Heiße Schatten
Ohr.
Auf dem Weg durch den wundervoll ausgeleuchteten Raum mit den riesigen Eisen-Kandelabern an den Sandsteinsäulen und den dicken, flackernden Kerzen hat Konstantin etliche Hände geschüttelt und mich mit »Das ist Valerie Blum« vorgestellt, als müsse jedermann wissen, wer ich bin.
Es folgen etliche »Küsschen rechts, Küsschen links«-Begrüßungen, einige davon mit vertraulichen Umarmungen. Darunter auch Frauen, die nicht so aussehen, als würden sie in geschäftlicher Verbindung zu ihm stehen. Ich bin jedes mal ein kleines bisschen erleichtert, wenn ein anderer Mann in der Nähe dieser Damen auftaucht und deutlich macht, dass sie zusammengehören. Val, immer locker bleiben, sage ich mir, du hast sicher keinen Grund zur Eifersucht, solange seine Hand so schön auf deinem Rücken liegt.
Nach der Vorspeise und einem Champagner werde ich entspannter, freue mich, mich zu unterhalten. Mein Tischnachbar ist der spanische Botschafter. Er spricht abwechselnd englisch und sogar fließend deutsch mit mir, was ich als besondere Höflichkeit zu schätzen weiß. »Können Sie Knödel?«
Ich muss laut lachen angesichts dieser wirklich sicheren Gesprächseröffnung.
»Ja, kann ich«, versichere ich glaubwürdig. Ich freue mich, dass er einen Einstieg macht, der für beide Seiten nichts anderes als Erfolgsmeldungen und gegenseitige Zustimmung erzeugen kann. »Wie mögen Sie Knödel am liebsten, Exzellenz?«
»In einem See aus Sauce.« Damit hat er das Kunstniveau erhöht. Wir können tatsächlich über die Zubereitung von Saucen fachsimpeln. Mein Gesprächspartner erweist sich als geübter Saucen-Koch. Als Spanier betont er seine Freude an Sherry, der unser nächstes Thema wird, und so können wir uns genüsslich über Saucen auf Basis von Sherry, Orangen, Pfeffer und Bratensaft austauschen. Er sei kein Vegetarier, sagt der Botschafter, ganz im Gegensatz zu seiner Frau, die auf der anderen Seite neben ihm sitzt. Sie ist eine attraktive, interessierte und gebildete Frau, die sofort dazu beiträgt, dass sich das Gespräch in diese Richtung weiter vertieft und sich immer mehr Tischnachbarn beteiligen können. Ich bin beeindruckt von den Fähigkeiten der beiden, die anderen am Tisch einzubeziehen. Jeder mag gerne über Essen reden, egal, ob er kochen kann oder nicht. Und manchmal entstehen gerade aus solchen Gesprächen die besten Ideen, erst recht, wenn die Leute es schaffen, über Knödel hinauszudenken – nicht, dass ich etwas gegen gut gemachte Knödel hätte! Der dunkle, blutrote Wein und einige Sorten duftenden Sherrys fließen in Strömen, von vornehmer Zurückhaltung ist bald nichts mehr zu spüren. Erstaunlich, wie viel hier alle vertragen.
Ich genieße den Abend, das Essen und freue mich, dass Konstantin sich manchmal entspannt zurücklehnt und mit mir durch längere Blicke in Verbindung bleibt. Nach dem köstlichen Essen gehen wir an die Bar, die von eisernen Stehtischen mit roten Hussen erweitert wird und sehr vielen Gästen Platz für Gespräche bietet.
»Darf ich dir einen meiner wichtigsten Auftraggeber und ältesten Freunde vorstellen?«, macht Konstantin mich mit einem Mann bekannt, dessen besonders aufrechte Haltung und gestählter Körper dem von Giulio ähnelt. »General von Leutenbach. Er macht der Regierung unter anderem Vorschläge für die nächsten Bootskäufe.« Ich erwidere vorsichtig sein professionelles Lächeln, dessen Wärmegrad er anscheinend genau justieren kann.
»Sehr erfreut, gnädige Frau«, begrüßt er mich charmant und mit einem Handkuss, bei dem seine Lippen in professioneller Weise meine Haut nicht berühren. Auf seinem Handgelenk entdecke ich Narben und glaube, den Ansatz einer Tätowierung erkennen zu können. In diesem Moment kommt ein Spanier dazu, der seine Arme gleichzeitig Konstantin und dem General auf die Schulter legt.
»Hola, Señores!« Offenbar hat er schon ein Gläschen mehr getrunken, denn eine Bugwelle alkoholisierter Luft schiebt sich vor seinem Gesicht in die Gruppe. »Na, mal wieder Geschäfte klarmachen?«, poltert er. »Da hast du ja eine Süße an deiner Seite, Konstantin. Oder teilt ihr euch die auch noch?«
Wie bitte? Ich kann die Anspannung in Konstantins Körper wachsen sehen. Seine Schultern spannen sich an, das Jackett strafft sich über den Oberarmmuskeln. Dem General geht es offenbar nicht anders.
»Khalil, darf ich euch bekannt machen«, sagt Konstantin betont liebenswürdig. »Das ist Valerie Blum, Gourmetköchin und meine Begleitung.« Dann
Weitere Kostenlose Bücher