar anfasst … das ekelt mich an. Noch heute fühlte er sich schuldig, dass er Maria in die Nähe seiner geliebten Schwester gelassen hatte.
Er dachte an Eva und seine Mutter und verspürte einmal mehr eine maßlose Wut auf Jesse, weil sie ihn in eine Situation gebracht hatte, in der die beiden keinen Kontakt zu ihm aufnehmen konnten, sollten sie ihn brauchen. Der Ärger trieb ihn die Stufen hinauf zu Jesses Zimmer. Energisch klopfte er an ihre Tür.
„Ich muss meine Nachrichten abfragen“, begann er harsch, als Jesse die Tür aufzog. Sie hatte offensichtlich geduscht, trug einen anderen Bademantel und ein Handtuch um den Kopf. Ihr typischer Duft umfing ihn und entfaltete seine fatale verführerische Wirkung. Das machte Luc nur noch wütender. „Ich muss wissen, ob meine Mutter oder meine Schwester versucht haben, mich zu kontaktieren.“
Jesse öffnete den Mund, doch bevor sie etwas erwidern konnte, drückte er die Tür mit der Hand weiter auf. „Sie sollten mich das besser erledigen lassen“, meinte er drohend. „Sonst geht es um sehr viel mehr als nur um O’Brian. Sollten meine Mutter oder meine Schwester meine Hilfe brauchen, und ich erfahre es nicht rechtzeitig, werden Sie den Tag verfluchen, an dem Sie geboren wurden.“
Zum ersten Mal, seit sie Luc auf die Insel gebracht hatte, lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Es war ihm todernst, da es um seine Familie ging. Für einen Moment fragte Jesse sich, wie es sein müsste, wenn jemand sich solche Sorgen um sie machen
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